Fünf neue Stadträte auf einen Schlag

Historischer Umbruch: So startet Kriens in die neue Polit-Ära

Der neue Krienser Stadtrat (von links): Marco Frauenknecht, Cla Büchi, Maurus Frey, Christine Kaufmann-Wolf, Roger Erni. (Bild: bic)

Nach dem politischen Knall bei den Wahlen haben in Kriens die fünf neuen Stadträte ihre Arbeit aufgenommen. Trotz grossen Herausforderungen betonen sie: Der frische Wind soll mehr sein als ein leeres Wahlversprechen. zentralplus hat dem Quintett am zweiten Arbeitstag den Puls gefühlt.

Es ist ein spezieller Start im Krienser Stadtrat. Da ist niemand, der die Brücke zur Vergangenheit schlägt. Niemand, der weiss, was in den früheren Sitzungen der Exekutive besprochen wurde. Niemand mit Erfahrung in diesem Amt.

Grund ist das politische Erdbeben von diesem Frühling. Die Stimmbevölkerung hat sich überraschend deutlich für einen Neuanfang ausgesprochen. Für die Bisherigen setzte es im ersten Wahlgang eine veritable Schlappe ab. Danach nahmen sie sich reihum aus dem Rennen, oder wo nicht, wurden abgewählt (zentralplus berichtete).

Es ist darum auch ein historischer Moment, wenn diesen Donnerstag gleich fünf neue Stadträte in ihrem Amt vereidigt werden. Sie alle bringen zwar als Einwohnerrat, Kantonsrätin oder Parteipräsident politische Erfahrung mit, aber nicht in einer Exekutive. Wie funktioniert das, wenn ein Gremium komplett ausgewechselt wird?

Mehr als ein Wahlversprechen

Besuch im Stadthaus am Mittwochvormittag, die Medien sind zum Gespräch geladen. Der Stadtrat tagt noch im Sitzungszimmer, auf dem Tisch stapeln sich grüne Ordner und zentimeterdicke Papierstapel, der eine oder andere Kopf scheint zu rauchen, wie ein Blick durch die Glasscheibe zeigt. Soeben hat das Quintett im Eilzugstempo einen ersten Überblick zur Finanzlage erhalten, die bekanntlich nicht sonderlich rosig aussieht.

Stadtpräsidentin Christine Kaufmann-Wolf (CVP). (Bild: bic)

«Nein, auf die Stimmung geschlagen hat es nicht», versichert Finanzvorsteher Roger Erni (FDP) beim anschliessenden Kaffee. «Grabenkämpfe gibt es noch keine, das wollen wir auch nicht», sagt Marco Frauenknecht (SVP). «Alle sind sehr motiviert», versichert Stadtpräsidentin Christine Kaufmann-Wolf (CVP).

Schnell zeigt sich: Der neue Krienser Stadtrat will sein Wahlversprechen, frischen Wind in die Politik zu bringen, halten. Gemeinsam am selben Strick ziehen, zum Wohle der Stadt, so lautet das Credo.

Der Neuanfang sei ein grosser Vorteil, sagt Maurus Frey (Grüne), die Stimmung sehr befreit. «Wir fallen nicht in operative Tiefen, sondern bleiben auf unserer Flughöhe.» Cla Büchi (SP) pflichtet ihm bei. «Niemand sagt: So machen wir es, weil wir es schon immer so gemacht haben.»

Verwaltung spielt eine wichtige Rolle

Die Sorge, dass mit dem totalen Bruch viel Erfahrung verloren geht, ist im Wahlkampf hie und da zu hören gewesen. Diese Brücke muss nun die Verwaltung schlagen.

Maurus Frey, neuer Bau- und Umweltvorsteher (Grüne). (Bild: bic)

Ohnehin spielt die Verwaltung eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, die verloren gegangene Erfahrung im Stadtrat zu überbrücken. «Die Abteilungsleiter sind für uns enorm wichtig», sagt Sozialvorsteher Cla Büchi (SP). Bei diesen 17 Personen, und bei den insgesamt rund 180 Mitarbeitenden der Verwaltung, sei das Fachwissen angesiedelt.

«Für uns geht es nun darum: Zuhören, Know-how sammeln und gemeinsam auftreten», fasst Roger Erni zusammen. Er hofft, dass der Stadtrat diese «neue Kultur» der Zusammenarbeit in die Abteilungen hineintragen kann.

Cla Büchi, neuer Sozialvorsteher (SP). (Bild: bic)

Dass die Verwaltung eine zu starke Macht erhält, glaubt Christine Kaufmann nicht. «Wir Stadträte sind alle fünf eigenständige Persönlichkeiten», sagt sie. Es gebe bislang auch keine Anhaltspunkte, dass jemand das aktuelle Vakuum ausnützen wolle, ergänzt Cla Büchi.

