Was macht eigentlich... Marcello Weber?

«Ich werde vom Beruf aufgefressen»

Damals jung und erfolgreich – und heute? Marcello Weber (links) vom ehemaligen Cabaret Marcocello erzählt, was aus ihm geworden ist. Und wie ihm das gefällt. (Bild: zvg)

Das Leben habe für ihn entschieden, sagt Marcello Weber, nachdem das «Cabaret Marcocello» aufgelöst war. Und bevor er sich versah, versank er in Arbeit als Anwalt. Warum ihn das Cabaret aber trotzdem nie verlassen hat, und warum er nie mehr eines auf die Beine stellen wird, das erklärt er im ersten Teil unserer Reihe «Was macht eigentlich…?»

«Ich muss Sie aber warnen, ich bin langweilig und habe nichts Interessantes zu erzählen.» So schreibt Marcello Weber zurück, wenn man ihn nach einem Interview fragt. Dabei ist es keine zwanzig Jahre her, dass er zusammen mit Marco Rima als «Cabaret Marcocello» alle Bühnen der Schweiz bespielte, so viele, dass er heute gar nicht mehr in den Ausgang geht: Er hat alle Häuser schon gesehen.

«Ich werde vom Beruf aufgefressen»

Aber was macht der Mann mittlerweile? Zwanzig Jahre keinen Ton von sich geben, keinen Applaus bekommen, überlebt das ein Komiker? «Naja sehen Sie, man ist ja trotzdem sich selber. Das ändert sich nicht. Und wenn dann gewisse Dinge passieren, dann packt mich schon die Lust, wieder auf einer Bühne zu stehen und etwas zu machen» sagt Weber und lässt dabei seine Mimik spielen wie Bodybuilder ihre Muskeln: Die Augen glänzen, Gesicht und Sprache haben ihre Zusammenarbeit lange geübt, sie würden auch den hintersten Zuschauer noch überzeugen. «Aber ich weiss gut genug, wie viel Arbeit da dazugehört.»

Und Arbeit hat der 56-Jährige genug. Wir sitzen im Hinterzimmer seiner Kanzlei, am Hang hinter dem Neustadtzentrum in der Stadt Zug, links vom Haus ein kleiner Wald, drinnen ein Wald von Büchern. Zwischen Regalen voller Fälle sitzt Marcello Weber. Er ist Anwalt geworden, hat das Cabaret aufgegeben. In seinem Büro steht nur noch ein Relikt, die zwölfsaitige Gitarre, «ich fasse sie ja nur ganz selten an», sagt Weber fast entschuldigend, «ich werde momentan vom Beruf aufgefressen.»

Seltsame Personen, diese Anwälte

Wie geht das, vom Komiker zum Anwalt? Nach dem Ausstieg aus Marcocello hatte Weber gar keine Zeit, etwas Neues zu finden. «Das Leben entscheidet für einen. Man hat dabei gar nicht so viel zu sagen. Bis ich etwas Neues für mich gefunden hätte, wäre es längst zu spät gewesen, die Kanzlei gab viel zu viel zu tun.» Weber hatte sie schon während der Zeit im Cabaret gegründet, hat die Anwaltsprüfung gemacht, als die beiden auf Tour waren, «am Tag Anwaltsprüfung, am Abend ein Auftritt. Das könnte ich heute nicht mehr.»

Karriere Marcocello

1983 gründeten Marcello Weber und Marco Rima das «Cabaret Marcocello». Während zehn Jahren feierten die beiden Kabarettisten Erfolge mit ihren Bühnenprogrammen und Fernsehauftritten. 1990 erhielt das Duo die Goldene Schallplatte für das Programm «Grüezi», 1993 dreifach Gold für die CD Juhubilé. Das Duo trat unter anderem auch bei der Erstausstrahlung des Arosa Humorfestivals auf, 1992. 1993 löste sich das «Cabaret Marcocello» auf, Marco Rima machte weiter mit Soloprogrammen und Filmrollen, Marcello Weber baute seine Anwaltskanzlei auf.

