Berufswahl

«Ich habe Angst, den falschen Entscheid zu treffen»

Junge Mädchen tun sich oft schwer bei der Berufswahl. (Bild: Stockphoto/Mark Rose)

Mit 13 oder 14 Jahren haben Mädchen und Buben in der Regel viel mit sich selbst zu tun. Gerade in dieser Zeit müssen sie sich aber mit wegweisenden Fragen beschäftigen: Welcher Beruf ist der richtige für mich? Wie bekomme ich den Fuss in die Tür eines Unternehmens? Wo finde ich optimale Unterstützung? Viele junge Luzernerinnen und Luzerner sind überfordert. Die Eltern wirken ratlos.

Das Erwachsenenwerden ist kein Schleck. Wenn ein Mädchen zur Frau wird oder ein Junge zum Mann, dann sind Geist und Körper Höchstleistungen ausgesetzt. Auf den Pubertierenden kommen viele Schwierigkeiten zu. Zoff mit den Eltern, Probleme in der Schule, erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht. Dass ausgerechnet in dieser schwierigen Zeit auch noch nüchterne und sachliche Entscheidungen getroffen werden müssen, überfordert die meisten Schüler und Schülerinnen.

Kenneth ist 14 Jahre alt. Er geht in die zweite Sekundarschule im Schulhaus Utenberg in Luzern. Angesprochen auf die bevorstehende Aufgabe sagt er: «Ich habe Angst, dass ich mich für die falsche Berufslehre entscheide.» Seine Klassenkameradin Lara steht daneben und nickt. Sie ist zwar erst 12 Jahre alt, man merkt ihr aber an, wie viel Kummer ihr die Situation schon heute macht: «Viele Betriebe sagen, man sei ungeeignet. Ich habe Angst, dass ich nichts finde.»

Den sanftesten Einstieg in die Berufswelt bietet immer noch die altbewährte Schnupperlehre. So erfahren die jungen Leute, ob ihnen ein Job gefällt. Im besten Fall können sie erste, wichtige Kontakte knüpfen oder sogar einen Lehrvertrag unterzeichnen. Der Haken dabei: Selbst die Schnupperlehrstellen sind heute schwer zu bekommen. Wo man früher mal bei der Firma um die Ecke klingeln konnte, wird heute eine schriftliche Bewerbung verlangt. «Das finde ich zwar keine schlechte Sache», sagt Peter Hofstetter, Lehrer der 2. Sekundarschule im Utenberg. «So muss man sich grundlegend mit der Berufswahl und der Thematik beschäftigen. Das heisst, man kann es eins zu eins üben und dann später bei der Bewerbung für eine richtige Lehrstelle profitieren.»

200 Lehrberufe im Kanton Luzern

Die Wirtschaft geniesst den Vorzug, Lehrlinge mit einem kritischeren Auge auswählen zu können als früher. Trotzdem muss man den Betrieben im Kanton Luzern zu Gute halten, dass sie eine sehr grosse Ausbildungsbereitschaft an den Tag legen. Im letzten Jahr wurden im Kanton 4613 Ausbildungsplätze besetzt. Das ist ein Rekord. Und es könnte noch besser kommen: Für diesen Sommer sind insgesamt 4963 Lehrstellen frei, davon sind bislang bereits 3800 vergeben.

Natürlich werden die jungen Menschen bei der wichtigen Entscheidung vom Staat nicht alleine gelassen. Den Oberstufenschülern in Luzern steht mit dem BIZ (Bildungs-Informationszentrum) eine professionelle Beratung zur Seite. Gerhard Jokiel vom BIZ sagt: «Es geht primär darum, dass wir die verschiedenen Perspektiven zusammen ausarbeiten können. In der Regel gehen die Jugendlichen nicht nur mit einem Beruf im Kopf aus dem Beratungsgespräch. Sondern mit zwei, drei oder sogar vier Alternativen.» Insgesamt werden im Kanton Luzern gut 200 verschiedene Lehrberufe angeboten. Eine immense Zahl.

Auch die Schulen selbst bieten Hilfe an. Vor allem dann, wenn der Entscheid der Berufsrichtung schon getroffen ist. Mit Rollenspielen werden Schüler auf Bewerbungsgespräche vorbereitet. Dabei geht es darum, dass die Jugendlichen lernen, ihr Potenzial richtig einzuschätzen.

20 Prozent der Schulabgänger sind noch nicht so weit

Einen wichtigen Part leisten auch die Eltern. Sie bieten ihren Kindern zuhause moralische Unterstützung und versuchen sie zu animieren. Im Gespräch spürt man aber, wie sehr sich die Eltern Sorgen machen. Vielen Kindern fehle es schlicht an Motivation. «Sie werden dazu aufgefordert, selber zu entscheiden», sagt Luzia Weber, Mutter einer 14-jährigen Tochter. «Das funktioniert nicht immer. Der Druck wurde in den letzten Jahren grösser.»

Der Lehrer Peter Hofstetter ist da anderer Meinung: «Die Motivation sehe ich nicht als Problem. Die Schüler werden mittlerweile einfach viel früher eingeschult. Man merkt dies extrem. Ich selbst war am Gymnasium und kenne diesen Druck nicht. Aber ich finde es gewaltig, was die Kinder leisten müssen.»

Wenn man einen Blick auf  die Auswertungen der letzten Jahre wirft, versteht man den Ansatz von Hofstetter: Gut 20 Prozent der Schulabgänger verfügten nicht über die notwendigen Voraussetzungen für einen direkten Einstieg in die Berufswelt.

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