Luzern: Zwei Gruppen streiten sich um Jagdrevier

In Adligenswil bocken die Jäger

Nein – nicht auf die Jagd. Aber vielleicht erspähen Sie ja die Wildtiere im Wald. (Bild: Aura)

(Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Eine Zankerei ist ausgebrochen unter dem Adligenswiler Blätterdach – denn in der Luzerner Agglo liegen sich die Jäger in den Haaren. Kurz bevor der Jagdpachtvertrag für die kommenden acht Jahre zustande kam, eskalierte unter der bisherigen Jagdgesellschaft ein Streit. Der Konflikt könnte teuer werden.

Rund 12,8 Quadratkilometer Wald und Wiese stehen in Adligenswil für die Jagd zur Verfügung. Als einziges Revier des Kantons kam in der Agglomerationsgemeinde für die Pachtperiode 2017–2025 kein gültiger Pachtvertrag zustande.

Vorerst gehen die Jäger also nicht auf die Pirsch, zuerst gilt es einen Streit zu schlichten. Denn die bisher achtköpfige Jagdgesellschaft und zwei Neumitglieder hatten sich bei der Vertragsunterzeichnung im Februar im Streit getrennt: «Es ging dabei um persönliche Differenzen und Meinungsverschiedenheiten über die Jagdausübung», sagt der verantwortliche Obmann der Adligenswiler Jagdgesellschaft, Beat Bridel.

Mehr will er über die Vorgänge aus Diskretionsgründen nicht verraten. «Aufgrund meiner Meldung an die Gemeinde und die kantonale Jagdverwaltung, dass der Vertrag nicht zustande komme, wurde das Revier neu ausgeschrieben.

Die Eskalation droht

Nun könnte die Sache eskalieren: Während Bridel und vier weitere bisherige Pächter zur Verstärkung ihrer Gruppe drei neue Jäger rekrutierten, müssen sich die restlichen Jäger neu organisieren (siehe Info-Box). Obwohl Bridel und sein Jagdtrupp das sogenannte Jagdprivileg innehaben, könnte es für die Adligenswiler Jagdgesellschaft für die nächsten acht Jahre deutlich teurer werden.

Wie man in Adligenswil Jagdpächter wird

Gejagt wird im Kanton Luzern in Jagdrevieren. Diese werden von sogenannten Jagdgesellschaften verwaltet und pachten das jeweilige Gebiet. Damit man als Pächter infrage kommt, sind zwei Bedingungen zu erfüllen: Die Jagdgesellschaft muss in Adligenswil aus mindestens 7 und maximal 14 Jägern bestehen. Zudem muss das Pachtangebot mindestens 4’704 Franken erreichen, was dem Schatzungswert des Jagdgebietes entspricht. Der Pachtzins ist jährlich zu entrichten.

Sollte eine weitere Gruppe nun die Mindestanzahl von sieben Jägern zusammenbringen, könnten sie bei der Versteigerung mitbieten und den Pachtzins um bis zu 50 Prozent erhöhen. «Das würde für uns in den nächsten acht Jahren insgesamt zu Mehrkosten von beinahe 20’000 Franken führen.» Sollte sich bis zum Ende der Frist am 10. April beim Adligenswiler Gemeinderat nicht nur Bridel mit einem gültigen Antrag melden, findet am 12. April die Versteigerung statt.

Steigern ohne Zuschlagchance ist verpönt

Obmann Beat Bridel versucht sich derzeit mit der anderen Pächtergruppe gütlich zu einigen. Das Steigern von Revieren ohne Chancen auf Zuschlag ist im Kanton Luzern verpönt, sagt Bridel. Man manövriert sich damit also ins Abseits.

Das Jagdrevier Adligenswil mit rund 12.6 Quadratkilometer Fläche im Überblick.

Das Jagdrevier Adligenswil mit rund 12,6 Quadratkilometern Fläche im Überblick.

(Bild: zvg)

Jäger dürfen Anzeigen machen

Gemäss Gesetz können das Adligenswiler Jagdrevier nur die Mitglieder der Jagdgesellschaft nutzen – die bisherigen Mitpächter wären ausgeschlossen. Denn die Jagdrevierpächter im Kanton Luzern haben das exklusive Jagdrecht auf ihrem Gebiet. Sie alleine können bestimmen, wie und ob andere Jäger auf Einladung im Gebiet jagen dürfen.

«Ich habe gerade erst erfahren, dass das Jagdrevier noch nicht verpachtet werden konnte.»

