Luzerner Möbelmacher behauptet sich

Harter Stahl, weiche Couch

Ein Schritt in die Öffentlichkeit: Hanspeter Meyer in seinem neuen Lokal. (Bild: jwy)

Kleine Handwerksbetriebe mitten in der Stadt Luzern – gibt’s das noch? Ja, zum Beispiel die Möbelproduktion Neustahl von Hanspeter Meyer. Seit 15 Jahren behauptet er sich. Er trotzt dem Trend, Möbel günstig im Ausland einzukaufen. Nun begibt er sich auf neues Terrain.

Neustahl hat sich in den letzten 15 Jahren als Luzerner Label etabliert. Es steht für hochwertiges Handwerk, für schlichtes Design, für lokale Verwurzelung und vor allem: für Hanspeter Meyer. Er ist Designer, Handwerker, Verkäufer und Händler in Personalunion.

Kleine Handwerksbetriebe verschwinden zusehends aus dem Luzerner Stadtbild. So gesehen ist Meyers Werkstatt in einem Innenhof mitten im Neustadt-Quartier eine Oase. Und er denkt nicht ans Verschwinden, im Gegenteil: Gleich ums Eck kommt jetzt ein kleines Ladenlokal dazu, wo Meyer eine Auswahl seiner Möbel der Laufkundschaft präsentiert.

Klein, aber fein: Hier stellt Neustahl seine Stücke zur Schau. (Bild: Ben Huggler)

Klein, aber fein: Hier stellt Neustahl seine Stücke zur Schau. (Bild: Ben Huggler)

Vom Keller ins Rampenlicht

Vom Sozialarbeiter zum Möbeldesigner

Hanspeter Meyer ist ausgebildeter Sozialarbeiter. Seit 15 Jahren konzentriert er sich aufs Handwerk und das Label Neustahl. In seiner Werkstatt produziert er Möbel auf Mass. Grundmaterial ist Edelstahl, in Kombination etwa mit Massivholz, Stein, Glas oder Linoleum. In seiner Innenhof-Werkstatt und im neuen Ladenlokal präsentiert und verkauft Neustahl nebst dem eigenen Sortiment auch Produkte befreundeter Labels.

Das Ladenlokal Neustahl (Habsburgerstrasse 20) hat jeweils Mittwoch bis Freitag von 12 bis 18 Uhr geöffnet. Eröffnungsapero: Freitag, 13. Mai, 17 Uhr.

Neustahl ist auch am Wauw dabei, dem Festival der Sinne: 20. bis 22. Mai, Sinnlicht, Industriestrasse 15, Luzern

Was bedeutet für ihn das neue Lokal? «Es ist für mich ein wichtiger Schritt», sagt Meyer. «Der Laden hat eine extreme Sichtbarkeit, so gewinne ich eine gute Öffentlichkeit.» Bisher standen seine Möbel im Keller der Werkstatt, die etwas abgeschirmter im benachbarten Innenhof steht. Dort schneidet, schweisst und schleift Hanspeter Meyer mit schwerem Geschütz. Er produziert die Stücke auf individuelle Wünsche und auf Mass.

Die Werkstatt ist ein äusserst attraktiver Ort, an den man aber nicht einfach so zufällig heranläuft. Deshalb öffnet Meyer auch die Werkstatt-Räume regelmässig für das Publikum, etwa im Dezember an «DesignSchenken», oder wie kürzlich wieder während des Comixfestivals Fumetto, wo in der Werkstatt eine der Hauptausstellungen stattfand. Hanspeter Meyer, der Kulturtäter.

Während drei Wochen – inklusive Auf- und Abbau – stellt er sein Geschäft jeweils dem Fumetto zur Verfügung. Meyer: «Das darfst du nicht rechnen, das ist eine Herzblutgeschichte.» Auf der anderen Seite strömen rund 2000 Leute während einer Woche durch seine Werkstatt. «In dieser Beziehung bin ich anders denkend als andere Unternehmer, für mich ist das unschätzbare Werbung.»

Weniger Zeit für die Werkstatt

Zurück zum neuen Lokal: Hanspeter Meyer sitzt das erste Mal im geöffneten Laden, viel Laufkundschaft frequentiert die Strasse, Passanten schielen durch die Scheibe, was sich da Neues tut – grüssen zur offenen Türe rein, ganz nach dem Gusto von Hanspeter Meyer.

