Flaniermeile in Luzerner Altstadt

Grünes Licht für Grendelsanierung

So wie auf diesem Symbolbild soll der Grendel nach der Neugestaltung aussehen. (Bild: zvg)

Geht doch! Über zehn Jahre nach dem Nein des Stimmvolks zur Grendelsanierung soll die ganze Achse vom Schwanen- zum Mühleplatz nun doch aufgewertet werden. Dem Stadtparlament ist das 3,7 Millionen Franken wert. Für ordentlich Zoff sorgte der Löwengraben.

Zu einem richtigen Showdown, gar einem historischen Moment kam es an diesem Donnerstagvormittag im Grossen Stadtrat. Traktandiert war unter anderem die seit 2001 heftigst diskutierte 530 Meter lange Sanierung der Achse Grendel-Löwengraben. Die neuste Variante sieht für insgesamt 3,7 Millionen Franken eine Aufwertung vor. An der Grossstadtratssitzung gings konkret um einen Kredit für die Projektierungs- und Ausführungskosten in der Höhe von 3,4 Millionen. Der Planungskredit von 326’000 Franken wurde schon früher genehmigt. Der bisherige Strassencharakter dieser seit über zehn Jahren autofreien Verbindung vom Schwanen- zum Mühleplatz soll dem einer Flaniermeile weichen.

Nach langer und intensiv geführter Debatte entschied das Stadtparlament schliesslich: Die Achse Grendel-Löwenplatz soll wie vom Stadtrat vorgeschlagen für insgesamt 3,7 Millionen Franken saniert werden. Der Löwengraben wird zudem zur Begegnungszone. Ein von SVP und FDP hoffierter Vorschlag, den Löwengraben nur soft zu sanieren und so eine Million Franken zu sparen, unterlag. In der Schlussabstimmung über den Kredit stimmten 32 Politiker Ja, sechs Nein und sechs enthielten sich.

Zu wenig Geld für Löwengraben?

Vor der Abstimmung eröffnete Jules Gut (GLP) die mit Spannung erwartete Debatte. Es sei erfreulich, dass man nun nach langer Planung auf der Zielgerade eingebogen sei. Mit den Aufwertungen am Grendel sei die GLP einverstanden. Aber: «Wir haben uns Gedanken gemacht, was die Stadt sonst noch alles finanzieren muss. Etwa diverse Schulhaussanierungen. Auch ein grosses 11-Millionen-Sparpaket steht uns bevor. Deshalb frage ich: Ist es wirklich notwendig, eine ganze Millionen im Berich Löwengraben einzusetzen, nur für ein paar neue Randsteine?» Hier könne die dafür budgetierte Million gespart werden. Auf die geplante teure Umgestaltung soll in diesem Bereich verzichtet werden, ein einfacher neuer Strassenbelag genüge.

«Der hintere Teil im Löwengraben wirkt eher wie ein schmuddeliger Hinterhof.»

Nico van der Heiden, SP

Ähnlich sah es Rieska Dommann (FDP): «Das Projekts verspricht eine einfache, gute Lösung. Dass der Falkenplatz nicht umgestaltet werden soll, ist jedoch zu bedauern.» Die Aussichten in den nächsten Jahren würden nun aber klar aufzeigen, dass auf die Stadt grosse und teure Herausforderungen zukommen würden. «Wir stimmen deshalb nur einem um eine Millione Franken reduzierten Kredit zu, der für den Löwengraben eine günstigere Aufwertung vorsieht.»

Kein grosser Wurf?

Ins gleiche Horn wie seine Vorredner stiess Urs Zimmermann (SVP): «Der Grendel ist von grosser touristischer Bedeutung für die Stadt Luzern. Jedoch sind die fürs Gesamtprojekt veranschlagten 3,7 Millionen Franken sehr viel Geld.» Die SVP sei für eine Aufwertung des Grendels, aber nicht zu jedem Preis. Zumal damit kein grosser Wurf gelingen würde. «Wir sind überzeugt, dass die Sanierung des Grendels nötig ist. Aber im Löwengraben genügt ein einfacher Deckbelag. Deshalb sind wir für den reduzierten Kredit.»

Nico van der Heiden (SP) sah die Sache jedoch anders. Am Grendel bestehe unbestritten Handlungsbedarf. «Vor allem der hintere Teil im Löwengraben wirkt eher wie ein schmuddeliger Hinterhof.» Das vorliegende Gesamtprojekt sei kein Luxusprojekt, sondern ein guter Kompromiss, hinter dem sehr viele Personen stehen können. Dann warnte van der Heiden: «Für uns gilt alles oder nichts. Wir bieten nicht Hand für eine Aufsplittung in Grendel/Löwengraben. Denn wir sind überzeugt, dass auch die Bevölkerung im hinteren Teil beim Löwengraben von der Aufwertung profitieren soll.»

Grüne sind gespalten

Im Clinch mit sich selbst waren die Grünen. Laurin Murer erklärte: «Jetzt liegt endlich ein gute Projekt für den Grendel vor. Doch unsere Fraktion ist diesbezüglich gespalten. Ich und eine Mehrheit stehen hinter dem vorgeschlagenen Gesamtprojekt inklusive Aufwertung des Löwengrabens.» Von der Neugestaltung profitieren laut Murer die Fussgänger, die Velofahrer und die Touristen gleichermassen. Auch die Vorgaben des Behindertengleichstellungsgesetzes würden damit erfüllt.

