Modelleisenbahn auf 500 Quadratmeter

Horws Miniaturwelt wagt den Sprung ins digitale Zeitalter

Peter von Rohr (links) und Franz Eichmann (rechts) arbeiten derzeit an der Digitalisierung der Anlage. (Bild: cbu)

Im Zentrum von Horw steht eine der grössten Modelleisenbahnanlagen der Schweiz. Der Club, der sie betreibt, hat die Coronazeit genutzt, um die Anlage auf Vordermann zu bringen. Bald rollen 50 Züge vollautomatisiert über das kilometerlange Streckennetz – eine Arbeit, die viel Zeit und Erfindergeist benötigt.

Mitten in Horw führt in einem unscheinbaren Häuserblock eine Wendeltreppe hinab in eine unterirdische Welt voller Berge, Dörfer, Flüsse und Städte. Was klingt wie ein Hohlwelt-Szenario von Fantasyautoren wie Edgar Rice Burroughs oder Jules Verne, ist in Tat und Wahrheit eine der grössten Modelleisenbahnanlagen der Schweiz.

Im Kellergeschoss an der Kantonsstrasse 71 in Horw treffen wir Peter von Rohr, der hier seit Gründung der Anlage im Jahr 2000 grosse Teile seiner Freizeit verbringt. Auf 500 Quadratmetern fahren Dutzende Züge durch allerlei Landschaften, viele fiktiv, andere, wie beispielsweise der Dorfkern von Horw, der Realität nachempfunden. «Die Anlage befindet sich gerade im Umbau», warnt von Rohr gleich mal vor.

Ein dreidimensionales Wimmelbild

Den Lockdown haben er und seine Kameraden vom Modelleisenbahn-Club Kirchmättli Horw nämlich genutzt, um den Modell-Betrieb vom analogen ins digitale Zeitalter zu hieven. Heisst konkret: statt über manuell bediente Trafos sollen die Züge, Stellwerke und Beleuchtungen digital programmiert und gesteuert werden können. Bequem vom Kontrollzentrum oder vom Smartphone aus.

Von Rohr führt uns durch das mit verspielten Details vollgepackte Modell-Paradies. Wie bei einem Wimmelbild gibt es überall etwas zu entdecken, sei es ein Autounfall auf einer Überlandstrasse, Bungee-Springer an einer Bergklippe oder eine freizügige Dame auf dem Balkon eines Hochhauses.

«Jeden Donnerstag treffen wir uns hier. Dann ist Bauabend», erklärt von Rohr. «Die pensionierten Herren in unserer Gruppe kommen auch unter der Woche, wenn sie gerade Lust und Zeit haben.» Seit 2000 ist die Anlage stetig gewachsen und verändert worden. Gegründet wurde sie von Ronald Niggli, der heute das Loki Depot Horw – ein Fachgeschäft für Modelleisenbahnen – führt und den Club mit Rollmaterial im Kleinformat beliefert.

3,5 Stunden für eine Runde

Der Aufwand, der hinter der Anlage steckt, ist immens – nicht nur im Hinblick darauf, was sich auf der Oberfläche befindet, sondern auch darunter und dahinter. Die gesamte Miniaturwelt ist durch bodennahe Türen zugänglich, um von unten her Reparaturen vorzunehmen oder einzelne Bereiche anzuheben, um die Anlage reinigen zu können.

Auf den Strassen selbst wurden Drähte verlegt, damit magnetische Busse und Autos dem Strassenverlauf folgen, Innenräume der Häuser und Strassenlaternen können auf Wunsch beleuchtet und gedimmt werden. Die bis zu 50 Modelleisenbahnen im H0 und H0N-Massstab folgen einem kilometerlangen Schienensystem.

«Ein Zug braucht für eine Rundfahrt rund 3,5 Stunden», erklärt uns von Rohr. «Er fährt dabei eine Strecke von über 4,5 Kilometern.» Und das nicht nur stur geradeaus, sondern auch in Schlaufen über oder gar durch Berge.

Mitglieder gesucht!

Gebaut und getüftelt wird im Kollektiv. Hier kommen auch die Fähigkeiten der einzelnen Clubmitglieder zum Tragen. «Wir haben zwischen 12 und 15 Leute im Club. Mehrheitlich ältere Männer aus allen möglichen Berufen», sagt von Rohr. Vom Architekten bis zum Schreiner, Maler oder Elektriker – wie Peter von Rohr – ist alles vorhanden. Allen Clubmitgliedern ist die Freude am Basteln, Tüfteln und Modelleisenbahnen gemein. «Hier kann man sich mit Freunden und Gleichgesinnten austoben», so von Rohr. Gearbeitet wird ausschliesslich ehrenamtlich.

«Eine Modelleisenbahn-Anlage ist nie fertig.»

Peter von Rohr, Mitglied Modelleisenbahn-Club Kirchmättli Horw

Die eingeschworene Truppe ist aber keine geschlossene Gesellschaft. «Wir sind immer froh um neue Mitglieder. Gerade suchen wir jemanden, der sich mit Elektrik und Programmieren auskennt.» Neue Mitglieder werden nach einem Jahr Probezeit aufgenommen – oder nicht. «Die Chemie muss stimmen. Uns ist Kollegialität ebenso wichtig wie die Mitarbeit.»

Corona-bedingt noch geschlossen

Unser Rundgang endet schliesslich hinter den Kulissen in der Werkstatt, wo defekte Züge repariert und Landschaften gebaut, bemalt und begrünt werden. Die Werkstatt, Anlage, Küche und der Eventraum umfassen insgesamt 750 Quadratmeter. Finanziert wird der Betrieb über Events, Führungen, Mitgliederbeiträge oder Sponsoren.

Derzeit ist die Anlage für die Öffentlichkeit Corona-bedingt noch nicht zugänglich. «Das spielt uns in die Hände, denn so haben wir Zeit und Platz, um alles auf Vordermann zu bringen.» Trotzdem freut sich der Club, wenn die Pforten in die Unterwelt im Kleinformat wieder geöffnet werden können. «Sobald es die Situation wieder erlaubt, werden wir wieder Anlässe und Apéros durchführen.»

Bis es aber so weit ist, wird noch fleissig gebaut und programmiert, denn nebst der Digitalisierung gibt es auch auf der Anlage selbst noch einiges zu tun. «Als Nächstes steht ein richtiger Wasserfall auf dem Programm. Auch andere Teile der Anlage, wie beispielsweise die Rigibahn oder eine Kilbi sind noch nicht fertig.» Aber «fertig» ist ein Wort, das der Modelleisenbahn-Club generell nicht kennt, denn fertig sei eine solche Anlage nie, betont Peter von Rohr.

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