Serie Kulturräume auf dem Land: «Kulturwerk 118»

In Sursee steht die Talentschmiede der Luzerner Musiker

Der Kulti-Vorstand von links: Serge Bühler, Reto Stadelmann und Manuel Roos.

(Bild: pze)

Im Kulturwerk 118 in Sursee wird seit 20 Jahren Jugendkultur gemacht. Bekannte Gesichter der Luzerner Musiklandschaft sind hier erwachsen geworden. Der Ruf des Kulturwerks musste in den letzten Jahren trotzdem zünftig aufpoliert werden.

Es ist grau im Surseer Industriegebiet. Doch öffnet man die grosse Türe zum Kulturwerk 118, fühlt man sich gleich wohl: Hinter der Bar ein grosses Bild, gemalt von Co-Gründer Martin Gut persönlich, im Nebenraum die grosse Bühne mit modernster Technik ausgestattet. Ein Traum für die ländliche Jugend: Die jungen «Sorser» dürfen im «Kulti» seit zwei Jahrzehnten ihre eigene Kultur veranstalten.

Im April feiert das Kulturhaus in Sursee sein zwanzigjähriges Bestehen. Dafür werden grosse Geschütze aufgefahren: Alleine für das Metal-Weekend hat der Vorstand ein Budget von 30’000 Franken gesprochen. «Wir rechnen über den ganzen Monat hinweg mit einem Defizit von 15’000 Franken. Wir haben die letzten Jahre gut gearbeitet und haben eine Reserve, die wir für das Fest jetzt anzapfen können», sagt Manuel Roos, OK-Chef des Jubiläums, im Ausblick auf den grossen Kulti-Geburtstag im April.

Vorstand verbessert die Reputation

Die Leitung des Kulturwerks ist durch einen Verein organisiert. Manuel Roos (24) ist Teil des neuen Vorstandes. Er, Serge Bühler (27) und Reto Stadelmann (26) stehen für eine neue Kulti-Generation. Die drei gebürtigen «Sorser» wenden viel Zeit auf, das Haus professionell zu führen. Das war nicht immer so: «In den Jahren 2013 bis 2016 passierte hier nicht mehr viel. Dabei ist das Haus eine grosse Chance», sagt Roos. Und die wollen sie auch nutzen.

Wichtig sei dabei vor allem die Kommunikation nach aussen. «Wir haben beispielsweise für die Verbesserung der Beziehungen zu den Anwohnern viel unternommen», sagt Roos. Denn das Kulti hatte lange einen schweren Stand in der Nachbarschaft – wegen Lärm, Müll oder Sachbeschädigungen.

Vor allem gegen den zweifelhaften Ruf aus den 00er-Jahren kämpfe man im «Kulti» noch immer, sagt Roos, OK-Präsident des 20-Jahr-Jubiläums. Die Punkszene sei sehr aktiv gewesen damals. Das habe zu einem unrühmlichen Bild in der Öffentlichkeit beigetragen. Inzwischen hat sich das geändert: «Wir haben grosse Anstrengungen unternommen, das Bild des Kultis zu verbessern. Heute treffen sich hier die verschiedensten Leute», sagt er.

Der Raum fasst rund 200 Personen.

Der Raum fasst rund 200 Personen.

(Bild: pze)

Das ist Teil des Auftrags, den die drei jungen Vorstandsmitglieder von der Stadt Sursee erhalten haben. Dafür wird das Kulti jährlich mit 25’000 Franken subventioniert und darf Miet- und Nebenkostenfrei betrieben werden.

«Es klingt nach viel Geld, doch wir haben dafür strikte Auflagen zu erfüllen», sagt Roos. Er sagt, dass in den letzten Jahren stark in die Sicherheit investiert wurde: «Rund ein Viertel der Subventionen verwenden wir für die Security.»

Verein ohne Mitgliederbeitrag

Das Programm wird von verschiedenen Gruppen zusammengestellt – ohne Entgelt. Im Kulti arbeiten alle ehrenamtlich, es ist vergleichbar mit dem Luzerner Jugendkulturhaus Treibhaus. «Anstelle eines Mitgliederbeitrags müssen die Vereinsmitglieder aktiv im Haus engagiert sein», sagt Serge Bühler. Er präsidiert den «Verein Kulturwerk 118». Die Mitglieder arbeiten hinter der Bar oder organisieren Events. Dafür erhält man Gratiseintritte für alle Events und ein Mitspracherecht bei den Entscheidungen rund um das Kulturhaus.

Die Bar im Kulti ziert ein grosses Gemälde.

Die Bar im Kulti ziert ein grosses Gemälde.

(Bild: pze)

Rund 70 aktive Mitglieder zählt der Verein. «Wir haben lieber wenige Mitglieder, die dafür mit Herzblut dabei sind», sagt Vereinspräsident Serge Bühler. Die Nachfrage sei zwar hoch. Doch: «Sobald wir sagen, dass die Arbeit ehrenamtlich ist, verschwindet das Interesse oft wieder», sagt Bühler lachend. Treten aber Leute bei, bleiben sie dem Kulturhaus lange treu. «Wir haben Jugendliche und auch Erwachsene, die weit über 30 Jahre alt sind, die hier gratis veranstalten», sagt Programmchef Stadelmann – viele von ihnen sind seit Jahren dabei.

