Twitter: Morddrohungen gegen Politikerinnen

«Ich habe sogar ein Messer in der Tasche»

Eine Twitter-Userin, die sich als Zuger Anwältin ausgibt, hat massiv Politikerinnen bedroht.

(Bild: fotolia.de)

Politiker müssen sich ein dickes Fell zulegen, um die Kritik einzustecken, mit der sie regelmässig konfrontiert sind. Doch selbst den Hartgesottensten dürfte es mulmig werden, wenn sie eine Morddrohung erhalten. Und solche kursierten dieses Wochenende en masse auf Twitter. Ziel der Drohungen war auch eine Zugerin.

Die Ostern sind vorbei. Vier Tage voller Unternehmungen und mit grossem Entspannungseffekt. Für zwei Schweizer Politikerinnen dürfte das vergangene Wochenende kaum entspannend gewesen sein. Denn sowohl die amtierende Nationalratspräsidentin Christa Markwalder als auch die Zuger Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin wurden massiv auf Twitter beleidigt. Damit aber nicht genug. Die Person, die sich als Zuger Anwältin ausgibt, droht den Politikerinnen auch gleich mit einem Attentat.

Drohungen à gogo

So etwa richtete sie* folgende Worte an Spiess-Hegglin: «Nur weil der Gedanke, dass du existierst, ziemlich ätzend ist. Ich habe jetzt sogar ein Messer in der Tasche. Falls ich dich Arschloch zufälligerweise in Zug treffen könnte und ich dich dann ermorden könnte.» Zudem droht die Person Spiess-Hegglin, ein Attentat auf ihre ganze Familie zu verüben. Auch Christa Markwalder bedroht sie – und kündigt ihr gar an, sie an einem spezifischen Tag ermorden zu wollen. Die FDP-Nationalrätin äussert sich auf Anfrage nicht zu den Drohungen.

Die Twitter-Userin wirft nur so um sich mit Morddrohungen.

Die Twitter-Userin wirft nur so um sich mit Morddrohungen.

(Bild: Twitter/Printscreen)

 

 

Damit jedoch nicht genug. Selbst der Bundesrat und das gesamte Bundeshaus soll daran glauben müssen. Die bisher unbekannte Person droht gar mit einer Sprengung des Parlaments.

Brisant: Unter dem gleichen Namen, den die Person auf Twitter verwendet, ist tatsächlich eine Juristin in Zug wohnhaft. Auf Anfrage von zentralplus erklärt diese, am selben Morgen von einem Kollegen über diese Tweets informiert worden zu sein und nichts mit der Sache zu tun zu haben. Die Zuger Juristin gedenkt jedoch, nichts gegen diese Tweets zu unternehmen. Dies, da sich das Thema mittlerweile von selber zu erledigen scheine.

«Ich hab nie jemand umbringen wollen.»

Und in der Tat. Am Wochenende waren auf dem besagten Twitter-Account 100 Meldungen gemeldet, am Dienstagmorgen waren es nur noch 33. Alle Einträge, die beleidigend oder drohend waren, sind mittlerweile von der Person selber gelöscht worden. Stattdessen bittet die Userin die beiden Politikerinnen um Verzeihung.

Als die Twitter-Userin merkt, dass es ihr womöglich an den Kragen gehen könnte, beginnt sie sich zu entschuldigen bei den Betroffenen.

Als die Twitter-Userin merkt, dass es ihr womöglich an den Kragen gehen könnte, beginnt sie sich zu entschuldigen bei den Betroffenen.

Wer tatsächlich hinter den Tweets steckt, ist noch nicht klar. Auf Facebook präsentiert sich die Person als junge Anwältin. Verfolgt man das verwendete Profilbild zurück, wird klar, dass es sich bei der abgebildeten Frau um ein Model für Mode-Werbung handelt. Auch die Zuger Postadresse, die auf Twitter angegeben ist, scheint einer anderen Person zu gehören.

