Was die Kälte für Luzerner Hobbygärtner bedeutet

Hilfe, meine Kräuter schlottern dem Tod entgegen – was nun?

Nicht jeder Rosmarin trotzt dem zurückgekehrten Winter gleich gut.

 

(Bild: André P. Meyer-Vitali/Flickr)

Mancher Hobbygärtner dürfte bei den frühlingshaften Temperaturen letzte Woche die ersten Kräuter eingetopft haben. Und jetzt mit Schrecken feststellen, dass der Winter zurückkehrt. Was hilft gegen erfrorenen Basilikum und vereiste Tomatenstauden? Wir haben einen Experten der Luzerner Stadtgärtnerei um Rat gefragt – und erfahren: Rosmarin ist nicht gleich Rosmarin.

Ein Vorbote des Frühlings besuchte letzte Woche Luzern. Milde zwölf Grad zeigte das Quecksilber an, hie und da wagte sich bereits der erste im T-Shirt auf die Strasse. Und bei manch einem dürfte der Hobbygärtner zum Vorschein gekommen sein. Kein Wunder: Gibt’s im Detailhandel doch bereits die ersten Kräuterpflanzen im Sonderangebot. 

Doch Caprese-Liebhaber, die ihren Basilikum bereits auf dem Balkon angelegt haben, werden für ihren Optimismus böse bestraft. Die Rückkehr des Winters und die frostigen Temperaturen setzen den sanftmütigen Pflänzchen zu. Was hilft gegen den Kältetod? Und worauf sollte man im hauseigenen Beet achten? Wir haben bei Christoph Schoch, Leiter zentrale Dienste bei der Stadtgärtnerei Luzern, nachgefragt.

zentralplus: Christoph Schoch, mancher Hobbygärtner dürfte angesichts der frühlingshaften Temperaturen letzte Woche bereits Kräuter nach draussen gestellt haben. Denen droht nun der Kältetod, oder?

Christoph Schoch: Man unterscheidet grundsätzlich zwischen einjährigen Kräutern, die jeweils im Winter eingehen, und mehrjährigen Kräutern wie Oregano, Majoran, Thymian, Schnittlauch oder Rosmarin. Letzteren macht die Kälte nichts aus, solange man sie in ein Beet gepflanzt hat und nicht in einem Topf hält. Allerdings kommt es auch drauf an, woher die Pflanze stammt.

zentralplus: Inwiefern?

Schoch: Rosmarin ist nicht gleich Rosmarin. Wenn die Pflanze aus Süditalien kommt und nun in die Schweiz in den Verkauf gelangt, kann sie Schaden nehmen, weil sie die Kälte nicht gewohnt ist. Auch wenn man den Rosmarin in einem warmen Keller überwintert, kann ihn die jetzige Kälte schockieren. So geht es vielen mediterranen Pflanzen: Sie haben sich an unser Klima gewöhnt, aber kommen sie direkt aus dem Treibhaus, macht ihnen die Kälte zu schaffen.

«Pflanzen sind wie Menschen: Sie müssen sich langsam an die Sonne gewöhnen.»

zentralplus: Was kann man tun, wenn man den Basilikum oder den Rosmarin aus Italien bereits gekauft hat?

Schoch: Die mehrjährigen Pflanzen wie der Rosmarin nehmen zwar Schaden, aber erholen sich in der Regel wieder. Basilikum oder Tomaten, die jetzt schon draussen stehen, sind hingegen nicht mehr zu retten.

Christoph Schoch von der Stadtgärtnerei hält fest: Auch wenn Basilikum bereits Aktion ist, wartet man besser ab mit dem Kauf.

Christoph Schoch von der Stadtgärtnerei hält fest: Auch wenn Basilikum bereits Aktion ist, wartet man besser ab mit dem Kauf.

(Bild: zvg)

zentralplus: Man kann den Basilikum auch nicht retten, indem man ihn in die warme Wohnung zügelt?

Schoch: Pflanzen vorübergehend wieder in die Wärme zu stellen, das hilft bei Geranien oder Fuchsien, für die es jetzt ebenfalls noch zu kalt ist. Basilikum ist hingegen nicht nur frostempfindlich, sondern sogar kälteempfindlich – er ist diesbezüglich die Allerschlimmste unter den Pflanzen. Obwohl die Aktionen der Detailhändler alljährlich früher zu starten scheinen: Selbst im April ist es für ihn noch zu früh, geschweige denn jetzt. Darum gilt: Wenn man Basilikum Mitte bis Ende Mai setzt, hat man garantiert den schöneren als jene, die bereits jetzt zuschlagen.

Erwarten uns weisse Ostern?

In der Zentralschweiz bleibt es diese Woche winterlich kalt. Noch bis am Mittwochmorgen können immer wieder Schneeflocken fallen, sagt Cédric Sütterlin vom Wetterdienst Meteonews. «Es ist gut möglich, dass es zeitweise noch etwas weiss ist, aber angesichts der Temperaturen von zwischen 0 und 3 Grad wird der Schnee in tiefen Lagen recht schnell wieder schmelzen.» Die Sonne habe bereits relativ viel Kraft, auch wenn es bewölkt sei.

Viel Sonne erwarte die Zentralschweiz diese Woche aber nicht. Die Tiefstwerte in der Nacht auf Dienstag betragen –2 Grad, auf Mittwoch und Donnerstag werde es gar noch eine Spur kälter mit bis zu –4 Grad. «Zudem geht am Mittwoch eine zügige Bise, wodurch es sich nochmals kälter anfühlt», sagt Sütterlin. Solch kalte Luftmassen in der zweiten Märzhälfte erreichen die Schweiz nur alle zehn bis zwanzig Jahre, so der Meteorologe. «Wir sind am Montag knapp an einem Eistag vorbeigeschrammt, das ist schon relativ aussergewöhnlich.»

