Was macht eigentlich … Stephan Klapproth?

«Ich habe gleitend ein eigenes kleines Business aufgebaut»

Stephan Klapproth ist Moderator. Mittlerweile zwar nicht mehr vor der Kamera, dafür auf diversen Kongress-und Kultur-Bühnen. (Bild: zvg)

Stephan Klapproth war jahrzehntelang beim Schweizer Fernsehen und vor allem als Gesicht von «10vor10» bekannt. Seit Herbst 2016 ist er nicht mehr auf Sendung, doch die Sitzungen im Leutschenbach vermisst der gebürtige Horwer gar nicht. Und mittlerweile ist er vom Pilot zum Kajakfahrer mutiert.

«Gefühlte zehn Prozent der Leute haben nicht wahrgenommen, dass ich nicht mehr auf dem Sender bin», erzählt Stephan Klapproth. Der Luzerner war über zwanzig Jahre lang beim SRF, vorwiegend als Moderator der Nachrichtensendung «10vor10». Mit seiner ikonischen Frisur, der «Palme», die er nach wie vor auf dem Haupt trägt, gehört Stephan Klapproth noch immer zu den bekanntesten Fernsehgesichtern des Landes. Entsprechend häufig wird er auf der Strasse erkannt. «Erstaunlicherweise geschieht es nicht viel weniger oft als früher», freut sich der für Sprachwitz bekannte Kommunikator.

99 von 100 Begegnungen seien angenehm. «Ich staune manchmal, dass die Leute besser wissen als ich, was ich gesagt habe und mich zitieren.» Seine Reaktion sei dann jeweils: «Wow! Verglichen mit Goethe, Schiller und Einstein hat man wenig hinterlassen, aber ein Satz aus einer News-Sendung ist einem Menschen auf seinem Sofa geblieben, immerhin.» Das Rampenlicht vermisst Klapproth nicht unbedingt, obwohl er zugibt: «Adrenalin ist meine Lieblingsdroge und die Einzige, die ich konsumiere. Das würde ich wahrscheinlich vermissen.» Als Ersatzdroge dienen ihm nun Livebühnen vor Fachpublikum.

Es kommt auf den Tag an

Stephan Klapproth betreibt ein eigenes Kleinstunternehmen zusammen mit seiner Frau. «What's your point?» heisst die Firma und bezweckt «Wissens-Management». Klapproth wird dabei als Moderator gebucht, häufig für Kongresse zu den Themen Digitalisierung und Gesundheitswesen oder für die Finanzwirtschaft. Seine Frau kümmert sich um Planung, Organisation und inhaltliche Recherche. «Sie macht das brillant», sagt Klapproth, der dank ihr den Rücken frei hat und vorausschauend fokussieren kann, was ansteht. Denn zu seinen Arbeitsfeldern zählt seit Jahrzehnten auch die Dozententätigkeit an diversen Universitäten.

«Sitzungen, bei denen man einfach dabei ist, um informiert zu sein, was abläuft, vermisse ich überhaupt nicht.»

«Es gibt mehr Lehraufträge als früher», erzählt der studierte Politologe, der für journalistische Master in Genf und Neuenburg doziert sowie bei den Historikern an der Uni Zürich. «Der vielleicht schönste Lehrauftrag ist an der ETH», sagt Klapproth, der dort als Kommunikationsausbildner Architekten unterrichtet. So etwas gab es früher noch nicht und deshalb musste der erfahrene Medienmann selbst ein Curriculum schreiben, in dem er journalistische und rhetorische Werkzeuge spezifisch für Architekten anpasst. Mit einem Chefarzt aus Aarau fanden schon Vorgespräche statt, etwas ähnliches für Mediziner aufzuziehen.

Leichtfüssig unterwegs

«Ich geniesse es, nun mehr Spielraum und Zeit zu haben, grössere Projekte auf noch breiteren Gebieten machen zu können», freut sich Klapproth. «Ich habe gleitend ein eigenes kleines Business aufgebaut und meine Zeit beim Fernsehen über die Jahre von 100 auf knapp 50 Prozent reduziert». Nach «10vor10» moderierte er noch rund zwei Jahre lang die Sendung «Sternstunde Philosophie». Seit Herbst 2016 ist Stephan Klapproth nicht mehr beim SRF und dadurch viel leichtfüssiger unterwegs, weil er nicht mehr in einen strikten Rahmen eingebunden ist.

«Sitzungen, bei denen man einfach dabei ist, um informiert zu sein, was abläuft, vermisse ich überhaupt nicht.» Aus seiner Fernsehzeit fehle ihm höchstens die Zusammenarbeit mit dem Nachwuchs am Desk. Durch seine Uni-Tätigkeit hat Klapproth zwar noch Kontakt mit jungen Leuten, «aber mit Jungen Journalismus zu betreiben, war im Adrenalinrausch besonders schön».

Kniffliger Spass

Während seiner Gymnasialzeit war Stephan Klapproth Journalist beim «Luzerner Tagblatt». In diesem Sinn hat er mittlerweile wieder einen Schritt zurück zum Ursprung gemacht. Für die «NZZ am Sonntag» schreibt er Medienkritiken in Kolumnenform. Dafür könne er sich dank der Planung seiner Frau gezielt Zeit nehmen. Frühere Anfragen für Kolumnen habe er immer abgelehnt, «weil sich das in diesem extrem dichten Arbeitsplan mit so vielen News-Einsätzen jedes Mal angefühlt hätte wie ein Damoklesschwert, das schon halb durch den Hals ist.»

