Wo es der Sicherheit dient – und wo dem Staat

Hier blitzt die Zuger Polizei am liebsten

Eine «Geldmaschine»: Eines der modernen semistationären Radargeräte. Der Kanton Zug hat das gleiche Modell.

(Bild: hch)

Der Freisinnige Thomas Gander hat eine Motion eingereicht, um zu verhindern, dass Autofahrer nur geblitzt werden, um die Staatskasse zu füllen. Wir haben derweil die Lieblingsorte der Zuger Polizei für ihre Radargeräte aufgelistet. Viele erfüllen wohl tatsächlich den Zweck der Geldbeschaffung. Dabei gibt es tatsächlich auch sinnvolle Standorte. Eine Polemik eines Zuger Radargeschädigten.

«Fahrn fahrn fahrn auf der Autobahn…»

…diesen bekannten Song von «Jazz Indeed» von Michael Schiefel hat die Zuger Polizei verinnerlicht. Denn auf der A4a, der automobilen Magistrale im Kanton Zug, sind täglich Hunderttausende unterwegs. Vor allem Pendler, die es eilig haben, ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Oder um von der Arbeit schnell wieder nach Hause zu kommen. Eine Menge potentieller Kunden, also. Pardon, Bussenzahler.

Dabei ist die Zuger Polizei in den letzten Jahren kreativ geworden in der Standortwahl entlang der Autobahn. Da gibt es zum einen die sogenannten Beschleunigungsstrecken, wie etwa nach der Autobahneinfahrt Baar Richtung Luzern. Dort, wo man 120 Stundenkilometer fahren darf, drückt so mancher gerne kurz fester aufs Gas, nicht nur all jene, die ihrem «Lambo» oder Ferrari mal die Sporen geben wollen. Für die Zuger Polizei ist der Standort auch ideal, weil sie auf einem Feldweg bequem das Blitzergerät mit dem Anhänger herankarren kann. Standorte wie diesen hat der Chamer Thomas Gander mit seinem politischen Vorstoss im Kantonsrat im Fokus (siehe Box am Ende des Artikels). 

Ein anderer beliebter Standort ist der sechsspurige Autobahnabschnitt nach der Blegikurve – zumeist in Richtung Luzern. Dort, wo es vielen Autofahrern in den Gliedern juckt, statt der vorgeschriebenen 100 auf der kerzengeraden Strecke etwas schneller voranzukommen. Der Zuger Polizei ist hier zumeist ein ertragreicher Zahltag sicher.

Die Zuger Polizei kann aber auch so richtig «undercover» blitzen – zum Beispiel aus dem Dunkel der Brückenpfeiler hervor, unmittelbar nach der Ausfahrt Zug, Cham-Ost, dort, wo Autofahrer nur 100 fahren dürfen.

Der Klassiker – an der Nordzufahrt

Sie geht geradeaus, man steht dort oft im Stau oder bewegt sich allenfalls im Stop-and-Go während des Berufsverkehrs. Und wenn der Verkehr läuft, sind sowieso kaum mehr als 50, 60 Sachen drin.

Hier an der Zuger Nordzufahrt stehen immer wieder rechts und links der Strasse Radarblitzer – obwohl es hier in Berufsverkehrszeiten zumeist gemächlich zugeht.

Hier an der Zuger Nordzufahrt stehen immer wieder rechts und links der Strasse Radarblitzer – obwohl es hier in Berufsverkehrszeiten zumeist gemächlich zugeht.

(Bild: woz)

Die Rede ist von der Zuger Nordzufahrt, die Verbindung von der Autobahn ins Stadtzentrum. Hier stehen entlang der Feldhof-Überbauungen, also, entweder rechts oder links an der Strasse, öfters mal mobile Radar-Blitzer und bremsen den eingebremsten Autoverkehr noch mehr ein. Oft erreicht man, wie gesagt, nicht einmal die erforderliche Geschwindigkeit, um dort geblitzt zu werden. Aber ein paar Ahnungslose gibt es immer…

Da, wo früher fixe Blitzer standen

Ganz besonders reizvoll muss es sein, dort Autofahrer zu blitzen, wo viele glauben, endlich aufatmen zu können – weil offiziell keine fest installierten Radargeräte mehr in Betrieb sind. Zum Beispiel zwischen Baar und Unterägeri, auf dem Weg ins Ägerital. Und zwar im «S» vor Neuägeri, bei der Risi-Kiesgrube. Nach dem Motto: «Ein Männlein steht im Walde, ganz still und stumm. Es blitzt die Autofaaahrerr…».

