Zuger GLP-Politiker fordert Einblick

«Ich will Transparenz beim Stadtrat, nicht gläserne Bürger»

Der Zuger Gemeinderat Stefan W. Huber will genauer wissen, was hinter diesen Mauern passiert. (Bild: zvg)

Worüber diskutiert eigentlich der Zuger Stadtrat genau? Und wie kommen die sagenumwobenen «Stadtratsentscheide» zustande? Es sind Fragen von öffentlichem Interesse, sagt der Zuger Politiker Stefan W. Huber. Er fordert deshalb mehr Transparenz von der städtischen Exekutive. Das Argument, dass das viel kosten würde, lässt er nicht gelten.

Über die Bevölkerung werden seitens der Behörden immer mehr Informationen gesammelt, die Bürger werden zunehmend gläsern. Umgekehrt sieht die Sache ganz anders aus. «Die Arbeit der Exekutive ist im Gegenzug überhaupt nicht transparenter geworden», sagt der Zuger Gemeinderat Stefan W. Huber. «Weder Sitzungsdaten noch Traktandenlisten, Entscheide oder Protokolle des Stadtrats sind für die Öffentlichkeit einsehbar.»

In einem Vorstoss fordert der GLP-Rat darum die städtische Regierung auf, zu prüfen, wie ihre sowie die Arbeit der Verwaltung gegen aussen transparenter und dadurch nachvollziehbarer werden könnte.

Es ist das erste Mal, dass ein politischer Vorstoss mehr Transparenz von der Zuger Exekutive fordert. Erstaunlich, hat doch das Thema Transparenz in den letzten Jahren an Wichtigkeit gewonnen. «Auch mir ist erst vor einiger Zeit, während der Kontrolle der Jahresrechnung, aufgefallen, dass ich die Intransparenz bislang einfach hingenommen habe.» In der Jahresrechnung treffe man beispielsweise immer wieder auf Ausdrücke wie etwa «gemäss Stadtratsentscheid».

Auch Parlamentarier kommen nicht direkt zu Infos

«Wie dieser Stadtratsentscheid entstanden ist, ist selbst für uns nicht einsehbar», sagt Stadtparlamentarier Huber. «Auch ich als Gemeinderat muss dafür bei der Verwaltung nachfragen, ob sie mir die entsprechenden Dokumente zusenden könnten. Das wiederum ist langwierig, denn die Verwaltung geht nicht davon aus, dass sie Informationen gegen aussen weitergeben muss. Entsprechend müssen Dokumente erst aufbereitet werden.» Bis die Abklärungen mit allen betroffenen Personen gemacht und Passagen wo nötig anonymisiert worden seien, dauere es lange.

Für Journalisten ist der Status quo ebenfalls mühselig. «Müssen diese drei Monate warten, weil erst Dokumente anonymisiert und Abklärungen getroffen werden müssen, ist die Story längst vorbei. Dies wiederum kommt der Regierung oft gelegen», vermutet Huber.

Er findet: «Warum sollen diese Informationen nicht grundsätzlich transparenter sein?» Huber verweist darauf, dass die Transparenz anderswo viel weiter sei. In der Legislative ist alles für die Öffentlichkeit einsehbar: Die Traktandenlisten, die Kommissionsprotokolle, wie ein Rat abgestimmt hat und welche politischen Haltungen eine Rätin vertritt. Auch in der Judikative besteht diese Transparenz, indem etwa Urteile eingesehen werden können.

Die Oberaufsicht ohne Einblick?

Huber gibt zu bedenken: «Mein Auftrag als Gemeinderat ist es, die Oberaufsicht über Stadtrat und Verwaltung zu haben. Gleichzeitig habe ich keine Ahnung, was dort diskutiert wird.» Es gebe viele Schnittstellen, die man optimieren könnte.

Der GLP-Parlamentarier weiter: «Ich will nicht, dass künftig sensible Daten über Personen öffentlich werden. Ich will Transparenz bei der Regierungsarbeit, nicht gläserne Bürger.»

Mit dem Bedürfnis nach mehr Informationsdurchlässigkeit dürfte Huber auf viel Zustimmung bei seinen Ratskollegen stossen. Nur: Das klingt alles recht aufwändig und wird auch nicht gratis sein.

Der wunde Punkt der Vorlage: Die Kosten

Diesen Punkt hebt etwa Etienne Schumpf von der FDP hervor. Gegen mehr Transparenz sei grundsätzlich nichts einzuwenden. Dennoch sei man gespannt, welche Massnahmen welchen Mehraufwand und welche Mehrkosten in der Verwaltung verursachen würden. «Am Schluss bleibt für uns die Frage und die Abwägung, wie hoch der Preis für mehr Transparenz ist. Und ob Aufwand und Nutzen – also Kosten respektive Verwaltungsaufwand und mehr Transparenz – in einem gesunden Verhältnis stehen», sagt Schumpf.