Schneefall im März und sogar April ist hingegen nicht unüblich. Kann man also sogar auf weisse Ostern hoffen? Meteorologe Cédric Sütterlin glaubt eher nicht daran. «Auf das Wochenende hin wird es deutlich milder und die Schneefallgrenze steigt.» Es bleibe aber veränderlich, sodass eine Prognose für Ostern zurzeit noch nicht möglich sei.

zentralplus: Das Frühlingswetter macht oft Kapriolen: Macht es der Pflanze nichts aus, wenn ich sie ständig rein- und wieder rausstelle?

Schoch: Allzu oft tut dieser Wechsel der Pflanze sicher nicht gut. Man muss dabei nicht nur auf die Temperatur achten, sondern auch auf die Sonneneinstrahlung. Pflanzen sind da wie Menschen: Sie müssen sich langsam an die Sonne gewöhnen. Deshalb stellt man sie nach dem Überwintern am besten an einem bewölkten oder regnerischen Tag nach draussen. Auch eine über Nacht gefrorene Pflanze sollte übrigens nicht bei vollem Sonnenschein auftauen, sondern langsam, also an einem geschützten Ort, an dem die Morgensonne nicht draufbrennt.

zentralplus: Mit Vlies abdecken, hilft das gegen erfrierende Pflanzen?

Schoch: Das hilft bei einigermassen robusten Pflanzen, wie beispielsweise dem Oleander, dem Olivenbaum oder der Hanfpalme. Die ertragen auch mal eine Frostnacht, sollten aber geschützt werden, wenn es zum Beispiel unter minus 3 Grad wird. Grundsätzlich gilt: Bei allem, was im Topf überwintert wird, sollte bei diesen Temperaturen zusätzlich zu den Pflanzen auch das Gefäss einpackt werden, damit die Wurzeln nicht durchfrieren. Im Zweifelsfall lieber etwas mehr decken als weniger.

zentralplus: Die Kräuter aus dem Detailhandel sind überzüchtet, hört man oft, und gehen darum schneller ein. Was ist da dran?

Schoch: Es trifft zu, dass heutzutage viele Pflanzen schnell gross sein müssen, damit sie früh in den Verkauf gelangen können. Dazu verwenden die Produzenten leichte Erde, hohe Temperaturen und viel Dünger – klar sind diese Pflanzen weniger robust als solche, die über längere Zeit aufgezogen werden.

«Wenn man Schweizer Pflanzen kauft, ist man tendenziell besser dran.»

zentralplus: Was kann man als Konsument dagegen unternehmen?

Schoch: Wenn man Schweizer Pflanzen kauft, ist man tendenziell besser dran. Aber es gibt auch Schweizer Gärtner, die ihre Kräuter lieber bereits nach sechs statt nach neun Wochen aus dem Treibhaus in den Laden geben. Man sollte ähnlich vorgehen wie als Konsument sonst auch: Sich informieren und allenfalls auch mal nachfragen, wo und unter welchen Umständen die Pflanze produziert wurde.

zentralplus: Genug der Mimosen: Welche Pflanze trotzt allen Wetterkapriolen?

Schoch: Grundsätzlich und am besten alles Einheimische. Aber auch Rosen, Ziersträucher oder viele Staudenarten. Man muss aber auch festhalten: Zwar ist die Natur tendenziell etwas früher dran als noch vor Jahrzehnten und bekommt dann eins auf den Deckel, wenn die kalten Tage im März und April nochmals kommen. Was jetzt passiert, ist für unsere Natur aber kein Problem, sondern normal. Sie erholt sich meist wieder – wenn auch mit etwas weniger Ertrag.

zentralplus: Eine Bauernregel besagt: «Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist.» Soll man also bis nach den Eisheiligen Mitte Mai warten, bevor man Pflanzen aussät oder eintopft?

Schoch: Ich würde als Faustregel sagen: Einheimische und mehrjährige Pflanzen kann man jetzt setzen. Mit allem, was frost- und kälteempfindlich ist, sollte man hingegen noch zuwarten. Tomaten und Basilikum würde ich ganz sicher erst nach den Eisheiligen pflanzen. Bei anderen Pflanzen gibt es kein fixfertiges Rezept. Wer an der Zürichstrasse wohnt, hat eine andere Ausgangslage als jemand in Beromünster. Denn an einer geschützten Hauswand in der Stadt ist es schnell mal zwei Grad wärmer als auf einem offenen Feld auf dem Land.

zentralplus: Und der Osterhase der Stadtgärtnerei Richtung Verkehrshaus: Wie erträgt er die Kälte?

Schoch: Der hat jetzt kalte Ohren, aber sonst geht es ihm gut (lacht). Der Osterhase ist aus Stroh und insofern kälteresistent. Und ringsum wachsen sogenannte Frühlingsblüher wie Gänseblümchen, Vergissmeinnicht, Stiefmütterli oder Narzissen und Tulpen: Für die ist die Kälte kein Problem.

Der Osterhase am Carl-Spitteler-Quai Richtung Verkehrshaus muss sich nicht sorgen.

Der Osterhase am Carl-Spitteler-Quai Richtung Verkehrshaus muss sich nicht sorgen.

(Bild: Facebook-Seite Stadt Luzern)

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