Die Liste der Zuger Vereine birgt Überraschendes

Im Kampf gegen Krampfadern vereint

Auch das Restaurieren alter Feuerwehrfahrzeuge scheint in Zug für viele ein Hobby zu sein. (Bild: Feuerwehr Baar)

Die Vereine, die im Kanton Zug eingetragen sind, könnten nicht unterschiedlicher sein. Denn bei Weitem gibt es nicht nur Fussballclubs oder Wandergruppen. zentral+ fragte nach, was der Zweck eines Aquarienvereins ist, warum es in Zug heute noch einen Urnerverein gibt und was in aller Welt die radiästhetische Vereinigung macht.

Durchforstet man die Listen der Zuger Vereine, trifft man hie und da auf sehr eigenwillige Gruppierungen. So findet man im Verzeichnis beispielsweise den Zuger Aquarienverein. Tatsächlich gibt es den Verein schon seit etwa 70 Jahren, erklärt der Präsident des Clubs, Willy Portmann. Damals sei der Zweck gewesen, dass sich die Zierfischhalter untereinander ausgetauscht und Beziehungen gepflegt hätten. «Man wäre damals ohne einen solchen Verein fast nicht an die benötigten Utensilien gekommen, die es braucht, um Zierfische zu halten», sagt Portmann. Heute sei das natürlich anders. Und das wirkt sich auch auf die Mitgliederzahl aus.

Im Moment seien es noch vier bis fünf Aktivmitglieder, die sich alle zwei Monate treffen. Sie alle sind zwischen 50 und 80 Jahre alt. Portmann sagt: «Ich kann nicht begreifen, dass heute das Interesse am Verein so gering ist.» Es sei auch schon vorgekommen, dass Portmann einziger Teilnehmer am Vereinstreffen gewesen sei. Den geplanten Ausflug habe er dann trotzdem gemacht. Den Verein auflösen, das möchte Portmann aber auch trotz solchen Momenten nicht. «Ich denke dann, ‹ghaue oder gschtoche›, ich mache das.» Dass Portmann mit viel Herzblut an seinem Hobby hängt, ja dass der Begriff «Hobby» in diesem Fall wohl eine Untertreibung ist, wird klar wenn er Dinge sagt wie: «Ich merke sofort, wenn ein Fisch krank ist. Er schwimmt dann anders, versteckt sich oder isst weniger.»

Im Zweifelsfall wird das Pendel befragt

Keine Probleme damit, Nachwuchs zu finden, hat die radiästhetische Vereinigung Ägerital. Die Radiästhesie thematisiert die angebliche Strahlenwirkung auf Menschen, Tiere und Pflanzen. Im Verein gehe es darum, das Pendeln und Rutengehen zu üben und den Interessierten ein Grundwissen zu vermitteln, erklärt der Präsident Armin Zweifel. Der Verein zählt 65 Mitglieder, die jährlichen Einführungskurse würden jeweils gut besucht und generierten häufig neue Vereinsmitglieder. Doch wie kam es im Ägerital überhaupt zu einem solchen Verein? «Einige gleichgesinnte ‹Wasserschmöcker› im Ägerital gründeten vor fast 50 Jahren die Vereinigung, um sich gemeinsam mit Übungen und Vorträgen weiterzubilden.» Überhaupt handle es sich beim Pendeln und Rutengehen um uraltes Wissen, sagt Zweifel.

Er selber verwende die Radiästhesie häufig, um sich Rat zu holen in Alltagsfragen. «Ich pendle beispielsweise, ob Getränke oder Speisen bekömmlich sind. Aber auch bei meiner Arbeit habe ich in Personalfragen immer Charakter und Teamfähigkeit eines Bewerbers ausgependelt.» Kritische Reaktionen erfahre Zweifel immer wieder. «Die positiven Reaktionen überwiegen jedoch.»