Roger Sonderegger (CVP) setzte sich ebenfalls für das Gesamtprojekt ein. «Heute sind wir an einem historischen Punkt, an dem wir die Aufwertung endlich angehen können.» Nun liege ein gutes, würdiges Projekt vor, aber keinesfalls eine Luxuslösung – «das wäre eine Pflästerung der Achse», rief Sonderegger in Erinnerung. Und weil am Löwengraben das grösste Aufwertungspotential bestehe, wolle man auch diesen richtig aufwerten. «Die Begründung für die Kosten von 3,7 Millionen Franken leuchten uns zudem ein.»

Für die gespaltenen Grünen erklärte dann Korintha Bärtsch, warum sie gegen die Aufwertung des Löwengrabens war. «Der Löwengraben ist uns sehr sympathisch, dort herrscht ein guter Nutzungsmix mit vielen kleinen Restaurants und Läden. Aber höhere Attraktität führt zu höheren Mieten, das wollen wir nicht.» Höhere Mieten könnten laut Bärtsch viele der dort ansässigen Mieter vertreiben. «Dann haben wir im Löwengraben den gleichen Einheitsbrei aus Schuh-und Schmuckläden wie sonst überall.» Sie und eine Minderheit der Grünen sei deshalb nur für die notwendigsten Sanierungsarbeiten am Löwengraben.

Starker Rückhalt für Gesamtsanierung

Albert Schwarzenbach (CVP), als Altstadtbewohner und seit Jahren engagierter Grendel-Erneuerer auch «Mr. Grendel» genannt, erinnerte das Parlamant an den breiten Support für die Gesamtsanierung: «Die vier Altstadtorganisationen Quartierverein Altstadt, IG Grendel, IG Kapellplatz und IG Löwengraben haben sich in einem Komitee zusammengefunden, das für ein Ja wirbt. Ihnen haben sich die City-Vereinigung, der Wirtschaftsverband Stadt Luzern, die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz, die Luzern Tourismus AG, die Fussverkehr Region Luzern und die Pro Velo angeschlossen. Sie alle stehen hinter dem Gesamtprojekt.» Was hier vorliegt, ist ein Kompromiss. Und wenn wir von einer Nutzungsdauer von 40 Jahren ausgehen, kostet uns das Projekt pro Jahr 90’000 Franken.

«Wir haben heute die einmalige historische Chance, ein städtebauliches Kapitel endlich zu schliessen.»

Stefan Roth, Stadtpräsident

Stadtrat Adrian Borgula (Grüne) wusste um den starken Gegenwind und rief den Kritikern ins Gewissen: «Das hier ist ein Projekt mit einer sehr langen Vorgeschichte. Nun wollen wir die Chance packen, die Aufwertung endlich vorzunehmen – zusammen mit den aufwändigen Werkleitungsarbeiten, die derzeit am Laufen sind.» Die Achse Grendel-Löwengraben entspreche schon lange nicht mehr den Stadträtlichen Erwartungen. Zur Kritik, dass es sich nicht um einen grossen Wurf handle, räumte Borgula ein: «Der grosse Wurf von diesem Vorschlag ist, dass er eben nicht der grosse Wurf ist. Wir wollen gar keinen herausgeputzten Grendel, sondern eine einfache, gute Lösung.» Zu den Aufteilungsgelüsten von GLP, FDP und SVP stellte Borgula klar, dass der Stadtrat dies für komplett falsch hält. «Denn dort, wo das grösste Aufwertungspotential besteht, würde man dann nichts machen. Darum wollen wir festhalten am Gesamtprojekt.» Dieses beinhalte auch eine richtige Begegnungszone, nicht eine halbherzige, wie beim Theaterplatz.

Stadtpräsident beschwört das Parlament

Nach Borgula warf sich auch noch Finanzdirektor und Stadtpräsident Stefan Roth (CVP) in die heftig aber fair geführte Redeschlacht: «Das Projekt ist zu teuer, sagen einige. Wir haben zwar finanzielle Herausforderungen. Aber die sind in der laufenden Rechnung zu suchen, weniger bei den Investitionen.» Die Stadt Luzern stehe nicht vor dem Konkurs. Die Neugestaltung des Löwengrabens sei ein Projekt für mehr Qualität. Roth beschwor die Politiker: «Wenn Sie jetzt das vorliegende Projekt versenken, bringen Sie eine gute, ausgewogene Vorlage zu Fall. Die geplanten Investitionen können wir uns leisten. Wir haben heute die einmalige historische Chance, ein städtebauliches Kapitel endlich zu schliessen.»

Damit gar nicht einverstanden war Peter With (SVP): «Einfach zu sagen, eine Million mehr für Investitonen spiele für die Stadtfinanzen keine grosse Rolle, kann ich nicht nachvollziehen.» Auch Jules Gut (GLP) kritisierte: «Das nächste umstrittene Projekt ist die Sanierung der Zimmeregg-Badi. Ich würde lieber beim Löwengraben auf eine Million verzichten und diese für die Badi einsetzen.»

Sonja Döbeli Stirnemann (FDP) entdeckte dann zur Überraschung speziell der Linken ihr Herz für die multikulti-Löwengrabennutzer: «Wir sehen es wie Teile der Grünen. Der Löwengraben lebt jetzt. Dieses Biotop würde mit der geplanten Aufwertung seinen Groove verlieren, das möchten wir nicht.»

Nach der Schlussabstimmung sollen die Arbeiten am Grendel zwischen 2018 und 2019 ausgeführt werden. Vorausgesetzt, gegen den Entscheid des Parlaments wird nicht das Referendum ergriffen. Seitens der SVP etwasei dies bislang gar nicht diskutiert worden.

Mehr Bilder und Visualisierungen von der Achse Grendel-Löwengraben finden Sie hier in unserer Slideshow.

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