Was Zug und die Berggemeinden verbindet

Im Bauch der Lorzentobelbrücke

Die Lorzentobelbrücken: Während die Strassenbrücke (im Hintergrund) saniert wird, ist für Fussgänger und Velofahrer eine Umleitung über den alten Bogenviadukt (vorne) signalisiert.

Seit 30 Jahren verbindet die «neue» Lorzentobelbrücke die Zuger Berggemeinden mit dem Tal. Nun konnte sie für einmal von innen begangen werden. Eine Annäherung, 568 Meter lang und 15 Zentimeter unter der Fahrbahn.

Schon 30 Jahre thront sie in Baar, gleich an der Grenze zu Menzingen, hat vielen Menschen das Leben erleichtert und tut das noch heute. Mit ihren gut 70 Metern Körperhöhe überragt die Lorzentobelbrücke sämtliche Bäume, ausserdem kann sie es mit ihrer beeindruckenden Länge von 568 Metern und ihrem Gewicht mit jedem Schwertransporter aufnehmen.

Einer Gottesanbeterin gleich

Einer Gottesanbeterin gleich klettert sie, mit langen, dünnen Beinen über das Lorzentobel und dient damit seit genau drei Jahrzehnten als Verbindungsglied zwischen Zug, Ägeri und Menzingen.

Es ist eine bescheidene Gruppe von Leuten, die sich im Rahmen der europäischen Tage des Denkmals dazu versammelt hat, einen Blick ins Innere der Lorzentobelbrücke zu werfen. Roman Brunner, Bauberater der Direktion des Innern des Kantons Zug, führt die Gruppe an. Erst einmal geht’s steil hinunter ins Lorzen-Bachbett.

Nach gut sechs Minuten haben wir unser erstes Ziel, die alte Holz-Lorzentobelbrücke von 1759, erreicht. Auf der kleinen Lichtung im Tal hat man sie alle im Blick. Der erste, eher bescheidene Holzbau, der nostalgisch nach Holz durftet und so schmal ist, dass nicht einmal ein Personenwagen problemlos darüberfahren könnte. Dahinter die beiden grossen, massiven Lorzentobelbrücken aus Stein und Beton.

Die Hölzerne, die Steinerne und die Betonierte

Die Baumreihen rund um die Pfeiler scheinen winzig neben den stattlichen Gössen der beiden Brücken. Darunter bahnt sich die wilde Lorze ihren Weg durch die Natur. Doch der Anblick währt nicht ewig, das Programm wird fortgesetzt. Nach einem erschwerenden Aufstieg steht die Gruppe wieder am Anfangspunkt, nun geht’s ins Innere der Brücke.

Aufstieg ins Innere: Zehn knarzige Stufen sind zu überwinden.

Aufstieg ins Innere: Zehn knarzige Stufen sind zu überwinden.

(Bild: Raphael Baumann)

Für Gänsehaut ist gesorgt

Kulturvermittler Michael Felber führt uns in Richtung Einstieg. Nach einigen technischen Daten geht’s los. Wir betreten die Eingeweide der Brücke, gelangen über eine wackelige Leiter mit gut zehn Tritten hinauf ins Kühl. Dieses Gefühl wird durch den grauen Beton verstärkt, der alle Wärme aus dem Körper zu ziehen scheint.

Begleitet wird die Kälte von einem leicht modrigen Geruch. Das moderate Licht hat eher etwas von einem Hochsicherheitsgefängnis denn von einem Brückenkörper. Klaustrophobisch veranlagten Menschen würde der Aufenthalt hier wohl Unbehagen bereiten. Die Decke ist teilweise so tief, dass sich Besucher ducken müssen, um voranzukommen.

Fernab aller Verkehrsgeräusche

Felber warnt zwar vor schmerzhaften Kopfstössen – vergebens. Bald schon erwischt es den ersten Teilnehmer. Das darauffolgende Fluchen wird nicht, wie erwartet, vom Verkehrslärm geschluckt. Ganz im Gegenteil: Im Brückeninnern herrscht Stille. Einzig das Echo, das durch die Gespräche der Teilnehmer aus dem langen Schacht zurückhallt, ist zu hören. Es ist ein seltsames Gefühl, zu wissen, dass die Autos nur 15 Zentimeter über den Köpfen durchrauschen.

Fühlt sich eher nach Hochsicherheitsgefängnis als Brückeninneres an.

Fühlt sich eher nach Hochsicherheitsgefängnis als Brückeninneres an.

Fast wünschte man sich, alleine hier zu sein, um die Stille zu geniessen, fern von jeglichen Umwelteinflüssen. Nach einer kurzen Zeit des Geniessens, oder für andere Teilnehmer vielleicht des Grauens, führt der klapprige Gittermetallweg zurück zur Ausstiegstreppe. Unten angekommen erholen sich die Sinne von den Einflüssen.

Die Faszination der Veranstalter überträgt sich schnell auf die Besucher.

Die Faszination der Veranstalter überträgt sich schnell auf die Besucher.

(Bild: Raphael Baumann)

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