Besuch in der Velostation in Luzern

Hier gibts den Rundumservice fürs Velo – ohne lange Wartezeiten

Erich Betschart leitet seit Dezember die Velostation im Bahnhof Luzern. (Bild: uus)

Die Läden sind leergekauft, die Werkstätten gut gefüllt. Zwei Wochen Wartezeit wegen einer kaputten Bremse? Das muss nicht sein.

Okay, «Geheimtipp» ist an dieser Stelle vielleicht etwas übertrieben. Die Velostation am Bahnhof Luzern gibt es in der heutigen Form seit 2013. Seither wurden der Betrieb und das Angebot ständig verbessert und ausgebaut.

Aber dass man sein Velo direkt beim Bahnhof nicht nur parkieren, sondern auch reparieren und waschen kann, wissen längst nicht alle. In vielen anderen Läden sind Velos derzeit Mangelware (zentralplus berichtete). Doch hier findet einen neuen fahrbaren Untersatz, wer sich anstelle des neuesten Modells mit einem Rad aus zweiter Hand zufrieden gibt.

Kleinere Reparaturarbeiten erledigt Patrick* innerhalb eines Tages: Das Velo mit der Auftragsnummer 5325, Typ «Studentenrad» hat einen Platten. «Das schaffe ich knapp», sagt er mit einem verschmitzten Lachen. Natürlich erledigt er das problemlos.

Das Velo wurde am Morgen angeliefert. Die Besitzerin ist gerade bei der Arbeit oder sonstwohin unterwegs mit dem Zug. Wenn sie am Abend zurückkehrt, wird sie ihr Velo wieder in fahrtauglichem Zustand abholen können.

In der Werkstatt bei der Velostation im Bahnhof Luzern werden täglich rund zehn Velos mit kleineren Defekten repariert: Kaputte Bremsen, eine verstellte Schaltung, defekte Lichter oder eben, ein platter Reifen. Alles zu marktüblichen Preisen.

Patrick repariert ein Zweirad bei der Velostation am Bahnhof Luzern. Bild: uus

Instand gesetzt oder gewaschen werden die Räder von Teilnehmern der Arbeitsintegrationsprogramme der Caritas Luzern, welche die Velostation betreibt. Patrick ist einer von ihnen und hauptsächlich für Reparaturarbeiten verantwortlich. Bei der Arbeit wird er agogisch begleitet.

Veloparkhaus, Wasch- und Reparaturwerkstatt

Das Aufgabenfeld für die im Normalbetrieb rund 20 Teilnehmerinnen an den Caritas-Programmen ist vielfältig: Kundenkontakt, bei dem auch die Deutschkenntnisse geschult werden, handwerklich einfache bis herausfordernde Aufgaben beim Veloflicken vor Ort oder beim Unterhalt der Nextbike-Stationen und -Räder.

Die Programmteilnehmer bleiben in der Regel zwischen zwei und sechs Monaten – so hat Leiter Erich Betschart ständig auch mit der Ausbildung zu tun.

Platz trotz Veloboom

Betschart ist seit Dezember für die Velostation verantwortlich. Etwas mehr als ein halbes Jahr im Amt, hat der gelernte Zweiradmechaniker und Mobilitätsexperte einen nicht ganz gewöhnlichen Start erlebt: Nach einem ruhigen Dezember, in dem üblicherweise etwas weniger los ist in der Velostation, kam zum Start der Velosaison der Lockdown. Und damit eine Phase, in der kaum Pendler unterwegs waren. Danach kam der «Lockup» und das nun boomende Velogeschäft.

Die Velostation war auch während des Lockdowns geöffnet. «Wir haben die Pensen der Teilnehmer um rund die Hälfte reduziert», sagt Betschart. Da sei man schon ab und zu «auf dem Zahnfleisch gelaufen».

Inzwischen wurde der Betrieb wieder hochgefahren und der Personalbestand erhöht.