«Ich schaue viel weniger Nachrichten als früher, leiste mir den Luxus, die für mich spannenden Inputs zeitversetzt zu schauen.»

Bei seiner jetzigen Kolumne liege die Herausforderung vor allem in der Kürze – und seinem eigenen Anspruch. Stephan Klapproth hat sich die Latte gesetzt, in 1800 Zeichen eine kleine Story, einen Hauptgedanken und ein Argument zu verpacken. «Das ist fast so wie ein Rubik-Würfel, wo man alle Farben auf eine Seite bringen muss – es ist knifflig und macht unglaublich Spass.» Er brauche ein Thema, die Grundidee und den Einstiegssatz, «dann läuft es. Ich bin immer noch schnell», sagt der jahrelang trainierte Fernsehjournalist. «Ich geniesse es, mich wieder auf einem neuen Gebiet zu entwickeln und das Format richtig in den Griff zu bekommen.»

Zeit für Kulturelles

Zurück zum Fernsehen möchte Stephan Klapproth nicht unbedingt. Spannender fände er es, Formate zu entwickeln, um Webseiten-Inhalte mit attraktiven Video-Erklärstücken zu vermengen. Er habe einiges Know-how im visuellen Kommunizieren, sagt der 60-jährige. «In Zusammenarbeit mit Zeitungen neue Dinge zu probieren, könnte mich reizen.». Hin und wieder sucht er sich einen Vorwand, um bei seinem Kolumnenherausgeber Redaktionsluft zu schnuppern und Diskussionen anzuregen. Trotzdem hat er heute viel mehr Abstand zur News-Welt.

«Ich schaue viel weniger Nachrichten als früher, leiste mir den Luxus, die für mich spannenden Inputs zeitversetzt zu schauen.» Dafür kann er nun Beschäftigungen nachgehen, die er in seiner Fernsehzeit vernachlässigte – vor allem Kulturelles. «Gerade habe ich wieder vereinbart, in Luzern mit dem Seniorenorchester das Neujahrskonzert im Luzerner Theater zu bestreiten.» Dazu redet Klapproth über die Musik und macht einen satirischen Jahresrückblick. «Das ist das Theater meiner Kindheit. Es war immer ein Traum, auf dieser Bühne zu stehen.»

Wiederentdeckte Passion

Wünsche hat sich Stephan Klapproth schon einige erfüllt. Früher war es das Fliegen. «Das war viele Jahre lang ganz toll, aber mit zunehmendem Alter wird man vernünftiger», sagt Klapproth und führt aus, dass er heute mit den gesetzlich geforderten zwölf Flugstunden pro Jahr nicht mehr wirklich ruhig am Steuerknüppel sässe. «Da müsste ich deutlich mehr trainieren, um mich auch im Pannenfall sicher zu fühlen.» Dafür hat er eine Passion aus der Kindheit wiederentdeckt. Aufgewachsen im Horwer Winkel, war er als Kind oft auf dem See. Nun ist er begeisterter Kajakfahrer.

«Ich habe eine Kajak-Flotte mit verschiedenen Kajaks zum Reisen.» Mindestens dreimal die Woche ist er auf dem Zürichsee, egal, ob es schneit oder die Sonne scheint, egal, bei welcher Tages- oder Jahreszeit. «Auf dem See ist es bei jedem Wetter schön. Da kann ich Stunden verbringen», schwärmt Klapproth, der auch deshalb in Meilen wohnt. Sein Lebensmittelpunkt ist seit Langem im Raum Zürich.

Auf den Vierwaldstättersee oder nach Luzern verschlägt es den Kosmopoliten selten. «Seit leider meine Mutter vor gut einem Jahr gestorben ist, gehe ich nicht mehr so oft nach Luzern.» Trotzdem fühle er sich hier immernoch sofort zu Hause. Zum Beispiel, wenn er als Hobby-Sänger und Gitarrist mal herkommt, um mit alten Freunden Folkmusik zu spielen.

Ein Sprinter vor dem Marathon

«Ich geniesse es besonders, jetzt nur noch einzelne Projekte zu machen, wo man sehr konzis und motiviert an ganz konkreten Dingen arbeitet und dann zum Nächsten schreitet», freut sich Klapproth. «Es fühlt sich anders an als früher – aber immer noch intensiv.» Bisher noch offen geblieben sind Anfragen von Verlagshäusern für Bücher, vor allem für Reflexionen zu Medien und Demokratie. Solche Projekte sind für Klapproth Respekt einflössend.

«Als Sprinter, der ein Berufsleben lang maximal Mittelstrecke lief, beeindruckt mich ein Buch noch sehr.» Deshalb schiebe er es vor sich her und sagt sich: «Jetzt gehe ich dann drei Wochen ans Ende der Welt und knalle mal etwas hin.» Mit seiner Kolumne hat er immerhin schon Blut geleckt fürs Schreiben. «Das macht schon viel Freude», sagt Klapproth, der das Buchprojekt weit oben auf seiner virtuellen To-do-Liste stehen hat. «Mit einem orange leuchtenden Kleber versehen.»

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