«Ich hätte lieber weniger PR und dafür transparentere Arbeit der Stadtregierung.»

Stefan W. Huber, GLP-Politiker

Auf den finanziellen Aufwand angesprochen, reagiert Huber etwas genervt: «Das Kommunikationsbudget der Stadt wird seit Jahren kontinuierlich grösser und diesbezüglich war die Kostenfrage kein Thema. Da wird ein Podcast gemacht, dort ein Messestand, der eine Drittelmillion Franken kostet. Ich frage mich, wo da die Prioritäten liegen.» Er doppelt nach: «Ich hätte lieber weniger PR und dafür transparentere Arbeit der Stadtregierung. Ich bin es müde, dass selbst bei solchen Grundsatzfragen alles auf die Kostendiskussion hinausläuft.»

Das Zuger Verwaltungsgericht arbeitet seit Anfang 2020 mit einer Software, welche Urteile automatisch anonymisiert. Seit nun einem Jahr sind die Entscheide auf der Homepage des Verwaltungsgerichts für alle einsehbar. Huber ist der Ansicht, dass diese Lösung auch in der Zuger Verwaltung problemlos einsetzbar sei. «Damit müssten Interessenten nicht ein halbes Jahr oder noch länger warten, um Einsicht in ein Dokument zu erhalten.»

Dem «Enfant terrible» aus Steinhausen reicht das nicht

Einer, der den Behörden in Sachen Transparenz bereits mehrmals auf die Pelle gerückt ist, ist der Parat-Politiker Stefan Thöni. Er schätzt, dass sich der Aufwand für den Stadtrat mit einer entsprechenden Änderung etwas erhöhen dürfte. «Dies nicht wegen der Anonymisierung, sondern weil andere Informationen zurückgehalten werden sollen. Ein Stadtrat hat amtsbedingt mehr mit Geschäftsgeheimnissen, Verhandlungen und dergleichen zu schaffen.»

«Die Einwohnerinnen sollen sehen können, wie viel und zu welchen Themen Informationen zurückgehalten werden.»

Stefan Thöni, Zuger Parat-Politiker

Thöni begrüsst Hubers Vorschlag – er geht gar noch etwas weiter: «Ich würde dem Vorstoss noch hinzufügen, dass anstelle von nichtpublizierten Dokumenten wenigstens ein leeres Dokument mit der Beschlussnummer und dem Betreff veröffentlicht wird, damit die Einwohnerinnen sehen können, wie viel und zu welchen Themen Informationen zurückgehalten werden.» Ausserdem wünscht sich der Steinhauser, dass die Forderung nach Transparenz bezüglich der Veröffentlichung von Traktandenlisten auf den Regierungsrat ausgeweitet wird.

Mehr Qualität dank Einsehbarkeit

In der Schweiz sind die Sitzungen der Exkutive – also von Bundesrat, Regierungs- oder Stadträten – nicht öffentlich. Wo das Öffentlichkeitsprinzip gilt, wie in Zug, können die Dokumente unter Umständen eingesehen werden. Allerdings muss man dazu wissen, worüber überhaupt diskutiert und entschieden wird.

Stefan W. Huber ist der Ansicht, dass mehr Transparenz im Stadtrat auch eine Kontrollfunktion haben könne. In diesem Zusammenhang erwähnt der Gemeinderat die «Kulturgeschichte», also die Causa Kulturförderung: Wie zentralplus publik gemacht hatte, wurden Fördergelder mitunter an eigene Kommissionsmitglieder vergeben, in der Buchhaltung herrschte zudem Chaos.

«Sämtliche Sitzungen, Protokolle und Entscheide des Gemeinderates werden transparent gemacht. Selbst die Wortprotokolle der GGR-Sitzungen sind für die Bevölkerung einsehbar», sagt Huber. «Aus diesem Grund überlegen sich die Räte jeweils sehr genau, was sie sagen.» Würden beispielsweise Stadtratsprotokolle öffentlich, dürfte dies gemäss Hubers Einschätzungen zu einer höheren Qualität führen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Don Osvaldo
    Don Osvaldo, 16.08.2021, 10:27 Uhr

    Sehr gute Idee. Schaut insbesondere bei den SR-Beschlüssen rund um die Immobilien genauer hin. Vor allem in der Zeit des damaligen SR Kobelt. Da sind vermutlich ganz viele Lei..en im Keller vergraben.

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