Adligenswiler Revierförster Renatus Birrer

Der Adligenswiler Revierförster Renatus Birrer reagiert überrascht auf die neuste Entwicklung: «Ich habe gerade erst erfahren, dass das Jagdrevier noch nicht verpachtet werden konnte.»

Die Jagdgesellschaften sind wichtige Partner für den Förster: «Die Aufgabe der Jagdgesellschaft besteht darin, den Wildbestand zu regulieren, und leisten damit einen Beitrag, dass der Wald sich natürlich verjüngen kann», so Birrer. Ausserdem erstellen die Jäger in Zusammenarbeit mit dem Revierförster die Abschlussplanung, die festlegt, wie viel Wild jährlich im Jagdrevier geschossen werden darf.

Die Pächter sind zuständig für einen sauberen Ablauf der Jagd. Weiter ist die Jagdgesellschaft für die Öffentlichkeitsarbeit in ihrem Gebiet verantwortlich und erinnert beispielsweise Hundehalter an die Leinenpflicht und kann bei Widerhandlungen eine Anzeige machen.»

Förster sorgt sich um Wildtier-Lebensraum

Es gehört aber auch zu den Aufgaben einer Jagdgesellschaft, Beratungen im Siedlungsgebiet durchzuführen, wenn sich beispielsweise Marder im Estrich einnisten oder Unfallwild geborgen werden muss. Falls nötig, müssen die zuständigen Jäger auch Wildunfallprotokolle für die Versicherung anfertigen.

Gleichzeitig leistet Birrer einen Beitrag dazu, dass die Wildtiere im Wald einen guten Lebensraum vorfinden: «Wenn ich Bäume fälle, achte ich beispielsweise darauf, dass die Natur nicht zu stark beeinträchtigt wird.»

Jagen in der Agglo – keine einfache Sache

Jagen in der Agglomeration stellt laut Peter Ulmann, Leiter Abteilung Natur, Jagd und Fischerei der Dienststelle Landwirtschaft und Wald (lawa), ganz eigene Herausforderungen: «Die meist intensive Frequentierung des Reviers mit Erholungssuchenden erfordert ein besonderes Mass an Rücksichtnahme auf die nicht jagende Bevölkerung.» Dabei sei die Sicherheit ein wichtiges Thema. Und was kann da gejagt werden? «Adligenswil ist ein Mittellandrevier mit den Hauptwildarten Reh, Fuchs und Dachs», erklärt Ulmann.

«Einer unserer Pächter bietet Wildfleisch auf dem Wochenmarkt an der Reuss an.»

Beat Bridel, Obmann Jagdgesellschaft Adligenswil

Reich wird man als Jäger aber nicht. Für die rund 20–30 Rehe, die im Adligenswiler Revier jährlich geschossen werden, kann man pro erlegtes Tier mit rund 150 Franken rechnen, wie Bridel erklärt. «Einer unserer Pächter bietet Wildfleisch auf dem Wochenmarkt an der Reuss an.» Das deckt die Pachtkosten also in keinem Fall. Dazu kommen die zahlreichen Aufgaben, welche die Jagdpächter übernehmen, beispielsweise die Pflege des Reviers und das Bergen von Unfallrehen auf der Strasse im Auftrag der Polizei.

Obmann Bridel hofft, dass die Sache gut ausgeht, er wolle das Problem mit der anderen Gruppe in den nächsten Tagen lösen. Auch Peter Ulmann ist zuversichtlich: «Wir zweifeln nicht, dass das Revier Adligenswil verpachtet werden kann.»

Luzerner Jagdstatistik

Im Kanton Luzern gibt es 123 Jagdreviere. Die Reviergrenzen folgen oft den Gemeindegrenzen. Grosse Gemeinden umfassen mehrere Reviere. In der Jagdsaison 2015/2016 wurde laut Statistik insgesamt rund 6’700 Hoch- und Niederwild geschossen. Nicht inbegriffen sind Vögel. Das grösste Revier misst 3’079 Hektaren respektive 30 Quadratkilometer und wird von 9 bis 15 Pächtern betreut. Das Kleinste umfasst 330 Hektaren oder 3,3 Quadratkilometer bei drei bis vier Pächtern.

Insgesamt gehen im Kanton Luzern über 1’300 Pächterinnen und Pächter plus weitere 1’000 Jagdberechtigte als Tages- und Jahres-Jagdgäste sowie Jagdaufseher auf die Jagd. Die Jagdlehrgänge sind laut Peter Ulmann, Leiter Abteilung Natur, Jagd und Fischerei der Dienststelle Landwirtschaft und Wald, sehr gut ausgebucht. Jahr für Jahr werden zwischen 40 und 60 Jägerinnen und Jäger neu ausgebildet.

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