Luzerner Grafikstudenten stellen aus

In der Kapelle herrscht das Chaos

Die historische Kapelle auf dem Gelände der Grafikerschule wird voll ausgenutzt. (Bild: jav)

In der Fachmittelschule Grafik wird abgeschlossen und ausgestellt. Ein Grund für zentral+ hinter die Kulissen dieser Ausbildungsstätte zu schauen. Entdeckt haben wir neben spannenden Inhalten auch einen alten Bekannten und verirrte Touristen.

An der Rössligasse in der Luzerner Altstadt, zwischen Mode- und Uhrengeschäften führt eine Tür ganz unerwartet in ein Labyrinth von Räumen und Gängen inklusive eigener Kapelle.

Und hier, inmitten der Festivalstadt Luzern beschäftigten sich dieses Jahr 26 Lernende der Fachklasse Grafik im Rahmen ihrer Abschlussprüfungen mit lokalen Festivals wie dem B-Sides, Retro, Zaubersee, Wordz, Tanzfest, oder auch dem PinkPanorama.
 Zu diesen Veranstaltungen entwickelten die Studenten in den letzten Wochen ihres Studiums ganz unterschiedliche Erscheinungsbilder. Diese werden an der Jahresausstellung, neben den individuellen Abschlussarbeiten, in der Ausstellung präsentiert.

Eine Ausstellungs-Baustelle

Doch es gibt auch zahlreiche weitere Arbeiten der übrigen Klassen zu entdecken, denn das gesamte Schulhaus wird zum Ausstellungsplatz. Die Studentin Joana Fischer zeigt uns das Haus.

Joana Fischer mit ihrer Arbeit zum Thema «Luzerner Schrebergärten»

Joana Fischer mit ihrer Arbeit zum Thema «Luzerner Schrebergärten»

Ab diesem Freitag zeigt die gesamte Schule ihre Arbeiten des vergangenen Jahres. Die Abschlussklasse trägt die Verantwortung und kümmert sich um das Aufstellen aller Werke.

In fast allen Räumen sieht es noch aus wie auf einer Baustelle. Doch ein Raum ist bereits fertig eingerichtet. Hier stellen die Abgänger ihre persönlichen Projektarbeiten aus, nicht die vorgegebenen Prüfungsarbeiten, sondern ihre eigenen Themen. Plakate, Figuren, Publikationen, Bilder. Die Inhalte sind selbst gewählt und gestaltet. Von einer Publikation über die menschliche Hinteransicht, reich bebildert mit Kim Kardashian, bis hin zur Kunstgeschichte oder die Frage nach der Verbindung von Produkten und dem Verpackungsdesign finden sich viele unerwartete Themen – umfassend recherchiert und kreativ aufbereitet.

31 Blicke auf den Hintern – die Arbeit von Selina Zurkirch

31 Blicke auf den Hintern – die Arbeit von Selina Zurkirch

Experimente und persönliche Konflikte

Vera Mattmann wagte für die Projektarbeit ein Selbstexperiment. «Während zwei Monaten schliesse ich mich in einen Raum ein. In der Nacht träume ich. Am Tag male ich die Bilder der Nacht an die Wände. Dazu entstehen modellierte Figuren aus Ton. Und ein grosses Buch», schreibt sie in der Erklärung zu ihrer Projektarbeit.

Studentin Venesa Sadrijaj beschreibt ihr Projekt so: «Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dem Leben zwischen der kosovarischen und schweizerischen Kultur auseinander. Meine Eltern stammen aus dem Kosovo, welches eines der ärmsten Länder der Welt ist. Ich jedoch bin in der Schweiz, eines der wohlhabendsten Länder der Welt, geboren. Mein Vater kam zuerst alleine 1987 in die Schweiz, nämlich als Saisonarbeiter. Einige Jahre später zog meine Mutter nach. Darüber bin ich heute sehr froh, denn die Schweiz hat uns viele Möglichkeiten eröffnet. Doch ständig kommt es in meiner Familie zu Konflikten, weil meine Eltern unglaublich an ihrer kosovarischen Kultur und an ihren Wurzeln festhalten. Schlussendlich möchte ich durch meine Arbeit der Frage nachgehen, wie man seine eigene Identität in einer Welt des Zwiespalts finden kann.»

Kind in Zündholzschachtel – die Arbeit von Vera Mattmann

Kind in Zündholzschachtel – die Arbeit von Vera Mattmann

Inhalt und Aufenthalt

«Inhalte sind bei uns sehr wichtig. Es geht nicht nur darum, etwas gestalterisch schön umzusetzen, sondern auch darum, einen Bezug zum Inhalt zum schaffen», erklärt Joana Fischer.

Zur Ausstellung

Die Ausstellung beginnt am Freitag dem 26. Juni und endet am 30. Juni (offen jeweils von 10-18 Uhr). Zum Auftakt der Ausstellung findet am Freitag ab 18 Uhr eine Vernissage im geschichtsreichen Schulgebäude in der Rössligasse 12 in der Luzerner Altstadt statt. Gezeigt werden neben den Abschlussarbeiten auch Werke aller anderen Studierenden.

Was auffällt – ein grosser Teil der Arbeiten sind Publikationen, Plakate oder beides in einem. Kein Wunder, hat sich Luzern in diesem Bereich doch bereits einen Namen gemacht (zentral+ berichtete).

Fischer führt weiter durch das Haus. Unter dem Dach werden Skizzen und Entwürfe aus Paris aufgehängt. Die Studenten des zweiten Studienjahres haben jeweils die Möglichkeit nach Paris zu reisen. Zeichnen, Skizzieren, Ideen sammeln sei dort das Thema. «Englisch und Französisch lernen ebenfalls», ergänzt Fischer. Und Beziehungen knüpfen? «Mit hübschen Franzosen natürlich», scherzt sie.

Auf dem Sofa hier im Dachstock liegt ein Student der Abschlussklasse und schläft. «Er ist krank», erklärt seine Kollegin, beschäftigt mit dem Tapezieren der Wand. «Dieser Ort wird dir in den vier Jahren zu einem zweiten Zuhause. Man verbringt so viel Zeit hier, schlägt sich hier auch manchmal ganze Nächte um die Ohren», erklärt Fischer.

«Ich Tanzen du Jane»

Wir lassen den Kranken schlafen und ziehen weiter die Turmtreppe hinunter, durch Gänge und Türen – die Orientierung ist schon lange verlorengegangen – da treffen wir auf Amadeus Waltenspühl. Der Luzerner Illustrator arbeitet gerade mit zwei jüngeren Studenten an bewegten Bildern. «Ich Tanzen du Jane» steht auf einem der Sticker auf dem Laptop des einen Studenten.

Weiter geht es in die historische Kapelle auf dem Schulgelände. Hier sieht es aus wie auf dem Schlachtfeld. «Die Studierenden dieser Klasse sind noch mitten im Kurs», erklärt Fischer. Aber es sehe eigentlich immer so aus.

Chaos in der Kapelle

Chaos in der Kapelle

Auf dem Weg nach draussen begegnen wir zwei älteren Damen mit Bauchtaschen und Turnschuhen. «Das sind bestimmt wieder Touristen. Die verlaufen sich öfters hierher», so Fischer. Manchmal müsse man ihnen dann den richtigen Weg nach draussen weisen. Das muss man uns jetzt mittlerweile auch.

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