Josef Sachs ist Spezialist für forensische Psychiatrie. Er schätzt den Fall folgendermassen ein: «Es ist grundsätzlich so, dass derartige Drohungen immer ernst genommen werden sollen. Wenn auch nur aus präventiven Gründen.» Ansonsten bestehe die Gefahr, dass sich solche Drohungen häufen. Sachs erklärt: «Es ist wichtig, dass man gegen aussen Grenzen setzt und kund tut, dass das nicht akzeptiert wird.»

«Ich nehme an, es geht der Person hauptsächlich darum, Aufmerksamkeit zu bekommen.»

Josef Sachs, forensischer Psychiater

Für Sachs fehle bei dem Fall das Motiv hinter den Drohungen. Tatsächlich begründet die Twitter-Userin ihr Handeln mit der Aussage: «Hatte Lust, die beiden zu nerven.» und damit, während der Feiertage gelangweilt gewesen zu sein. «Daher nehme ich an, es geht der Person hauptsächlich darum, Aufmerksamkeit zu bekommen», erklärt Sachs.

Sachs ist unschlüssig, ob hinter diesen Tweets tatsächlich eine Gefahr droht oder ob es der Twitterin nur darum gehe, Aufmerksamkeit zu generieren. «Der grösste Teil solcher Drohungen gegen öffentliche Personen werden nicht umgesetzt. Da wird so sehr gedroht, dass eine Umsetzung der Tat fast nicht mehr möglich ist.» Das sei eine Faustregel und statistisch belegbar. «Die Aussage lässt sich jedoch nicht generalisieren», so der forensische Psychiater.

Die Polizei hält sich bedeckt

Und was sagt die Polizei zum Fall? Auf Anfrage von zentralplus schreibt die Zuger Polizei: «Wir haben von diesen Tweets Kenntnis. Weitere Informationen können wir Ihnen aus ermittlungstaktischen Gründen derzeit nicht geben.»

Eines ist jedenfalls klar. Erwischt man die Person, dürfte es für sie rechtliche Konsequenzen haben. So heisst es in Artikel 180 des Strafgesetzbuches: «Wer jemanden durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.» – Aber das weiss sie natürlich, die «Anwältin».

*Der Einfachheit halber wird im Text die weibliche Form benutzt. Geradeso gut könnte es sich jedoch dabei um einen Mann handeln.


Nachtrag: Mittlerweile hat die Polizei herausgefunden, wer sich hinter den Tweets versteckt. Hier gelangen Sie zum nachfolgenden Artikel.


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3 Kommentare
  • Profilfoto von Vane
    Vane, 30.03.2016, 21:31 Uhr

    Auf Facebook
    Vane ssa
    Gibt es mehr Infos

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  • Profilfoto von Vane
    Vane, 30.03.2016, 21:28 Uhr

    Ich hab mich schon der Polizei gestellt und bei den Betroffenen hab ich mich auch schon entschuldigt!!
    Ich bin 13 Jahre alt und heisse Vane.
    Also hab ich mich nicht Strafbar gemacht.
    Ich hoffe der Artikel wird gelöscht oder er wird wenigstens aktualisiert…

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  • Profilfoto von carlooser
    carlooser, 30.03.2016, 16:06 Uhr

    der artikel gefällt mir, unprätentiös einfach so daher erzählt wie das leben mit twitter und co so läuft und was mir noch mehr gefällt, die weibliche form, in diesem artikel gerade doppelt sinnvoll, wo doch der hass aufs weibliche geschlecht schon ganz andere früchte getragen hat.
    ich hoffe die zeit kommt, da können sich alle hinter das stellen, was sie sagen, wie sie es sagen und nicht auf frust aufgebaute racheaktionen setzen müssen. den frauen weiterhin mut, nicht aufzugeben und den männern die einsicht, dass auch jahrtausende alte mechanismen nicht unbedingt gut sind.

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