Joachim Eder, Ständeratskandidat

Herr Eder, warum wollen Sie uns alle überwachen?

FDP-Ständerat Joachim Eder vor dem Zuger Bahnhof.

(Bild: fam)

Joachim Eder will noch mal vier Jahre anhängen. Der FDP-Ständerat hat beste Chancen. Und ein Idol. Nämlich Wolfgang Schäuble. Wir fragen: Warum ausgerechnet der? Und Eder sagt, weshalb er sich für den Ausbau des Geheimdiensts so stark macht. Und in Sachen Umweltschutz so schlechte Noten bekommt.

zentral+: Sie sind seit vier Jahren für den Kanton Zug im Ständerat. Gab es einen Moment, an dem Sie gemerkt haben, dass Sie wirklich angekommen sind?

Joachim Eder: Die erste Session habe ich geschwiegen, wie es das ungeschriebene Gesetz im Ständerat verlangt, und das ist mir wirklich schwer gefallen (lacht). Speziell bei der Beratung des Präventionsgesetzes, was als ehemaliger Gesundheitsdirektor natürlich mein Kernthema ist. Aber das hat mir die Achtung meiner Gegner verschafft. Die haben gesagt, sehr gut, du hältst dich an die Regel. Und sie wussten natürlich, was meine Meinung zum Gesetz war.

zentral+: Es gibt eine Schweigeregel für Neulinge im Ständerat?

Eder: Ja, aber es halten sich natürlich nicht alle daran. Ich hab das jedenfalls gemacht. Und in der nächsten Session kam das Gesetz in die Differenzbereinigung, und da konnte ich dann meine Meinung doch noch einbringen. Zu Ihrer Frage von vorhin: Ich bin nicht isoliert in den Ständerat gekommen, viele meiner neuen Kollegen kannte ich von ihren vorherigen Ämtern als Regierungsräte anderer Kantone. Ich bin also von Anfang an gut aufgenommen worden.

zentral+: Sie sind 2011 mit dem Versprechen angetreten, sich für das «Wohl der Bevölkerung und den Schutz der Umwelt» einzusetzen, das haben Sie so geschrieben. Nun hat die «Umweltallianz» Sie in ihrem Rating auf dem drittletzten Platz des Ständerates eingestuft. Ist Ihnen der Umweltschutz wirklich so egal?

Eder: Moment, da muss ich erst nachprüfen, was da passiert ist. Da muss ein Fehler drin sein: Die Umweltallianz schreibt im Ranking, ich hätte unentschuldigt gefehlt bei Abstimmungen zu Umweltthemen, das ist aber nachweislich falsch, ich habe nie unentschuldigt gefehlt.

«Die sind unglaublich weltfremd, das können Sie so schreiben.»

zentral+: Sie glauben, Ihr tiefer Rang im Umweltranking basiert nur auf einem Fehler?

Eder: Nein, natürlich nicht. Es hat sicher mit meiner parlamentarischen Initiative zu tun: Ich wollte damit die Macht der Eidgenössischen Kommission für Natur- und Heimatschutz ENHK beschränken, und zwar zugunsten von erneuerbaren Energien. Es ist einfach nicht ehrlich: Man kann nicht gleichzeitig erneuerbare Energien befürworten, aber jedes Projekt mit Beschwerden zum Stillstand bringen, weil der Heimatschutz die Landschaft in jedem Fall höher gewichtet als den Bau von Anlagen für erneuerbare Energien.

zentral+: Der Schweizer Heimatschutz verdächtigt Sie allerdings, dass Sie mit Ihrer Initiative in erster Linie den Denkmalschutz und den Heimatschutz abschaffen möchten. Er bezeichnet Sie als Umweltschutz-Abbauer.

Eder: Die sind unglaublich weltfremd, das können Sie so schreiben. Es geht mir in keinster Weise darum, den Heimatschutz oder den Denkmalschutz abzuschaffen. Es geht mir nur darum, die Macht dieser Kommission zu schwächen. Sie müssen sich vorstellen, diese Kommission ist so stark, dass sogar Bundesrichter bei ihren Entscheiden nicht an den ENHK-Gutachten rütteln können. Dabei ist sie demokratisch nicht legitimiert, sie wird zwar vom Bundesrat eingesetzt, aber ist nicht durchs Volk gewählt. Es kann doch nicht sein, dass jeder Betonblock und jeder Holz-Schuppen irgendwo in der Landschaft geschützt ist, und man deshalb keine Solaranlagen darauf bauen darf.

zentral+: Wird Ihr Vorstoss nicht in letzter Konsequenz dazu führen, dass die Schweizer Landschaft noch mehr überbaut wird?

