Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Idee für Elternzeit erleidet in Zug Schiffbruch

Wer betreut den Nachwuchs wie lange? (Bild: Unsplash/Kelly Sikkema)

18 Wochen bezahlte Auszeit für Vater und Mutter: Das Konzept der Elternzeit hat seit dem Ja zum Vaterschaftsurlaub neuen Auftrieb erhalten. In Zug erstickt der Kantonsrat die Diskussion bereits im Keim.

Ein Tag Urlaub für frischgebackene Papis: Das war in der Schweiz lange Zeit Usus. Seit Anfang 2021 können Väter nach der Geburt des Nachwuchses bekanntlich zwei Wochen bezahlten Urlaub beziehen. Mütter haben Anrecht auf 14 Wochen. Einen Schritt weiter geht das Konzept der Elternzeit, das mehrere europäische Länder kennen: In diesem Konzept haben Väter und Mütter gleichermassen Anspruch auf eine längere Auszeit.

Ein Weg, den die Alternative – die Grünen (ALG) auch im Kanton Zug gehen will (zentralplus berichtete). «Mit je 18 Wochen bezahlter Elternzeit für Mütter und Väter erhalten alle einen optimalen Start ins gemeinsame Familienleben», begründete die Partei in einer entsprechenden Motion. «Gleichzeitig leistet das Modell einen Beitrag zur Gleichstellung von Mann und Frau.» 

Zug soll keine Elternzeit-Insel bilden

Doch daraus wird nichts. Die Idee scheiterte in Zug schon, bevor die Regierung überhaupt Stellung nehmen und Details zu möglichen Umsetzungen liefern konnte. Eine Mehrheit aus FDP-, SVP- und Mitte-Fraktion lehnte am Donnerstag die Überweisung ab. Zur Einordnung: In der Regel werden die meisten Vorstösse stillschweigend überwiesen, andernfalls braucht es eine Zweidrittelsmehrheit dagegen.

Doch wieso dieser Widerstand, zumal in einem Kanton, der als florierender Wirtschaftsstandort gilt und für gutverdienende Arbeitnehmer stets attraktiv sein will?

«Noch bevor der Vaterschaftsurlaub richtig umgesetzt ist, will man schon darüber hinausschiessen.»

Tom Magnusson, FDP-Kantonsrat

Auslöser war ein Antrag von Tom Magnusson (FDP). «Ich unterstütze persönlich das Konzept der Elternzeit. Aber ich will nicht, dass der Kanton Zug hier eine einsame Insel bildet.» Um einen kantonalen Flickenteppich zu verhindern, müsste das Anliegen auf Bundesebene geprüft werden. Selber Ansicht waren SVP und die Mitte.

Zudem führte Magnusson praktische Bedenken ins Feld. Die Motion lasse offen, ob die Elternzeit nur für in Zug wohnhafte Personen gelten würde oder für alle, die im Kanton Zug arbeiten oder aber für Zuger Unternehmen. Und nicht zuletzt zweifelt Magnusson am Zeitpunkt: «Noch bevor der Vaterschaftsurlaub richtig umgesetzt ist, will man schon darüber hinausschiessen.»

Selbst wirtschaftspolitische Argumente laufen ins Leere

Vergeblich versuchte Luzian Franzini (ALG) die bürgerliche Ratsmehrheit davon zu überzeugen, die Debatte nicht von vornherein abzuklemmen. Studien, besonders aus skandinavischen Ländern, würden positive Effekte auf den Arbeitsmarkt und die Steuereinnahmen belegen. Für Franzini ein Argument, das gerade im Hinblick auf die OECD-Mindeststeuer zusätzliche Aktualität erfährt. Dass Zug zur einsamen Insel verkommen könnte, konterte der Politiker mit dem Verweis auf mehrere andere Kantone, in denen Elternzeit-Initiativen hängig sind.

Tatsächlich hat das Ja zum Vaterschaftsurlaub familienpolitischen Forderungen neuen Schub verliehen. In Zürich wird zum Beispiel bald die Bevölkerung über eine insgesamt 36-wöchige Elternzeit befinden, nachdem der Kantonsrat eine entsprechende SP-Initiative genauso ablehnte wie den Gegenvorschlag mit 28 Wochen. Auch auf nationaler Ebene wird über das Elternzeit-Modell diskutiert. Es gehört zu den Forderungen, die jüngst an der Frauensession formuliert wurden. In Zug hingegen bleibt vorerst alles beim Alten.

Verwendete Quellen
  • Diskussion im Zuger Kantonsrat vom 27. Januar 2022
  • Motion von Luzian Franzini, Anastas Odermatt, Rita Hofer, Ivo Egger, Mariann Hess und Tabea Zimmermann Gibson betreffend kantonale Elternzeit
  • Studie der Eidgenössischen Koordinationskommission für Familienfragen
  • Frühere Medienberichte
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
    Kasimir Pfyffer, 27.01.2022, 20:02 Uhr

    «Noch bevor der Vaterschaftsurlaub richtig umgesetzt ist, will man schon darüber hinausschiessen.» – Auf welchem Planeten lebt dieser Politiker? Der Vaterschaftsurlaub funktioniert und wird umgesetzt. Richtig. Mit zwei Wochen Ferien für frischgebackene Väter. Quelle: mehrere junge Väter im Bekanntenkreis.

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