Aber man spüre die Erwartungen, sagt die Stadtpräsidentin. «Jedoch im positiven Sinne.» 

Ein Mittagessen zum Abschied und Start

Die erste Woche des neuen Stadtrates ist dicht durchgetaktet. Die Rede ist von einem Stundenplan, der vom Finanzunterricht über das Personalfest bis hin zur offiziellen Vereidigung am Donnerstag ebenso abwechslungsreich ist wie in der Schule.

Diesen Montag fand zudem ein gemeinsames Mittagessen mit den fünf bisherigen und den fünf neuen Stadträten statt. Die Übergabe in den einzelnen Departementen habe sehr individuell und unterschiedlich stattgefunden, sagt Kaufmann. Das sei nicht immer einfach gewesen, hört man zwischen den Zeilen, denn hie und da sass die Enttäuschung über das Wahlergebnis bei den bisherigen Stadträten tief.

Finanzvorsteher Roger Erni (FDP). (Bild: bic)

Trotzdem sei über alles gesehen das Wohl von Kriens im Zentrum. Bildungs- und Kulturvorsteher Marco Frauenknecht, der die SVP zurück in die Exekutive bringt, hat sich zum Beispiel bereits vor den Sommerferien mit seiner (abgewählten) Vorgängerin Judith Luthiger getroffen. «Es war konstruktiv und kollegial, das Parteigeplänkel spielte überhaupt keine Rolle, alles in allem sehr vorbildlich und professionell», lobt er die SP-Frau.

Die Rolle des Stadtschreibers

Als Scharnier zwischen Verwaltung, Einwohnerrat und Stadtrat nimmt auch Stadtschreiber Guido Solari eine zentrale Funktion ein. Er ist an den Stadtratssitzungen dabei, und damit der Einzige, der weiss, wie es vorher war. Dass er deswegen mächtiger geworden ist, möchte er nicht behaupten. «Die fünf Stadträte sind allesamt erfahrene Politiker und keine unbeschriebenen Blätter. Und wir fangen auch nicht auf der grünen Wiese an», sagt er.

Sein Job sei es, sie an die Abläufe heranzuführen – und den macht er am besten, wenn seine Rolle schnellstmöglich wieder weniger wichtig wird.

Bildungs- und Kulturvorsteher Marco Frauenknecht (SVP).

Auch er sieht im Neuanfang einige Vorteile. Zum Beispiel, dass der Gesamtstadtrat diese Woche eine umfassende Einführung durchläuft. Etwas, das nicht geschieht, wenn nur einer oder zwei Neue dabei wären. Zudem biete die aktuelle Situation die Chance, bestehende Abläufe zu hinterfragen und über Bord zu werfen, sagt Solari, der seit 13 Jahren im Amt ist und manchen Wechsel erlebt hat – aber noch keinen in diesem Ausmass.

Ob die Stimmung im neuen Gremium anders ist? Solari bleibt diplomatisch, und sagt, für eine Antwort sei es noch zu früh. «Aber ich spüre den Willen zum Aufbruch und zu Veränderung.»

Der vielzitierte frische Wind, er weht also nun durch das neue Krienser Stadthaus. Allen ist aber bewusst: Ob er nachhaltig für eine Erfrischung sorgt oder zum lauen Lüftchen verkommt, müssen die fünf Neuen in der Sache beweisen. Möglichkeiten dazu gibt es früh genug.

Stadtschreiber Guido Solari. (Bild: bic)
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Joseph de Mol
    Joseph de Mol, 03.09.2020, 13:54 Uhr

    Finanzvorsteher und Säckelmeister Erni mag viele und bunte Aufkleber auf dem Notebook scheinbar ganz gerne. Der äussert saloppe und mehr als nur casual anmutende Kleidungsstil, wirkt jetzt auf mich nicht gerade magistral oder dem Amt entsprechend angepasst. Haben die Grünen unter Mode-Urvater Joschka Fischer bereits den Gesamtstadtrat von Kriens mit schlechtem und muffigem Kleidungsstil infiltriert? Oder folgt auf den Finanzzerfall nun auch noch der sittliche Niedergang?

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  • Profilfoto von Angela Sidler
    Angela Sidler, 02.09.2020, 18:51 Uhr

    Mit Abstand halten scheinen es die neuen Räte ja nicht so genau zu nehmen…

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    • Profilfoto von Kasimir Pfyffer
      Kasimir Pfyffer, 02.09.2020, 21:47 Uhr

      Das Virus kann dänk lesen und lässt alles innerhalb der Krienser Ortsschilder in Ruhe. Das weiss die neue Regierung, denn die alte hat es ihr gesagt (vgl. Wahl-Bilder von der Dachterrasse).

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