Kontaktpflege in Zeiten der «Vereinsamung»

Weniger mit Wasseradern sondern vielmehr mit der Beseitigung von Krampfadern befasst sich der Zuger Kneipp-Verein. Wer Kneipp hört, der denkt vor allem ans Wassertreten. Doch Kneipps Gesundheitslehre besteht ursprünglich aus den fünf Säulen Wasser, Heilkräuter, Bewegung, Ernährung und Lebensordnung. Und all diesen fünf Säulen nimmt sich der Kneipp-Verein Zug an. «Zweimal im Monat unternehmen wir Wanderungen, ganz nach dem kneippschen Motto: Der beste Weg zur Gesundheit ist der Fussweg», sagt die Vereinspräsidentin, Elisabeth Ibarra. Dazu kämen jedoch neben der Bewegung auch die vier weiteren Wirkprinzipien zum Einsatz. «Wir kneippen regelmässig in Bergbächen oder Brunnen, picknicken vollwertige Produkte, informieren uns über die Wirkung von Kräutern und sammeln sie, zudem ist uns die Kontaktpflege untereinander sehr wichtig.» Letzteres ist für Ibarra das Wichtigste. «Dies scheint mir in der heutigen Zeit der Vereinsamung ein nicht zu unterschätzender Gesundheitsfaktor», sagt sie.

Mit 200 Mitgliedern muss sich der Zuger Kneipp-Verein keine Sorgen machen über schwindende Mitgliederzahlen. Generell scheint das Kneippen in der Schweiz mit 40 regionalen Vereinen im Aufwind zu sein.

«Ich bin quasi ein Secondo im Urnerverein.»

Alex Müller, Präsident des Zuger Urnervereins

Auch Heimweh-Vereine gibt es im Kanton Zug. So beispielsweise den Serbischen Kulturverein oder den Tamilischen Jugendverein. Aber nicht immer müssen es viele Kilometer Distanz sein, die bei den Bewohnern von Zug Heimweh verursachen. Offenbar gibt es in Zug 134 Menschen, die Heimweh haben nach dem Urnerland. Dies, obwohl die Fahrt nach Uri sowohl mit dem Auto als auch mit dem Zug bloss etwa 40 Minuten dauert. Was ist also der Grund für diesen Verein? «Tatsächlich hat sich der Verein von seinem ursprünglichen Zweck entfernt. Das Ausland hat für die Urner früher in Brunnen angefangen», erklärt Alex Müller, Präsident des Zuger Urnervereins.

Dass die Regionen durch die heutige Mobilität näher zusammengerückt sind, spüre man auch im Verein. «Der Verein ist überaltert, wir haben praktisch keinen Nachwuchs. Höchstens, wenn Kinder von Mitgliedern nachziehen.» So war es auch bei Müller, der von seinen Eltern an die Vereinsanlässe mitgenommen wurde. «Aufgewachsen bin ich selber in Zug. Ich bin quasi ein Secondo im Urnerverein», erklärt er und lacht. Präsident sei er darum, weil sich sonst niemand gemeldet hat und die Gefahr drohte, dass sonst der Verein aufgelöst würde.

Ein Verein, der gegen den Rost ankämpft

Gegen die Überalterung kämpft auch die IG Alte Geräte an. Es geht dabei jedoch mehr um die alten Feuerwehrfahrzeuge und -geräte, die wieder in Schuss gebracht werden, nicht um das Alter der Mitglieder. Die meisten der 70 Mitglieder seien selber ehemalige oder aktive Feuerwehrleute, erklärt der ehemalige Präsident des Vereins, Max Gehrig. Aber warum gibt man sich solche Mühe, veraltetes, nicht mehr verwendetes Material mit grossem zeitlichen und finanziellen Aufwand zu erhalten? Für Gehrig ist die Antwort einfach: «Wir sind begeistert von dieser Tätigkeit, da wir mit diesen Gerätschaften vielen Menschen helfen konnten. Das ging nur, weil das Material qualitativ gut war. Darum müssen wir den Sachen auch heute noch Sorge tragen.»

Wenn sich Balkanstämmige zum Jass treffen

Die Liste der kuriosen Vereine ist damit jedoch noch nicht erschöpft. So lassen sich in den Vereinsverzeichnissen der Gemeinden noch ein balkanischer Jassverein, ein «Verein vereinsmüder Cheschtänäriglär» oder die «Amateurfunk Klubstation USKA Sektion Zug» ausmachen. Auf der Homepage der Funker sind zwar viele Infos zu finden, doch jeder normalsterbliche Amateur ohne Funk-Flair versteht hier bloss Bahnhof.

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