Und die Sinnvollen: Vor Schulen

Ja, es gibt sie tatsächlich auch, die Blitzer-Standorte, die Sinn machen. Vor Schulen beispielsweise. Ein Beispiel, das tatsächlich Schule gemacht hat und immer wieder auf der Blitzer-Standortliste auftaucht, ist die Primarschule im Chamer Ortsteil Niederwil. Das ist wirklich ein brandgefährliches Strässchen, das da von Hagendorn kommt, zwischen Schule und Schiessstand führt, bevor es dann ins Weiler mündet.

Sinnvoll: Der mobile Zuger Blitzer vor der Schule in Holzhäusern.

Sinnvoll: Der mobile Zuger Blitzer vor der Schule in Holzhäusern.

(Bild: Zuger Polizei)

Die Autos kommen auf diesem Schleichweg für Pendler vom Freiamt Richtung Steinhausen, Zug und Baar manchmal nämlich regelrecht dahergeschossen. Da könnte es für Schüler auf dem Pausenplatz echt gefährlich werden – fordert nicht das Radargerät seinen Tribut und nötigt Autofahrern die Vernunft auf, nicht schneller als mit Tempo 30 unterwegs zu sein.

Auch in Holzhäusern auf der Buonasserstrasse stand diesen Sommer vor der Schule schon ein Blitzer.

In Unterägeri, Cham und Buonas vor Fussgängerüberwegen

Es gibt tatsächlich noch weitere sinnvolle Blitzerstandorte im Kanton Zug: Etwa wie jene vor den Zebrastreifen auf der Seestrasse in Unterägeri – entweder schon auf Höhe des Seminar-Hotels oder etwas später vor dem Spaziergänger-Parkplatz gegenüber der Schiffsanlegestelle.

Einer der stationären Radarblitzer in Buonas.

Einer der stationären Radarblitzer in Buonas.

(Bild: zvg)

In Cham auf der Sinserstrasse macht der immer noch stationäre Blitzer, einer der letzten Mohikaner unter den Radargeräten im Kanton Zug, deutlich mehr Sinn: Weil an diesem Punkt auf der Sinserstrasse sonst nicht wenige Autofahrer gerne aufs Gas drücken würden – und dabei nicht nur Kirchgänger auf dem Zebrastreifen gefährdeten, sondern auch die vielen Schüler Richtung Röhrliberg.

Auch in Buonas auf der Rischerstrasses rechtfertigen die breite Fahrbahn, die Kreuzung und die Fussgängerüberwege noch den stationären Radarblitzer dort. Kurios ist allerdings, dass 50 Meter danach, im Prinzip die gleiche Gefährungssituation herrscht – jedoch die Autofahrer wissen, dass sie nun nicht mehr kontrolliert werden.

Vor und nach Bushüsli

Nicht ganz unbegründet sind natürlich auch jene Radarblitzer vor und nach Bushüsli in Hünenberg am See und in Holzhäusern beispielsweise – beide in Fahrtrichtung Rotkreuz. Die Standorte liegen jeweils an der Kantonsstrasse, der Chamerstrasse. Einträglich dürfte vor allem jener in Hünenberg See sein – das 60er-Schild in unmittelbarer Sichtweite drückt so manch einer gerne schon mal etwas aufs Gas. Anders in Holzhäusern, wo sich die Stelle mit Bus und Fussgänger recht unübersichtlich gestaltet.

Das «Bijou» – der Radar, versteckt zwischen Büschen und Bäumen

Nicht nur an Ausfallstrassen am Stadtrand, sondern selbst im lauschigen Wohnquartier in Baar etwa auf dem Sonnenweg, stösst man sogar hin und wieder auf die blitzenden Blechpolizisten – um die Geschwindigkeit in einer Tempo 20-Zone zu kontrollieren. Das macht natürlich auch Sinn, weil hier Kinder spielen. Aber will man jetzt jedes Wohnquartier mit Blitzern ausleuchten? Diese totale Kontrolle wäre wohl nicht möglich und auch nicht sinnvoll.

