Zu wenig Ressourcen bei der Zuger Polizei

Häusliche Gewalt: Nur noch Familien mit Kindern werden betreut

Täglich rückt die Zuger Polizei wegen häuslicher Gewalt aus.

(Bild: fotolia.de/Symbolbild)

Die Fachstelle Häusliche Gewalt der Zuger Polizei interveniert derzeit nur noch in Fällen, in denen Kinder von den Auseinandersetzungen betroffen sind. Grund: Sie hat zu wenig Leute. Der Kantonsrat hat es nun in der Hand, dies zu ändern.

Wenn der Einsatzleitzentrale ein Fall von häuslicher Gewalt gemeldet wird, wissen die Polizistinnen und Polizisten kaum je, was sie vor Ort erwartet. Es gibt keine feste Vorgehensweise und auch keinen «Normalfall». Nur eines ist klar: Es wird eine menschliche Herausforderung.

Wenn Ehe- oder Lebenspartner aufeinander losgehen, ist es die Polizei, die erste Massnahmen zum Schutz des Opfers trifft. Das kann eine vorläufige Festnahme sein, aber auch eine Wegweisung einer Person.

«Es geht darum, die Beteiligten zu motivieren, ihr Verhalten zu überdenken.»

Polizeisprecherin Judith Aklin

Und wie geht es danach weiter? Diese Frage ist entscheidend, wenn es darum geht, künftige Fälle zu verhindern. Im Moment ist es allerdings so, dass allzu oft nichts passiert.

Gespräche haben präventive Wirkung – doch die Zeit fehlt

Eigentlich sähe das Vorgehen folgendermassen aus: Nach einem Vorfall von häuslicher Gewalt nimmt die zuständige Fachstelle der Zuger Polizei mit beiden Parteien – sofern dies möglich ist – Kontakt auf. Die Fachleute beraten sie in Bezug auf das strafrechtliche und das zivilrechtliche Vorgehen und geben Opfer und Täter Informationen zu Beratungsstellen wie Opfer-, Budget-, Paar-, Gewalt- oder Suchtberatung weiter.

«Es geht darum, die Beteiligten zu motivieren, sich an eine geeignete Beratungsstelle zu wenden und ihr Verhalten zu überdenken», erklärt Judith Aklin, Sprecherin der Zuger Polizei. Im Zentrum stehe die Durchbrechung der Gewaltspirale.

«Durch diese Nachbetreuung und Präventionsmassnahmen hat die Fachstelle in der Vergangenheit in vielen Fällen ein wiederholtes Eingreifen der Polizei verhindern können», sagt Judith Aklin. «Besonders die Gespräche mit den Betroffenen sind dabei sehr hilfreich.»

Wie erwähnt kann die Betreuung im Moment allerdings nicht im gewohnten Umfang geleistet werden, weil der Zuger Polizei beziehungsweise der Fachstelle Häusliche Gewalt im Bereich der Nachbetreuung derzeit die personellen Ressourcen fehlen.

2018 gab es 439 Fälle häuslicher Gewalt, im Vorjahr waren es 386 (zentralplus berichtete). «Aufgrund der steigenden Fallzahlen musste die Zuger Polizei seit dem Jahr 2017 eine Verzichtsplanung vornehmen, das heisst die Mitarbeitenden der Fachstelle Häusliche Gewalt können nur noch bei denjenigen Fällen eine Nachbetreuung gewährleisten, in denen Kinder involviert sind», sagt Aklin.

Es fehlt eine Personalstelle

Aktuell fehlt es an mindestens einer Personalstelle bei der Nachbetreuung, um diese in allen Fällen leisten zu können. Die Zuger SP hat denn auch ein entsprechendes Postulat eingereicht. Sie fordert, dass die Regierung der Fachstelle Häusliche Gewalt die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellt, um wirksam arbeiten zu können. Der Vorstoss wird nächste Woche im Kantonsrat behandelt.

Erst kürzlich stand das Thema übrigens auch im Luzerner Kantonsrat auf der Traktandenliste. Die SP-Fraktion wollte von der Regierung wissen, was der Kanton alles unternimmt, um häusliche Gewalt zu verhindern und Opfer zu schützen. Aus der Antwort geht hervor, dass unter anderem das Bedrohungsmanagement bei der Bekämpfung der häuslichen Gewalt eine wichtige Rolle spielt.

Ein solches gibt es im Kanton Zug bislang nicht.  «Es wäre aber von grosser Bedeutung, zumal sich die Fälle in den vergangenen Jahren gehäuft haben. Aufgrund der derzeitigen personellen Situation bei der Zuger Polizei ist die Einführung eines Bedrohungsmanagement derzeit leider nicht möglich», sagt Judith Aklin.

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