Eder: Sie wird ja auch so überbaut. Nein, hören Sie, man muss in jedem Fall eine Güterabwägung vornehmen. Das ist klar. Wissen Sie, einige Kollegen haben mir gesagt, meine Initiative habe nur einen Fehler, ich hätte gleich die Abschaffung der Kommission fordern sollen. Aber nicht mit mir. Ich will nur, dass ihre Gutachten nicht mehr unumstösslich sind. Das ist einfach undemokratisch.

«Der unbescholtene Bürger wie Sie und ich hat überhaupt nichts zu befürchten. Also ich hoffe mal, dass Sie auch unbescholten sind.»

zentral+: Zu einem anderen Thema: Sie haben sich stark dafür eingesetzt, dass der Geheimdienst mehr Kompetenzen erhält. Herr Eder, weshalb wollen Sie uns alle überwachen? Ist das ein Überbleibsel aus Ihrer Lehrerzeit?

Eder: Damit hat das nun gar nichts zu tun. Das so zu interpretieren, wäre mir noch nie in den Sinn gekommen! Nein, es geht darum, dass der IS für uns eine erhebliche Gefahr darstellt. Das wollen die Linken einfach nicht wahrhaben. Aber es ist so. Und wir müssen alles tun, damit unser Geheimdienst die Kompetenzen erhält, die er braucht, um Anschläge abzuwehren. Wir sprechen hier von zehn Fällen im Jahr. Zehn Fälle, bei denen Abhörmethoden zum Einsatz kämen. Der unbescholtene Bürger wie Sie und ich hat überhaupt nichts zu befürchten. Also ich hoffe mal, dass Sie auch unbescholten sind (lacht).

zentral+: Mit dieser Phrase legitimieren auch Diktaturen ihre Überwachungsmechanismen. Das ist doch jetzt ganz konkret ein erster Schritt in Richtung Überwachungsstaat. Wollen Sie das wirklich?

Eder: Aber jetzt hören Sie mal: In welchem anderen Land als in der Schweiz gibt es so viele demokratische Instanzen, die Kontrollen über den Geheimdienst ausüben? Drei Bundesräte und das Bundesverwaltungsgericht müssen eine Überwachung genehmigen. Hohe Hürden also! Den normalen Bürger betrifft das gar nicht. Sie werden übrigens heute schon am Bahnhof mit Videokameras überwacht, allerdings nicht vom Nachrichtendienst. Das bekommen Sie doch gar nicht mit. Ich verstehe zwar, dass wegen dem Fichen-Skandal ein Unbehagen vorherrscht, damals ist man wirklich zu weit gegangen. Aber wir haben hier gute demokratische Aufsichts- und Kontrollfunktionen eingebaut.

zentral+: Ist dieser Überwachungsgedanke nicht im Grunde absolut unliberal?

Eder: Es ist eine Güterabwägung zwischen persönlicher Freiheit und Sicherheit für alle. In diesem Fall ist es wichtiger, dass wir unserem Geheimdienst die Kompetenz geben, einer Spur auch nachzugehen.

«Ich bin dagegen, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen. Ich finde, das ist eine Salamitaktik.»

zentral+: Sie haben mir vorhin im Gespräch gesagt, Ihr Idol sei Wolfgang Schäuble. Was genau bewundern Sie am deutschen Finanzminister? Er ist ja ebenfalls ein Verfechter von Überwachung und Sicherheit.

Eder: Schäuble macht mir als Politiker grossen Eindruck. Sein Engagement, seine Glaubwürdigkeit, und natürlich auch die politischen Inhalte. Ich bin in der Delegation unseres Parlamentes zum deutschen Bundestag. Bei einer Sitzung sass ich Schäuble gegenüber so wie Sie jetzt mir. Und habe erlebt, wie dieser Mensch politisiert. Das ist wirklich eindrücklich. Und als er vor dem versammelten Bundestag den Linken und Grünen im Parlament die Leviten gelesen und gesagt hat: «Halt, so kann man mit unseren Freunden, den Schweizern, nicht umgehen.»

zentral+: Das hat Sie beeindruckt.

