Vitaparcours boomen derzeit

Hier «pumpen» Zuger ganz seuchenfrei – trotz Corona

Die Zuger Vitaparcours werden derzeit rege besucht. Selbst bei Regen. (Bild: wia)

Um trotz geschlossener Fitnesscenter nicht in die Breite zu gehen, rennen seit einem Jahr auffallend viele Menschen in den hiesigen Wäldern herum. Besonders beliebt sind derzeit in Zug die Vitaparcours. Eigentlich eine Erfindung aus den 60ern, kommen diese Freiluft-Fitnesscenter den Menschen jetzt gelegen.

Immer nur vor Youtube-Videos herumhampeln, die ewiggleichen Turnübungen in den ewiggleichen vier Wänden. Das wird irgendwann ziemlich öde. Doch die Optionen sind mager, denn seit Monaten sind Fitnesscenter geschlossen, auch dürfen sich Laien-Fussballclubs und Turnvereine momentan nicht treffen. Eine gute Alternative sind deshalb sogenannte Vitaparcours. Das erste solche Frischluft-Fitnesscenter wurde 1968 in Zürich von der damaligen Lebensversicherungs-Gesellschaft Vita gebaut, einer Tochter der Zürich-Versicherungen. Heute sind sie in vielen hiesigen Wäldern zu finden und erleben wegen Corona derzeit ein regelrechtes Revival.

«Die Rückmeldungen und Kontaktaufnahmen durch Benutzerinnen sowie die Anfragen für Neubauten sind stark angestiegen.»

Barbara Baumann, Leiterin Zurich Vitaparcours

Das bestätigt unter anderem die Stiftung Zurich Vitaparcours selbst. «Unsere Vitaparcours sind beliebter denn je. Die Rückmeldungen und Kontaktaufnahmen durch Benutzerinnen und Benutzer sowie die Anfragen für Neubauten sind stark angestiegen», erklärt Leiterin Barbara Baumann.

Fit werden ohne Schickimicki

Das ist kein Wunder. Denn auch abgesehen von Corona ist der Besuch der Strecken, die zumeist durch den Wald führen, eine spassige Sache. Zeit an der frischen Luft verbringen, ganz ohne Druck, beim Sporttreiben gut aussehen. Wer Glück hat, sieht gar ein Reh oder einen Fuchs.

Das System: kinderleicht. Man rennt den Pfeilen entlang von Posten zu Posten, dort wird einem erklärt, wie viele Liegestützen, wie viele Hüpfer mindestens gemacht werden sollen und wozu die Übungen gut sind.

Der Balanceakt auf dem Zick-Zack-Balken dürfte manch einem Neuling Probleme bereiten. (Bild: wia)

Wer selber schon einmal einen Vitaparcours absolviert hat, kann sich unter Umständen schön unsportlich fühlen. Nicht jeder schafft es, mit angewinkelten Armen 15 Sekunden an einer Stange zu hängen, nicht alle haben genügend Gleichgewicht, um einbeinig auf einem schmalen Balken zu balancieren. Was rät Baumann den neuen Waldturnern? «Der Vitaparcours eignet sich für alle bewegungsfreudigen Personen. Jede und jeder kann jederzeit im eigenen Rhythmus gratis, alleine oder in Gesellschaft hingehen und das schönste Stadion der Welt – die Natur – geniessen.»

Die Tafeln erklären die Übungen. «Die Intensität kann jede und jeder selber entscheiden.» Wichtig sei eine gute, dem Wetter und den Gegebenheiten vor Ort angepasste Ausrüstung. «Mit den Übungen soll langsam begonnen werden. Diese können allmählich gesteigert werden. Je nach Gesundheitszustand soll vorgängig ein Arzt konsultiert werden, wie dies für alle sportlichen Tätigkeiten empfohlen wird», so die Leiterin von Zurich Vitaparcours.

Der Werkdienst sorgt für Ordnung und Sicherheit

Zugerberg Finanz Trophy im Hoch

Auch der Verein Zugerberg Finanz Trophy, der über die warmen Monate fix eingerichtete Zeitmessstrecken für Freizeitsportler betreibt, bekommt den Wunsch der Bevölkerung nach Freiluft-Bewegung deutlich zu spüren. «Die Korrelation zwischen Corona und einer Zunahme von Menschen, welche sich auf den Strecken der Zugerberg Finanz Trophy bewegen, ist gegeben und kann mit Zahlen belegt werden», erklärt Organisator Reto Benz. Er fährt fort: «Bis vergangenen Freitag lief bei uns die Winter-Challenge. In den Jahren 2017–2020 wurden während vier Wochen im Schnitt etwa 400–500 Zeiten registriert. 2021 waren es kurz vor dem Abschluss bereits über 800 Zeiten.»

In den meisten Fällen sind die Gemeinden für den Unterhalt der Vitaparcours zuständig. So auch in Baar, wo sich eine 2,7 Kilometer lange Strecke befindet. Auch dort sei eine stärkere Frequentierung wahrzunehmen: «Der Werkdienst, der viel draussen unterwegs und für den Unterhalt des Vitaparcours verantwortlich ist, stellt bei der täglichen Arbeit fest, dass bedeutend mehr Menschen als sonst den Parcours nutzen», so der zuständige Gemeinderat Zari Dzaferi. Es handle sich dabei um Beobachtungen. Zahlen dazu gebe es keine.

Doch prüfe der Werkdienst viermal jährlich gemäss den Regeln und Empfehlungen der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) die einzelnen Postengeräte und Verbindungswege des Vitaparcours.

Der aufmerksamen Baarer Waldläuferin mag es aufgefallen sein: Zwar wurde ein umgekippter, morscher Pfosten vom Werkdienst vor einigen Monaten ersetzt, doch fehlt andernorts seit geraumer Zeit bei Posten Nummer 11 ein Balken, der eigentlich für Stützübungen genutzt wird. Ein Versäumnis des Werkdienstes?

Der Stützbalken für besonders grosse Menschen (rechts) fehlt. Und das mit gutem Grund, wie die Gemeinde verrät. (Bild: wia)

Mitnichten, erklärt der Baarer Gemeinderat. Vielmehr eine Vorsichtsmassnahme. «Beim Posten Nr. 11 wurde der Holzbalken dauerhaft entfernt, dieser wurde aus Sicherheitsgründen demontiert», so Dzaferi. Angesichts der Höhe des Balkens müsste gemäss Vorschriften der BFU ein Fallschutz, etwa in Form eines speziellen Bodenbelags, installiert werden. Dies sei im Wald jedoch nicht möglich.

«Eine weitgehende Desinfektion der Elemente ist mit vernünftigem Aufwand nicht realisierbar.»

Zari Dzaferi, Baarer Gemeinderat

Für unsere Sicherheit gemäss BFU-Normen ist also gesorgt. Für die eigene Sicherheit in Sachen Corona ist hingegen jeder Läufer selber verantwortlich. Denn: «Eine weitgehende Reinigung oder gar eine Desinfektion der Elemente ist mit vernünftigem Aufwand nicht realisierbar», so Dzaferi. Dies insbesondere, da die Geräte ja täglich oder gar mehrmals täglich desinfiziert werden müssten.

Eine alte Bauernregel besagt: Je weiter unten der Balken, desto strenger die Liegestütze. (Bild: wia)
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