Frisches Blut für die Wirtschaft

Handfeste Berufe bei Zugern unbeliebt

Acht Lehrstellen für Polybauer blieben dieses Jahr unbesetzt. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Markant weniger Jugendliche beginnen im Vergleich zum Vorjahr diesen Sommer eine Berufsausbildung. Während auf die immer gleichen Berufe eine Fülle an Bewerbungen niederprasselt, müssen vor allem Handwerksbetriebe um Lehrlinge kämpfen – auch sprachliche Gründe sind dafür verantwortlich.

Tierpflegerin, Glaser, Fleischfachassistentin – welcher Beruf darf’s denn sein? Ein wichtiger Meilenstein steht auch diesen August wieder für viele junge Erwachsene an: der Übergang vom Schülerdasein ins Berufsleben. Im Vergleich zu 2014 nehmen in Zug rund fünf Prozent weniger Jugendliche eine Lehre in Angriff, wie eine Erhebung des Berufsinformationszentrums (BIZ) der Zuger Bildungsdirektion zeigt.


Verwirrende Berufsbezeichnungen

Zahlreiche Lehrstellen in Zug bleiben dieses Jahr unbesetzt. Besonders schlimm trifft es die Polybauer, wie man Dachdecker heutzutage betitelt: Für ganze acht Ausbildungsplätze fanden sich dieses Jahr keine Lehrlinge. Das Problem bei einigen Berufen sei nicht unbedingt, dass sie unbeliebt seien, sondern dass diese teilweise fremd klingenden Berufsbezeichnungen den Jugendlichen zu wenig geläufig seien und diese sich nicht viel darunter vorstellen könnten, sagt Urs Brütsch, Leiter des BIZ.

«Für viele Personen aus einem anderen Kulturkreis ist die Berufslehre weitgehend unbekannt und wird daher oft gar nicht in Betracht gezogen.»
Erich Rosenberg, Amt für Berufsbildung Kanton Zug

Andere Handwerksberufe, insbesondere in der Baubranche, würden aber durchaus unter einem Image-Problem leiden: «Beim Strassenbauer sehen viele vor allem die belastenden Seiten des Berufs und weniger die positiven, wie die Freude über eine fertiggestellte Brücke oder die guten Perspektiven für ausgebildete Fachleute.»

Mittelschulen und Brückenangebote beliebt

Anstatt nach der obligatorischen Schulzeit eine Berufsausbildung zu beginnen, entschieden sich rund elf Prozent der befragten Zuger Jugendlichen für das Gymnasium oder die FMS, etwa drei Prozent mehr als 2014. Dies könne eine Tendenz darstellen, sagt Erich Rosenberg vom Amt für Berufsbildung: «Gerade im Kanton Zug leben viele Personen aus einem anderen Kulturkreis, beispielsweise aus dem englischsprachigen Raum. Für sie ist die Berufslehre weitgehend unbekannt und wird daher oft gar nicht als gleichwertige Alternative zum Gymnasium in Betracht gezogen.»  

Rund ein Fünftel der Befragten entschied sich dieses Jahr für ein Brückenangebot. Für eine solche Zwischenlösung gebe es verschiedene Gründe, wie Urs Brütsch erklärt: «Einige legen bewusst ein Zwischenjahr ein, um persönlich zu reifen, während andere Jugendliche darauf hoffen, im nächsten Jahr die passende Lehrstelle zu finden oder die Aufnahmeprüfung fürs Gymnasium zu schaffen.»

Der grösste Teil von ihnen absolviert ein kantonales Brückenangebot. Nur rund ein Drittel macht ein privates Zwischenjahr, beispielsweise einen Fremdsprachaufenthalt. Einen Rekord bilden die 15 Jugendlichen, die zum Zeitpunkt der Erhebung noch keine konkrete Lösung hatten: Es ist der höchste Wert seit 2010.

Grafik: Gewählte Wege: Vergleich mit Vorjahr. BIZ Amt für Berufsberatung, Kanton Zug

Grafik: Gewählte Wege: Vergleich mit Vorjahr. BIZ Amt für Berufsberatung, Kanton Zug

Kaufmännische Lehre weiterhin Favorit

Besonders problematisch war die Lehrstellensuche für die Jugendlichen aber nicht: Die meisten Befragten erlebten sie als einfach und gaben an, mit weniger als zehn Bewerbungen erfolgreich gewesen zu sein. Weshalb also konnten nicht mehr Lehrstellen besetzt werden? Der Grund dafür liegt in den Präferenzen der Lehrstellensuchenden: Weitaus am beliebtesten ist auch bei den Zuger Jugendlichen der Beruf des Kaufmanns – 129 Jugendliche beginnen heuer diese Lehre.

Bei jungen Männern sind ausserdem Zeichner und Informatiker als Berufswahl hoch im Kurs. Nebst dem KV sind bei den weiblichen Oberstufenabsolventen Fachfrau Gesundheit und Detailhandelsfachfrau die Spitzenreiter – 55 Prozent ergreifen einen dieser drei Berufe. Für alle, die diese äusserst beliebten Berufe wählen möchten, gibt es aber schlicht nicht genügend Lehrstellen. Für Urs Brütsch sind zudem die Eltern ein wichtiger Faktor: «Viele Eltern haben selber ein Studium oder eine kaufmännische Ausbildung absolviert. Dies prägt die Jugendlichen sehr.»

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