Dies ist auch eine Tempo-30-Zone, durch die Tausende von Autos Tag und Nacht fahren – ein Blechpolizist wurde hier noch nie gesehen.

Dies ist auch eine Tempo-30-Zone, durch die Tausende von Autos Tag und Nacht fahren – ein Blechpolizist wurde hier noch nie gesehen.

(Bild: woz)

Sinnvoller wäre es dagegen, mal auf der Dorfstrasse die Tempo-30-Zone mit dem Blitzer zu kontrollieren – vor allem nachts. Da düsen viele im Schutz der Dunkelheit schneller durch. Doch da traut sich offenbar kein Blechpolizist hin. Warum eigentlich nicht?

Für die Motion von Thomas Gander müsste das Gesetz geändert werden

Der Chamer FDP-Kantonsrat Thomas Gander hat bei der Zuger Regierung eine Motion eingereicht, um künftig zu verhindern, dass Autofahrer nur geblitzt werden, um die Staatskasse zu füllen. Grund: «Bei Geschwindigkeitskontrollen haben viele Bürgerinnen und Bürger aufgrund der Anzahl durchgeführter Kontrollen und der gesteigerten Einnahmen das Gefühl, dass diese Kontrollen primär dazu dienen, Geld in die Staatskasse zu spülen und nur zweitrangig der Erhöhung der Verkehrssicherheit», wie er in seiner Motion schreibt, die er am 21. Februar eingereicht hat.

Der Freisinnige will den Blitzer-Bussen-Betrag künftig deshalb nur noch zweckgebunden für die «Spezialfinanzierung Strassenbau» verwendet sehen – damit erreicht werden kann, «dass die Geschwindigkeitskontrollen wieder primär dort zum Einsatz kommen, wo sie der Erhöhung der Verkehrssicherheit dienen.»

zentralplus fragte bei Thomas Gander nach, warum er sich für dieses Thema politisch so einsetzen will.

zentralplus: Herr Gander, sind Sie selbst ein durch Radarblitzer geschädigter Zeitgenosse im Kanton Zug, oder wie oft sind Sie schon geblitzt worden? 

Thomas Gander: Seit über 15 Jahren bin ich regelmässig mit dem Auto unterwegs und habe in dieser Zeit noch keine einzige Geschwindigkeitsbusse erhalten. Sie sehen, mit dem Vorstoss kann ich nicht meine persönlichen Bussenausgaben reduzieren, sondern ich will erreichen, dass diese Kontrollen wieder primär der Erhöhung der Verkehrssicherheit dienen.

zentralplus: Wie haben Sie das denn bloss geschafft? Haben Sie etwa ein Warngerät im Auto installiert oder haben Sie tatsächlich alle Blitzer immer sofort auf dem Radar?

Gander: Nein, ein Radarwarngerät oder dergleichen besitze ich nicht. Mit einem Schmunzeln kann ich von mir sagen, dass ich eben ein vorausschauender und korrekter Autofahrer bin. Allgemein ist es aber auch so, dass sich wichtige Nachrichten im kleinräumigen Kanton Zug eben schnell verbreiten.

Thomas Gander von der FDP in Cham hat eine Motion eingereicht, die eine sinnvollere Verwendung der Bussengelder durch Radarblitzer einfordert – zur Verbesserung der Verkehrssicherheit.

Thomas Gander von der FDP in Cham hat eine Motion eingereicht, die eine sinnvollere Verwendung der Bussengelder durch Radarblitzer einfordert – zur Verbesserung der Verkehrssicherheit.

(Bild: zvg)

zentralplus: Finden Sie denn, dass die Zuger Polizei durch ihre zwei mobilen Radargeräte zu viel blitzt, vor allem nicht wirklich an Unfallschwerpunkten? 

Gander: Natürlich könnte man sich über die Anzahl durchgeführter Geschwindigkeitskontrollen streiten – wobei die Häufigkeit, mit welcher die Zuger Polizei blitzt, nicht der primäre Stein des Anstosses ist, sondern eben die Wahl des Ortes. Oft werden diese Kontrollen an übersichtlichen und ungefährlichen Strassen durchgeführt. Eben dort, wo der eine oder andere Autofahrer etwas zu schnell unterwegs ist, ohne dabei jemanden unmittelbar zu gefährden.

zentralplus: Was wollen Sie also mit Ihrem politischen Vorstoss zu den «Blitzern» wirklich erreichen?