Eder: Sehr. Schäuble ist ein echter Freund der Schweiz. Da gibt es aber auch andere, auch grüne Politiker wie Ministerpräsident Kretschmann von Baden-Württemberg, das mache ich nicht an der Partei fest.

Ist für eine liberale Wirtschaftspolitik, aber gegen eine liberale Gesellschaft: Das Vimentis-Spider von Joachim Eder.

Ist für eine liberale Wirtschaftspolitik, aber gegen eine liberale Gesellschaft: Das Vimentis-Spider von Joachim Eder.

(Bild: www.vimentis.ch)

zentral+: Kommen wir auf die Liberalität zu sprechen: Ihre Smartspider weist Ihnen zwar einen grossen Wert auf der Skala «liberale Wirtschaftspolitik» zu, aber auf der Ebene «liberale Gesellschaft» sind Sie eher tief eingestuft. Wie passt das zu einem liberalen Politiker?

Eder: Da kommen mir die ethischen Fragen in die Quere. Ich bin wertkonservativ, dazu stehe ich auch. Ich bin dagegen, dass homosexuelle Paare Kinder adoptieren dürfen. Ich finde, das ist eine Salamitaktik…

zentral+:…(lacht) wie beim Frauenstimmrecht damals?

Eder: (grinst, aber lässt sich nicht unterbrechen)…Salamitaktik, weil die Homosexuellen, als man die eingetragene Partnerschaft einführte, selber gesagt haben, es sei nicht ihr Ziel, das Adoptivrecht einzufordern. Ich nehme sie beim Wort. Und das hält meinen Wert auf dieser Skala tief.

zentral+: Wenn man Ihre Voten im Ständerat betrachtet, dann fällt die Themenwahl auf: Sie äussern sich viel zu Gesundheitsthemen und zu Familienthemen. Gehören Sie nicht eigentlich in die CVP?

Eder: In der Wertehaltung sicher. Mein Grossvater sass für die CVP im Nationalrat. Aber in Zug ist das sowieso ein wenig speziell, es gibt viele, die problemlos zwischen CVP und FDP wechseln könnten. Aber ich bin sicher kein Softie, wie gewisse Leute mir das ab und zu vorwerfen. Ich bin in Wirtschaftsfragen absolut hart und in Finanzfragen sogar noch restriktiver als unser jetziger Finanzdirektor, wenn man sich die Smartvote-Profile anschaut. Ich bin übrigens der erste, der diese Fragen ausgefüllt und das Spider ins Netz gestellt hat. Ich bin für absolute Transparenz.

zentral+: Allerdings wollen Sie über die Unterstützer Ihres Wahlkampfs keine Auskunft geben.

Eder: Mein Wahlkampf kostet 40’000 Franken, das habe ich offengelegt. Da sind sind viele Freunde dabei, die mich unterstützen. Die wollen nicht, dass ich das an die grosse Glocke hänge. Ich bin wenigstens so transparent, dass ich ausweise, was ich ausgebe. Die Partei hat vorgeschlagen, diese Frage nicht zu beantworten. Sie sehen, ich bin eigenständig und mache nicht immer, was die Partei will.

zentral+: Momentan machen sich viele Parlamentarier Gedanken zum Thema Lobbyismus. Wie gehen Sie mit Lobbyisten im Bundeshaus um?

Eder: Da muss man sagen, die grössten Lobbyisten sind die Parlamentarier selber. Der Präsident des Bauernverbandes etwa. Grundsätzlich vertreten Parlamentarier immer Interessen. Die Frage ist nur welche. Und wo sind die Grenzen.

zentral+: Wo sind Ihre Grenzen?

Eder: Wenn ich ein Mandat annehme, dann sage ich klipp und klar: Ich habe zwei Bedingungen. Erstens will ich weiter unabhängig sein und zweitens notfalls auch gegen Anliegen einer Organisation stimmen, von der ich ein Mandat habe. Ich bin ich im Ständerat, und ich entscheide vor jeder Abstimmung, wie ich persönlich zu einer Sache stehe. Und meine Interessenbindungen und Mandate sind alle offengelegt.

«Und wenn sie nicht mitmachen wollen, dann streichen wir ihnen die Entwicklungshilfe.»

zentral+: Sie haben in einem Interview mit der «Neuen Zuger Zeitung» gesagt, das grösste anstehende Thema sei die Migration. Sie selber haben aber keine Vorstösse in dieser Richtung eingereicht. Ist das bloss Wahlkampf?