Das Kulti ist mit seinem Konzertsaal, der rund 200 Personen fasst, für junge Kulturinteressierte aus Sursee eine wichtige Institution. Viele machen hier die ersten Schritte im Kulturgewerbe. Nach einer gewissen Zeit würde es viele nach Luzern ziehen. Dort gebe es einfach mehr Möglichkeiten, sagt Stadelmann. So war es auch bei Stadelmann selber: Seit letztem Sommer wohnt er in der Stadt Luzern und organisiert Shows im Treibhaus und im Sedel.

Luzerner kommen selten nach Sursee

Dennoch: Vom Kulti kommen sie nicht los. Alle drei sind seit rund sieben Jahren im Verein aktiv. Ihr Ziel für das Kulti sei es, regelmässig sechs bis acht Veranstaltungen pro Monat zu veranstalten. Bisher hätten vor allem die Metal-Shows eine grosse Stammkundschaft. «Die Szene ist auf dem Land sehr aktiv. Diese Konzertbesucher sind sehr treu», sagt Stadelmann. Musik anderer Sparten seien im Kulti ebenso willkommen, «doch die aktivsten Veranstalter sind nun mal bisher die Metaller», so Stadelmann.

«Das Kulti war neben meinem Schlafzimmer, der Schule und dem Proberaum der wichtigste Ort meiner Jugend.»

Simon Borer, Musiker «Long Tall Jefferson»

Die Zuschauer bei den Konzerten stammen vor allem aus Sursee und Umgebung. Bei grösseren Shows kämen die Leute aus der ganzen Schweiz, sagt Stadelmann, doch die Luzerner Städter kämen kaum je in den Norden des Kantons. «Sursee ist für die Leute in der Stadt eine ziemliche Reise.» Ausserdem sei das Angebot in der Stadt selber sehr gross. 

Bekannte Gesichter mit Vergangenheit im Kulti

Doch auch in die andere Richtung ist es ein weiter Weg, vor allem für junge Kulturinteressierte. Auch deshalb wurde das Kulti über die Jahre zum regelrechten Brutkasten für gute Musik: Singer/Songwriter Long Tall Jefferson, Postrockband Tunica Dartos, die Synth-Musiker Gaia oder der junge Rapper Visu – sie alle teilen eine Vergangenheit im Kulturwerk 118.

Die Bühne bietet den Bands genug Platz.

Die Bühne bietet den Bands genug Platz.

(Bild: pze)

Die Künstler sind dankbar für das Angebot in der Industrie von Sursee. Flavio Steiger von Gaia drückt es so aus: «Für viele von uns war das Kulturwerk das kulturelle Herzstück der Region. Ohne wären direkt alle nach Luzern gepilgert.»

Auch Simon Borer, der als Long Tall Jefferson inzwischen ganz Europa bespielt, sagt zu seiner Jugend im Kulturwerk 118: «Es war der einzige Club in Sursee, wo regelmässig coole Konzerte stattfanden.» Borer spielte hier selber seine ersten Shows. «Das Kulti war neben meinem Schlafzimmer, der Schule und dem Proberaum der wichtigste Ort meiner Jugend», so der Musiker. 

Mehr Kultursparten gesucht

Das Kulti will sich auch weiterhin für junge Kulturinteressierte einsetzen. Und Programmchef Stadelmann wünscht sich ein breiteres Programm: «Wir wollen noch mehr Sparten im Haus. Ich persönlich fände ein Theaterprojekt sehr spannend.» Der Raum könne auch unter der Woche zu Probezwecken gemietet werden. Der Mietzins liegt dabei bei rund 30 Franken für einen Abend. «Die Leute sehen im Kulti oft ein Konzerthaus», sagt Stadelmann, «doch es steht allen Kulturformen offen. Vielen ist das gar nicht bewusst.»

Auch um dies zu ändern, wird jetzt ein grosses Jubiläumsfest geschmissen. «Den Leuten soll das Kulturwerk 118 wieder in Erinnerung gerufen werden», sagt Präsident Bühler. Der Vorverkauf laufe gut, wen wundert’s, vor allem für das Metal-Wochenende gehen die Tickets schnell weg. Bühler freut’s: «Da wird’s sicher richtig voll.»

Das Kulti-Jubiläum

31. März: Bei der «Tribut und Remember Nacht» kehren frühere Kulti-Bands wie Melatonin oder Onan ins Konzerthaus zurück. Headliner des Abends sind die Holländer Kong.

7.-8. April: Am Metal-Weekend «20th Anniversary Mosh Festival» spielen Metalbands wie Coroner oder Evil Invadors.

14. April: Am «Zurka! Balkansound» treten die beiden Bands Traktorkestar und das Molotow Brass Orkestar auf.

20. April: Die Luzerner Geiler As Du treten gemeinsam mit Visu auf.

21. und 27. April: Zwei Partys finden auch statt: Die «New Kids Nitro» mit Bravo-Hits und «The Roaring 20s» mit Elektro-Swing.

28. April: Der Abschluss ist das Punkkonzert mit Rasta Knast und Knochenfabrik.

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