Wenn ihn die Leute fragen, was die beiden Berufe miteinander zu tun haben, dann sagt Marcello Weber: «Anwalt und Kabarettist? Das ist exakt dasselbe.» Sagt er und lacht, «das ist natürlich etwas übertrieben. Aber man hat in beiden Berufen genauso mit den Nöten der Menschen zu tun.» Trotzdem seien sich die beiden Felder doch sehr fremd, sagt Weber: «Für die Entourage im Theaterwesen sind Anwälte seltsame Personen», sagt er, «vielleicht auch weil sich die wenigsten Schauspieler je einen Anwalt würden leisten können oder auch gar nicht leisten wollen. Ferner haben sie meist falsche Vorstellungen von deren Arbeitswelt. Diese entspricht nicht den gängigen Fernsehserien.»

«Als Anwalt bist du an hundert Sachen gleichzeitig dran. Vieles kommt gar nicht zu einem Ende, vielleicht wird ein Fall nie geklärt, oder ein Problem erledigt sich von selber. Nicht immer hat man das ganz unmittelbare Erlebnis, dass man etwas wirklich Gutes für jemanden tun konnte. Dies stellt man unter Umständen erst Jahre später fest. Im Cabaret merkst du den Erfolg und den Applaus ganz direkt und sofort.»

Keine halbguten Sachen

So schnell gestorben ist die Cabaret-Sache aber damals nicht, wenn sie überhaupt gestorben ist. Er habe kurz nach dem Ende von Marcocello die Idee noch ein wenig gepflegt, mit einem Soloprogramm aufzutreten. «Aber die Erwartungen waren so gross, das hätte von Anfang an besser sein müssen als alles vorher. Und alleine ist das noch einmal etwas anderes als in einem Team.» Und heute wäre es ihm unmöglich: Seine eigenen Ansprüche würden verhindern, dass Marcello Weber als Hobby-Kabarettist auf die Bühne tritt. Ein halbgares Programm würde er nicht bringen wollen. «Und ich weiss, was es braucht, damit ein gutes Programm entsteht. Das ist Knochenarbeit, nicht Hollywood.»                                  

«Am Tag Anwaltsprüfung, am Abend Auftritt, das könnte ich heute nicht mehr», sagt Marcello Weber, Mitinhaber der Anwaltskanzlei und Notariat Weber – Kamer.

«Am Tag Anwaltsprüfung, am Abend Auftritt, das könnte ich heute nicht mehr», sagt Marcello Weber, Mitinhaber der Anwaltskanzlei und Notariat Weber – Kamer.

(Bild: zvg)

Aber ob alledem einfach ernst werden und gar nicht mehr mitdenken, geht auch nicht. «Wie gesagt, man bleibt halt derselbe, das kann ich nicht einfach ablegen. Es fällt einem laufend etwas Neues ein, gerade wenn solche Sachen passieren wie jetzt die Geschichte nach der Landammanfeier», sagt Weber. Da fände er die Leute am interessantesten, die alles ‹in flagranti› gesehen haben wollen. «Die haben etwas Komödiantisches an sich.»

«Wissen Sie, wer Sie da vertritt?»

Das reicht aber nicht für eine Rückkehr zum Cabaret. «Ich kenne beide Seiten der Medaille, deshalb war das gar nicht so schmerzhaft, das Cabaret loszulassen.» Man könne nicht ewig als Schauspieler unterwegs sein. «Und wer weiss, vielleicht bist du aufs Mal gar nicht mehr lustig. Und was dann?» Zudem habe er den Beruf Anwalt nicht aus einer Ziellosigkeit ausgesucht, «sondern weil er mich wirklich interessierte. Eine gewisse Leidenschaft muss man mitbringen». Wo steckt die Leidenschaft? «Wenn man etwas klären kann, etwas zu einem guten Ende führen kann.»

Und die Vergangenheit als Komiker, steht die dem nie im Weg? «Es gibt’s schon mal, dass die Leute merken, dass ich der von Marcocello bin. Aber da ist die Angelegenheit meist längst erledigt» sagt er und lacht. «Auch hat ein Gegenanwalt meinen Klienten schon mal maliziös gefragt, ob er den wisse, wer ihn da vertrete? Aber solches hatte noch nie Einfluss auf meine Arbeit.»

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