Eder: Man darf einen Politiker nicht nur an seinen Vorstössen messen. Es ist nun mal so, dass dieses Thema die Menschen bewegt. Viele Leute fragen mich direkt: Warum macht ihr nicht etwas dagegen? Mit einem vorwurfsvollen Tonfall. Und ich habe einen Vorstoss eingereicht, in dem es um Hilfe für syrische Flüchtlinge vor Ort geht.

zentral+: Aber in der tatsächlichen Realität der Menschen, ausserhalb der Medien, nimmt gerade das Asylthema einen verschwindend kleinen Stellenwert ein. Wann hatten Sie das letzte Mal zufälligen Kontakt mit Asylsuchenden? Ich hatte keinen. Das Thema wird doch ganz offensichtlich aufgekocht.

Eder: Ob aufgekocht oder nicht, das kann ich nicht sagen. Ich würde mir erhoffen, dass es nicht nur ein Wahlkampfthema ist, sondern dass tatsächlich etwas geschieht. Für den Wahlkampf von anderen bin ich allerdings nicht verantwortlich. Ich bin zum Beispiel dafür, dass wir Rücknahmeabkommen mit Staaten wie Eritrea einführen. Und wenn sie nicht mitmachen wollen, dann streichen wir ihnen die Entwicklungshilfe.

zentral+: Damit ist ja aber noch nichts zur Debatte darüber beigetragen, welche Flüchtlinge bleiben dürfen und welche nicht. Und gerade bei Eritrea ist diese Frage umstritten.

Eder: Klar, aber es wäre ein Hebel. Natürlich gibt es echte Flüchtlinge. Wenigstens konnte man das beschleunigte Verfahren für Asylgesuche einführen, das ist schon ein Fortschritt.

zentral+: Ein weiteres grosses Thema im Wahljahr ist der Nationale Finanzausgleich, zumindest für die Zuger. Alt-Nationalrat Rudolf Strahm hat uns im Interview gesagt, die Aktionen der Zuger seien reine Trotzreaktionen und schlussendlich kontraproduktiv. Was sagen Sie dazu?

Eder: Der NFA bewegt die Zuger Bevölkerung. Ich bin der Meinung, die Vorschläge der Zuger Politik sind keine Eigentore. Steter Tropfen höhlt den Stein. Das ist natürlich für mich als Ständerat eine frustrierende Debatte, da wir als Geber stark in der Minderheit sind. Aber wir müssen etwas unternehmen, damit sich die Lage ändert. Ich glaube auch nicht, dass ein Sperrkonto wirklich etwas nützt, der Bund kann uns dann einfach bei anderen Massnahmen weniger Geld auszahlen und das intern verrechnen. Wir müssen eine Lösung auf Gesetzesebene finden.

«Ich bin nun ein Dritteljahrhundert in der Politik, ich habe viel Erfahrung. Das ist mein zehnter Wahlkampf, und ich freue mich darauf.»

zentral+: Zum Schluss ein kurzer Werbespot: Warum soll man Joachim Eder wählen?

Eder: Was ich immer wieder von Leuten höre, ist: Sie sind sich in all den Jahren treu geblieben. Das freut mich sehr, denn das stimmt auch: Ich bin ich im Ständerat, und entscheide so, wie ich es für richtig halte. Ich bin dankbar, wenn man mich wählt, weil ich hochmotiviert bin, die Interessen der Zuger Bevölkerung auch die nächsten vier Jahre gut zu vertreten. Ich bin nun ein Dritteljahrhundert in der Politik, ich habe viel Erfahrung. Das ist mein zehnter Wahlkampf, und ich freue mich darauf.

zentral+: Wäre das der Abschluss Ihrer politischen Karriere?

Eder: Wissen Sie, ich würde die kommende Legislatur nicht als Krönung bezeichnen. Das schönste Amt, das man haben kann, ist Landammann in einem Kanton wie Zug zu sein, einem schönen Kanton mit liebenswürdigen Menschen. Und für den Bundesrat bin ich zu alt (lacht). Aber ich übe das Amt als Ständerat sehr gerne aus. Ich finde es umso spannender, weil hier eben keine Parteipolitik betrieben wird. Sie hören niemals, die FDP hat gesagt, die Grünen haben gesagt. Es geht nur um die Inhalte, um die Sache. Und das gefällt mir ausserordentlich gut.

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