Gander: Wie bereits vorhin erwähnt, will ich mit meinem Vorstoss erreichen, dass die Geschwindigkeitskontrollen wieder dort eingesetzt werden, wo sie der Erhöhung der Verkehrssicherheit diesen. Dies ist meines Erachtens in Zonen mit Tempo 20 oder 30, vor Schulhäusern oder Schulwegquerungen und an sogenannten Unfallschwerpunkten.

zentralplus: Aber glauben Sie denn, dass es wirklich realistisch ist, dass Bussengelder künftig nur noch zweckgebunden für den Strassenverkehr genutzt werden können im Kanton Zug? Die Gelder wandern halt weiterhin einfach in die Staatskasse, um dort Löcher zu stopfen.

Gander: Natürlich bin ich davon überzeugt, dass sich mein Vorstoss so umsetzen lässt, dass die eingenommenen Bussengelder der «Spezialfinanzierung Strassenbau» zufliessen. Dazu ist eine Gesetzessänderung notwendig. Diesbezüglich habe ich über die Staatskanzlei eine juristische Vorprüfung durchführen lassen, welche gezeigt hat, dass mein Anliegen motionsfähig und somit umsetzbar ist.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Heinrich Vogelsang
    Heinrich Vogelsang, 17.03.2018, 13:47 Uhr

    @Roth: Es geht doch nicht darum, Geschwindigkeitskontrollen als unrechtmässige Bereicherung des Staates zu bezeichnen. Aber die Stellen, wo kontrolliert wird, legen manchmal schon die starke Vermutung nahe, dass die Polizei die Verkehrsteilnehmer hereinzulegen versucht.

    Beispiel: Autbahneinfahrt Luzern Zentrum. Auf der Autobahn gilt Tempo 80, rund 10 Meter vorher stand gestern ein Blitzer. Wer dort schon auf 80 beschleunigt hatte, um sich störungsfrei in den Verkehr einfügen zu können, hat Pech gehabt und alimentiert nun das Luzerner Staatswesen mit viel Geld.

    Sowas nenne ich hinterlistig.

    Es ist nicht Aufgabe des Gemeinwesens, Leute, die ihm angehören, zu verarschen.

    As easy as that.

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  • Profilfoto von Hans Peter Roth
    Hans Peter Roth, 16.03.2018, 13:29 Uhr

    Dieses blödsinnige Geschwätz, dass Polizeibussen für Strassenverkehrsverletzungen eine unrechtmässige Bereicherung des Staates darstellen, geht mir auf die Nerven. Ich möchte klarstellen, dass es in einem Rechtsstaat Gesetze gibt, deren Verletzung bestraft werden, u.a. auch mit Bussen. Es ist die Aufgabe der Polizei, die Einhaltung der Strassenverkehrsgesetze zu kontrollieren und gegebenenfalls Übertretungen zu sanktionieren. Wem das nicht passt, muss konsequenterweise eine Änderung der Gesetze anstreben, z. B. die Aufhebung der Geschwindigkeitslimiten auf Strassen. Aber für solche radikalen Forderungen fehlt den Politikern der Mut, weswegen sie lieber von «Abzockerei» durch die Polizei schwadronieren. Ich betrachte Polizeibussen für Überschreiten der Geschwindigkeit oder der zulässigen Parkdauer eher als freiwillige Spenden für den magersüchtigen Staat. Auch ich wurde schon wenige Male geblitzt und habe mich jedesmal geärgert – über mich selbst!
    Berechtigt erscheint mir hingegen die Frage, nach den Örtlichkeiten der Radarkontrollen. In Baar beobachte ich seit langem die häufigen Geschwindigkeitsverletzungen auf der Dorfstrasse (30 km/Std.) und auf der Zugerstrasse (50). Dies gefährdet die Fussgänger und Velofahrer in erheblicher Weise, verursacht zudem zusätzlichen Lärm für die Anwohner. Ich frage mich auch, wann die Polizei hier zum letzten Mal kontrolliert hat.

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