Zahlen zur Velostation: Mehr Reparaturen – weniger Reinigungen

Seit das öffentliche Leben wieder in die Gänge kommt, ist auch das Veloparkhaus sehr gut ausgelastet. «Es hat aber immer noch Platz», so Betschart. Auch wenn die Velostation gleich beim Bahnhof um die Ecke ist, sei es trotz direktem Gleiszugang offenbar für einige immer noch ein zu weiter Weg.

Die Velostation verfügt insgesamt über 1'100 Plätze. Im Jahr 2019 waren durchschnittlich 469, im Jahr 2018 444 Plätze belegt. Die Zahlen fürs 2020 werden erst Ende Jahr ausgewertet.

Was sich aber abzeichnet, ist ein Anstieg bei den Reparaturen: Deren Zahl ist im ersten Halbjahr 2020 gestiegen: 274 gegenüber 253 im Vorjahr. «Das zeigt, dass sich gerade nach den Corona-Lockerungen viele fürs Velo als Transport- und Freizeitmittel entschieden haben und ihre Velos wieder auf Vordermann bringen lassen wollten», schreibt Caritas Luzern dazu.

Bei den Reinigungen hingegen ist ein Rückgang feststellbar: Waren es in den ersten sechs Monaten des letzten Jahres 110 Aufträge, sind es dieses Jahr im selben Zeitraum erst 69. Die Erklärung: Fehlende Laufkundschaft während des Lockdowns.

Fundvelos unter Quarantäne

Gerade kommt eine Lieferung von Occasions-Velos aus der Werkstatt in Littau an. Erich Betscharts geschultem Auge fällt sofort ein moderner Renner auf. «Der bleibt nicht lange hier», sagt er. Das Preisschild zeigt 260 Franken.

Zu den Aufgaben der Velostation gehört nämlich auch, verwaiste Velos einzusammeln und aufzubewahren. Die Fundstücke werden zunächst 60 Tage lang gelagert, die Seriennummer auf dem Caritas-eigenen Portal «fundvelo.ch» registriert. Die Daten werden mit denen der Luzerner Polizei abgeglichen. Wenn die Velos nicht abgeholt werden, werden sie in Littau repariert, aufbereitet und in den Verkaufsstellen der Caritas Luzern angeboten. «Meist finden die Velos nach spätestens zwei Wochen einen neuen Besitzer», so Betschart.

Erfolgsmodell Nextbike

Zum Angebot der Velodienste Luzern gehören auch die Wartungs- und Unterhaltsarbeiten für Nextbike. Der Veloverleih hat rund 1'000 Velos an mehr als 200 Stationen – in der Stadt und der Agglomeration Luzern und der ganzen Zentralschweiz.

Das Velo-Verleihsystem ist für die Caritas Luzern und die Stadt eine Erfolgsgeschichte. Bei schönem Wetter können sich an Hotspots wie dem Schönbühlcenter oder im Sommer am Nordpol zwar auch mal die Velos stauen. «Es funktioniert aber mit der Bewirtschaftung in der Regel sehr zuverlässig und wird von der Bevölkerung geschätzt», sagt Erich Betschart.

Die Bevölkerung zeigt sich nicht nur kulant, sondern auch hilfsbereit: «Wir bekommen regelmässig Hinweise, wenn Nextbike-Velos nicht an der vorgesehenen Station abgestellt wurden.» Das komme vor, auch wenn die Disziplin der Nutzer in der Regel sehr gut sei. «Zudem wissen unsere Mitarbeiter inzwischen, wo es sich lohnt, noch rasch um die Ecke zu schauen.»

Die Ausfallquote bei den Nextbike-Velos sei gering – gestohlene oder absichtlich beschädigte Räder gebe es sehr selten. Auch das wertet Betschart als Zeichen der Wertschätzung für das Angebot.

Ein Blick in die Werkstatt der Velostation. Bild: uus

*Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon