Luzerner Stadtparlament versenkt Volksinitiative

Harsche Abfuhr für hartnäckige Antennen-Gegner

So wie hier auf dieser Bildmontage gibt es in Luzern noch keinen Wildwuchs mit Handyantennen. Eine Initiative will nun vorbeugen. (Bild: Montage, zVg)

Nein, die Stadt will den Bau von neuen Handyantennen nicht stärker reglementieren. Nach dem Stadtrat schickte diesen Donnerstag auch das Stadtparlament eine entsprechende Volksinitiative den Bach runter. Einzig die CVP-Fraktion wankte. Jetzt liegt der Ball beim Volk.

Der Stadtrat sagte bereits Nein, die Baukommission ebenfalls und nun entschied sich diesen Donnerstagnachmittag auch das Stadtparlament für ein Nein. Und zwar deutlich mit 38 Nein-Stimmen gegen drei Ja-Stimmen (der CVP) und vier Enthaltungen. Begründung: Die Stadt erfülle bereits sehr hohe Sicherheitsauflagen, es brauche wegen steigender Datenmenge nun mal mehr Antennen, die Umsetzung würde das Problem nicht lösen, sondern bloss verschieben. Damit kommt die Volksinitiative «Für Ordnung statt Wildwuchs» wohl am 5. Juni 2016 vors Volk. Dass sie auch dort scheitern wird, ist angesichts der klaren Front im Stadtparlament wohl unabwendbar.

«Für Ordnung statt Wildwuchs»

Und darum geht’s: Handyantennen sind gefährlich für die Gesundheit, sehen hässlich aus und müssen deshalb wenn immer möglich aus dicht besiedelten Quartieren verschwinden. Das fordern zumindest die Urheber der Initiative «Für Ordnung statt Wildwuchs beim Mobilfunk». Aktuell stehen in der Stadt gut 100 Mobilfunkantennen plus diverse versteckte Funkzellen. Tendenz steil steigend.

Antennen und kleinere Funkzellen in der Stadt Luzern

Antennen und kleinere Funkzellen in der Stadt Luzern

«Flut an Baugesuchen wird zunehmen»

Hinter der Initiative stehen Privatpersonen, welche sich in mehreren Wohnquartieren der Stadt gegen den Bau von Mobilfunkantennen wehren. «Die Flut an Baugesuchen für Antennenanlagen in der Stadt Luzern wird anhalten, beziehungsweise soll sogar noch zunehmen», begründeten sie ihr Anliegen. Antennen müssen dort gebaut werden, wo die Nebenwirkungen möglichst gering seien. Die Stadt, so die Forderung der Initianten, solle ein Kaskadenmodell einführen, wie es bereits Gemeinden wie Kriens und Sempach kennen. Demnach müsste in der Bau- und Zonenordnung (BZO) aufgeführt werden, wo Antennen überhaupt nicht, nur bedingt und wo eher problemlos installiert werden könnten. Bevor in dicht besiedelten Gebieten eine Antenne montiert werden dürfe, müssten zuerst die problemloseren Standorte für untauglich befunden worden sein.

Die hartnäckigen Antennen-Gegner sind mit einem ähnlichen Anliegen, verpackt in eine Volksmotion, erst vor kurzem beim Stadtrat aufgelaufen. Nun versuchen sie es erneut via Volksinitiative.

Geballte Front gegen Volksinitiative

Den Auftakt zur angeregten, aber sachlich geführten Debatte im Rathaus am Kornmarkt machte Korintha Bärtsch von den Grünen. Sie stellte gleich klar: «Der Schweizerische Grenzwert ist bereits zehn Mal tiefer als jener im Resten Europas. Zudem ist die Strahlenbelastung durchs eigene Natel grösser als die Belastung durchs Luzerner Handynetz.» Natürlich müsse die Bevölkerung vor negativen Auswirkungen geschützt werden. Bärtsch betonte jedoch: «Das Kaskadenmodell funktioniert für Luzern nicht.»

«Es gibt keinen Handlungsbedarf, etwas zu verschärfen.»

Jules Gut, GLP

Ganz ähnlich sah es Jules Gut (GLP). Auch er verwies auf die bereits sehr strengen Richtlinien der Schweiz. «Drum gibt’s auch keinen Handlungsbedarf, etwas zu verschärfen.» Zumal ein Ja zur Volksinitiative das Problem nicht lösen würde. Dann nahm Gut kein Blatt vor den Mund und unterstellte den Initianten persönliche Motive für ihr Anliegen: «Einigen von ihnen geht es wohl auch darum, eine Antenne in ihrer direkten Umgebung zu verhindern.»

Dann hatte Urs Zimmermann (SVP) das Wort. Die Mobilfunktechnologie sei nicht mehr aus unserer Gesellschaft wegzudenken. «Mit der Initiative wird nun aber versucht, den Bau von Antennen in vielen Zonen der Stadt zu verhindern. Von einem Wildwuchs kann zudem keine Rede sein.» Der Wunsch nach einer flächendeckenden Abdeckung fordere nun mal eine gewisse Anzahl Antennen.

Mario Stübi von der SP ging in seinem Votum ebenfalls auf die strengen Schweizer Richtlinien ein. «Deshalb schiesst die Initiative über das Ziel hinaus. Zudem: Wenn wir wegen des geforderten Kaskadenmodells an einem Ort eine Antenne verbieten, braucht’s unter Umständen Antennen an zwei anderen Standorten. Das kann nicht die Lösung sein.»

«Alle wollen an ihrem Wohn- und Arbeitsort uneingeschränkten Handyempfang, aber Antennen will niemand.»

Rieska Dommann, FDP

Mit diesem Argument bekämpfte auch Rieska Dommann (FDP) die Volksinitiative. Das Kaskadenmodell würde Handyantennen in Wohn- und Arbeitszonen fast verunmöglichen. «Das Problem würde nur an die Ränder dieser Zonen verschoben. Dort müssten dann aber noch leistungsfähigere Antennen gebaut werden.» Dommann erinnerte die Anwesenden im Rathaus an die Zwickmühle: «Alle wollen an ihrem Wohn- und Arbeitsort uneingeschränkten Handyempfang, aber Antennen will niemand.»

SP und CVP mit Sympathien für Initiative

Für eine nicht ganz geschlossene CVP musste dann Roger Sonderegger sprechen. «Wir sehen, dass die heutige Technologie irgendwann an seine Grenzen kommt. Deshalb werden auch einzelne CVP-Mitglieder für die Initiative stimmen. Aber das Kaskadenmodell ist problematisch in der Anwendung, wie das Rieska Dommann schon aufgeführt hat.» Das würde laut Sonderegger nur für das Doppelte an Bürokratie sorgen.

Schliesslich erhielt noch Judith Dörflinger das Wort, die für eine Minderheit der SP/Juso-Fraktion sprach. «Die Politik muss sich der Verunsicherung in der Bevölkerung annehmen. Im vorliegenden Bericht der Stadt geschieht dies aber ungenügend.» Noch immer sei unklar, wie gefährlich Mobilfunkstrahlen für die Bevölkerung wirklich seien. «Der Stadtrat soll eine Strategie erarbeiten, wie er mit dieser Herausforderung umzugehen gedenkt.» Deshalb würden sich einzelne SP-Mitglieder der Stimme enthalten.

Für eine Minderheit innerhalb der CVP sprach dann noch Michael Zeier: «Mangels Alternativen sind Einzelne von uns bereit, die Initiative zu unterstützen. Auch wenn das Kaskadenmodell nicht lösungsorientiert ist. Wir brauchen Regeln, die transparent und nachvollziehbar sind.»

«Der Stadtrat ist klar anderer Meinung»

Seitens des Stadtrates nahm Baudirektorin Manuela Jost Stellung: «Laut den Initianten ist die jetzige Situation aus gesundheitlichen Gründen ungenügend. Ihre Lösung ist das Kaskadenmodell. Der Stadtrat ist klar anderer Meinung. Wir haben weder einen Wildwuchs noch fahren wir einen unkritischen Kurs in Sachen Bewilligungen.» Das vom Stadtrat praktizierte Kooperationsmodell, das auf der Zusammenarbeit aller Beteiligten basiert, funktioniere gut.

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