«Ich lebe von Leuten, die ein gewisses Bewusstsein haben. Die wird es immer geben, die Schweiz hat immerhin weltweit den höchsten Anteil an designaffinen Leuten.»

Hanspeter Meyer

An drei Nachmittagen pro Woche hat er geöffnet – das bedeutet weniger Zeit in der Werkstatt oder für das Ausliefern von Möbeln. «Es ist natürlich eine Herausforderung, das alles unter einen Hut zu bringen.» Bisher war er flexibler in seinem Geschäftsalltag: «Ich konnte bis jetzt einfach schliessen, wann ich Lust hatte.»

Profitiert Neustahl vom Boom des Regionalen, wie man das in anderen Branchen beobachtet? Meyer: «Bei mir war das vor 15 Jahren schon so, ich lebe von Leuten, die ein gewisses Bewusstsein haben. Die wird es immer geben, die Schweiz hat immerhin weltweit den höchsten Anteil an designaffinen Leuten.»

Das Persönliche ist keine hohle Phrase

Doch die Möbelbranche leidet, sie spürt die Zeichen der Zeit: Die Leute kaufen vermehrt online im Ausland ein und profitieren von tieferen Preisen. Doch Meyer als Einmannbetrieb kann darauf flexibler reagieren als Grosshändler. Er produziert auf Bestellung, und bei ihm ist der direkte Kontakt zu den Kunden keine hohle Phrase.

«Ich arbeitete früher an einem Tisch eineinhalb Tage, heute schaffe ich das in fünf Stunden.»

Doch auch Hanspeter Meyer wird vom Feilschen um Preise nicht verschont. Weniger bei seinen selbst hergestellten Möbeln als vielmehr bei den ausgewählten Produkten von anderen Licht- und Möbelproduzenten, die Neustahl ebenfalls verkauft. «Online findet man diese Objekte immer irgendwo günstiger», sagt er. «Es ist ein Haifischbecken und man muss sich darin zurechtfinden.» Aber es läge Hanspeter Meyer fern, zu klagen oder gar zu jammern – viel lieber geht er mit dem neuen Lokal in die Offensive.

Weg von der 5-Tage-Produktion

Wie hat sich sein Business in den 15 Jahren verändert? Anfangs hat er ausschliesslich selber Möbel hergestellt, stand fünf Tage die Woche hinter den Maschinen und Geräten – heute produziert er viel weniger. «Ich produziere immer noch sehr gern – und immer noch genug, so dass es mir nicht fehlt», sagt er. Heute halten sich seine eigene Kollektion und die Möbel von anderen Labels in etwa die Waage.

Kommt dazu, dass Meyer von seiner Erfahrung und Routine profitiert und in der Produktion schneller wurde: «Ich arbeitete früher an einem Tisch eineinhalb Tage, heute schaffe ich das in fünf Stunden.»

Und hier produziert Meyer seine Möbel: in einem Innenhof in der Neustadt.

Und hier produziert Meyer seine Möbel: in einem Innenhof in der Neustadt.

(Bild: jwy)

Hanspeter Meyer möchte nicht mehr zurück zur 5-Tage-Woche in der Werkstatt. «Ich finde es eine gesunde Entwicklung, ich könnte heute nicht mehr produzieren, was ich in Spitzenzeiten geschafft habe. Das ist härteste körperliche Arbeit und führt über die Jahre zu brutalen Abnützungserscheinungen.» Vibrierende, schwere Maschinen setzten dem Körper, vor allem den Armen, zu.

Er nimmt jedes Jahr wie’s kommt

Wo werden Hanspeter Meyer und Neustahl in 15 Jahren stehen? «Ich sage jedes Jahr, ich weiss nicht, ob’s mich nächstes Jahr noch gibt, das weisst du nie.» In erster Linie sei er stolz, dass er 15 Jahre durchgehalten habe. «Ich habe mir immer gesagt: Wenn ich nicht mehr schlafen kann, höre ich auf», sagt Meyer, «das fände ich ganz schlimm.»

Zumindest eine Sorge muss Hanspeter Meyer nicht plagen: Dass er seine Werkstatt an zentralster Lage verlieren könnte. Er hat von den Besitzern eine langfristige Zusicherung, dass er bleiben kann. «Wenn ich diesen Standort nicht mehr hätte, dann wäre der Schuppen dicht», sagt er.

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