Luzern: Die Steinenstrasse ist in heller Aufruhr

Hotelneubau geplant – Anwohner fürchten «Monsterklotz»

Die beiden denkmalgeschützten Gebäude zwischen Zürichstrasse und Steinenstrasse sollen einem Neubau weichen.

(Bild: lwo)

Der Plan eines Hausbesitzers sorgt für Aufruhr. Das Masala und das Lion Lodge zwischen Zürich- und Steinenstrasse sollen einem neuen Hotel weichen. Ein Neubau in der Schutzzone ist nicht unmöglich, sagt die Stadt, einfach werde es aber nicht. Einige Anwohner laufen jedoch bereits jetzt Sturm.

Die Steinenstrasse – parallel zur viel befahrenen Zürichstrasse – ist einzigartig in der Stadt Luzern. Individuell statt kommerziell, Vielfalt statt Einheitsbrei, bunt statt grau – auf diesem Flecken der Stadt tickt die Zeit etwas anders. Das könnte sich allerdings ändern.

Beim indischen Restaurant Masala und dem Lion Lodge Hostel ganz am unteren Ende der Steinenstrasse wurde ein Baugespann montiert. Und dieses ragt zwei Stockwerke höher als das bisherige Gebäude. Öffentlich liegt das Baugesuch noch nicht auf – auf der Webseite der Stadt ist dieses für Freitag angekündigt. Aufschlussreich ist allerdings die Ankündigung: «Gegenstand: Neubau Hotelgebäude».

Die Bauherren scheinen also vorzuhaben, die beiden Gebäude abzureissen und ein neues Hotel zu errichten. Der Besitzer des Lion Lodge hat mit zentralplus über das Projekt gesprochen. Öffentlich äussern will er sich allerdings erst, wenn das Gesuch definitiv aufliegt. Erst dann kann sich auch die Bevölkerung ein Bild über das Bauvolumen, die Architektur, das Design oder die Investitionskosten machen. zentralplus wird sich das Gesuch auf alle Fälle genauer anschauen und darüber berichten.

Das neue Hotel soll zwei Stockwerke höher werden.

Das neue Hotel soll zwei Stockwerke höher werden.

(Bild: lwo)

Anwohner sind fassungslos

In einer E-Mail, welche zentralplus vorliegt, sind die Anwohner von Bauherren über das Bauvorhaben informiert worden. Es soll ein neues Drei-Sterne-Hotel gebaut werden. Man habe sich schon länger damit beschäftigt, wie man die grossen Mängel an den Gebäuden beheben könne. Da sei diese Idee gereift, heisst es seitens der Eigentümer.

«Bisher sind wir verschont geblieben vom Immobilienwahn, der in breiten Teilen der Stadt grassiert.»

Bewohnerin der Steinenstrasse

Das Vorhaben stösst in der Steinenstrasse allerdings nicht auf Begeisterung. Im Gegenteil: Eine Anwohnerin, die anonym bleiben will, fasst zusammen: «Das ist eine Katastrophe.» In der Strasse wisse man derzeit gar nicht so recht, wie man mit der Nachricht umgehen soll. «Es ist eine Mischung zwischen Fassungslosigkeit, Entsetzen und Konsternation.»

Die Anwohnerin erklärt, die Steinenstrasse sei ein besonderer Fleck mit speziellen Leuten. «Es ist etwas für Liebhaber. Wir pflegen ein spezielles Strassenleben, jeder kennt sich.» Diese Einzigartigkeit offenbare sich auch durch die farbigen Häuser. «Bisher sind wir verschont geblieben vom Immobilienwahn, der in breiten Teilen der Stadt grassiert.» Und das solle auch so bleiben. Besonders das Wandbild am Ende der Strasse beim Radio 3fach liege ihr am Herzen. Sie befürchtet, dass es hinter dem geplanten «Monsterklotz» nicht mehr zur Geltung kommen könnte.

Am Ende der Steinenstrasse befindet sich ein grosses Wandbild.

Am Ende der Steinenstrasse befindet sich ein grosses Wandbild.

(Bild: lwo)

Stadt erklärt: «Abbruch nicht unmöglich»

In der Bau- und Zonenordnung ist die Steinenstrasse der Ortsbildschutzzone B zugeteilt. Darin befinden sich erhaltenswerte Stadtelemente und städtische Ensembles. Markus Hofmann, Leiter des Ressorts Baugesuche der Stadt Luzern, bestätigt, dass bereits ein Kontakt mit den Gesuchstellern stattgefunden hat. «Erst jetzt, wo das definitive Gesuch vorliegt, können wir dieses umfassend und abschliessend prüfen.»

«Einfach so geht das sicher nicht.»

Markus Hofmann, Leiter Ressort Baugesuche

Dass die zwei Gebäude in der Schutzzone B liegen, hat keinen Einfluss auf das Verfahren. «Wie bei allen anderen Bauvorhaben auch können nun Einsprachen gemacht werden, etwa durch die Nachbarn», erklärt Hofmann. In der Vernehmlassung würden gleichzeitig Stellungnahmen von verschiedenen Amtsstellen wie etwa der Denkmalpflege eingeholt. «Danach können wir unter Berücksichtigung aller Stellungnahmen und allfälliger Einsprachen beurteilen, ob das Projekt die rechtlichen Grundlagen erfüllt oder nicht.»

Was in der Schutzzone B erlaubt ist und was nicht, wird in der Bau- und Zonenordnung der Stadt Luzern geregelt. Dort heisst es:

 

Hofmann präzisiert: «Ein Gebäude abbrechen und neu bauen ist nicht partout unmöglich, jedoch ist ein solches Vorgehen an Bedingungen geknüpft.» Jedoch bestätigt Hofmann auch, dass die Hürden dazu hoch sind. «Die Neubauten müssen sich ins Quartierbild einfügen.» Neubauten in der Schutzzone B gäbe es demnach selten. «Einfach so geht das sicher nicht», so sein Fazit.

Kommt ein Stein ins Rollen?

Fix Elsasser besitzt einen Betrieb für Natursteinarbeiten in der Steinenstrasse. Auch für ihn ist das geplante Projekt höchst fragwürdig. «Es geht doch nicht, dass man intakte Häuser abreissen will.» Er habe selbst Häuser renoviert, die auch in der Schutzzone B liegen: «Da machte die Stadt jeweils riesiges Theater. Ich würde es jenseits finden, falls dieses Projekt jetzt bewilligt werden sollte. Das würde etlichen Aussagen der Stadt aus der Vergangenheit widersprechen», so Elsasser.

«Es wäre der Anfang vom Ende.»

Fix Elsasser, Bewohner der Steinenstrasse

Die Steinenstrasse ist in seinen Augen einzigartig und verfügt über enormen Charme, wie er sagt. «Es wäre der Anfang vom Ende, sollten diese zwei Häuser zwischen Steinen- und Zürichstrasse einem Neubau weichen. Plötzlich könnten alle Hausbesitzer ähnliche Interessen geltend machen.» Deshalb ist Elsasser auch gewillt, Widerstand zu leisten. «Ich überlege mir, eine Einsprache zu machen, wenn mir beim Bauvorhaben Sachen auffallen, die nicht schutzzonenkonform sind», hält er fest.

Hinweis: In einer Reihe stellte zentralplus Strassen und Gassen Luzerns vor. Darunter auch die Steinenstrasse: 190 Kilogramm Farbe gegen die Wut.

 

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