Zürcher Wahlen als Vorboten für Luzern?

Grün, weiblich, jung: Korintha Bärtschs Aktien steigen

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(Bild: bic)

Die grünen Parteien haben im bürgerlichen Kanton Zürich einen Triumph eingefahren. Grosse Sitzgewinne und der Einzug in die Regierung lautet das Resultat. Steigen nun die Chancen für die grüne Aussenseiterin Korintha Bärtsch? Eine Expertin erachtet dies als realistisch.

Bis am vergangenen Sonntagnachmittag war die Grüne Korintha Bärtsch für viele wohl eine Art Alibikandidatur für den Luzerner Regierungsrat. Ausser bei der eigenen Partei rechnete ihr kaum jemand echte Chancen aus. Zu stark schien die Konkurrenz.

Doch der Triumph der GLP und der Grünen bei den kantonalen Wahlen in Zürich wirft plötzlich ein ganz anderes Licht auf die Kandidatur der jungen Politikerin. Denn im bürgerlichen Zürich schaffte der erst 32-jährige Martin Neukom von den Grünen völlig überraschend den Sprung in die Regierung auf Kosten der FDP. Im Parlament legten GLP und Grüne um je neun Sitze zu. Die SVP verlor in gleichem Masse.

Kanton Luzern begünstigt «alte» Parteien

Die grünen Themen scheinen also zu punkten. Muss sich nun auch Luzern auf eine Überraschung vorbereiten und erhält der bislang laue Wahlkampf in der letzten Woche doch noch den dringend benötigten Pfeffer?

Überraschend war die Deutlichkeit der Zürcher Wahlen auch für die Politologin Cloé Jans vom Forschungsinstitut gfs.Bern, wie sie auf Anfrage sagt. Insbesondere, dass die FDP Federn lassen musste, habe so nicht unbedingt erwartet werden können. Dass es in Luzern zu einer ähnlich starken Sitzverschiebung wie in Zürich kommt, glaubt Jans allerdings nicht.

«Die sozialen Strukturen sind in Luzern anders als in Zürich. In Luzern begünstigen sie eher die traditionelle Mitte.» Zwar seien beide Kantone klar bürgerlich geprägt, doch im protestantischen Zürich stosse insbesondere die GLP auf viel fruchtbareren Boden als im katholischen Luzern, wo die CVP nach wie vor die Hausmacht ist, sagt Jans. 

Wie grün ist das bürgerliche Luzern?

Schwierig sei eine Einschätzung hingegen für die Regierungsratswahlen. Für Politologin Jans ist aber klar, dass die Grüne Korintha Bärtsch wie ihr Zürcher Kollege Martin Neukom durch die aktuelle Themenkonjunktur Aufwind erhält. «Weiter ist es bei Exekutivwahlen entscheidend, dass man auch Wähler ausserhalb des eigenen Lagers mobilisieren kann», erklärt Jans. Dies könne Bärtsch als Grüne aufgrund der Themenlage durchaus gelingen.

«Einen Vorteil hat Bärtsch, weil sie auch die Frauenfrage aufs Tapet bringen kann.»

Cloé Jans, Politologin

«Dass grüne Parteien wie in Zürich derart zulegen, ist ein Signal, dass ihre Themen bei den Wählerinnen momentan priorisiert werden», führt Jans aus. Zudem seien die Grünen in Luzern vergleichsweise stark. «Einen weiteren Vorteil hat Bärtsch, weil sie die einzige Kandidatin ist und somit auch die Frauenfrage aufs Tapet bringen kann», so Jans. Mit ihren 34 Jahren ist sie zudem fast gleich alt wie ihr Zürcher Kollege Neukom. Und sie kommt aus der Stadt, die derzeit keinen Einsitz in der Regierung hat.

Auf der anderen Seite ist der Einzug in die Regierung in Luzern, wo nur fünf Sitze zu verteilen sind, schwieriger als in Zürich. Dort besteht der Regierungsrat aus sieben Personen. Eine linke Vertretung steht in Zürich folglich jeweils ausser Frage.

Bärtsch kann zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen

Da Bärtsch mit ihrer Kandidatur also sowohl die brennende Öko-Diskussion wie auch die seit vier Jahren debattierte Frauenfrage lösen kann, könnte die Stadtluzernerin zur Gefahr für einen der anderen Kandidaten werden. Kommt hinzu, dass den beiden grünen Parteien in der letzten Woche vor den Luzerner Wahlen ein Siegerimage anhaftet. Ein Trumpf, der im Schlussspurt nicht unterschätzt werden darf. So könnte der eine oder die andere Unentschlossene sich im letzten Moment vielleicht noch für Bärtsch oder Roland Fischer von der GLP entscheiden.

«Es wäre gefährlich, sich von den Resultaten aus Zürich beeinflussen zu lassen.»

Korintha Bärtsch, Regierungsratskandidatin

Aber wie schätzt Korintha Bärtsch selber ihre Chancen ein? «Es wäre gefährlich, sich von den Resultaten aus Zürich beeinflussen zu lassen. Es zeigt sich aber, dass unsere Themen aktueller denn je sind und dass viele Leute momentan an einen Umschwung beim Umweltschutz glauben», so die Luzerner Grossstadträtin. Die Grünen seien glaubwürdig und könnten die Früchte ihrer Arbeit nun endlich ernten.

Es sei aber zu früh, um Aussagen darüber zu machen, ob ihre Chancen gestiegen sind. Denn viele hätten schon gewählt, bevor die Zürcher Ergebnisse bekannt waren. «Wir werden unsere Kampagne daher wie geplant weiterführen», sagt Bärtsch. «Einen Motivationschub für den Schlussspurt war Zürich aber auf jeden Fall», zeigt sich Bärtsch erfreut über den Erfolg ihrer Partei in Zürich. Ihre Erwartungen hätten sich aber nicht verändert.

Konkurrenz wird stärker

Klar ist, dass es für sämtliche Konkurrenten von Bärtsch schwieriger werden könnte, als bisher angenommen. Zumal es nicht sicher ist, dass die Bisherigen die Wahl bereits im ersten Wahlgang schaffen.

Vor vier Jahren musste der parteilose Finanzdirektor Marcel Schwerzmann in den zweiten Wahlgang. Und auch Paul Winiker, der für die SVP damals einen Sitz eroberte, musste die Zusatzrunde einlegen.

Noch spannender war es aber 2011. Damals schaffte nur Regierungsrat Guido Graf (CVP) die Wahl im ersten Durchgang. Die amtierenden Magistraten Marcel Schwerzmann (parteilos) und Yvonne Schärli (SP) mussten sich genauso ein zweites Mal zur Wahl stellen wie die neuen Robert Küng (FDP) und Reto Wyss (CVP).

Spannender zweiter Wahlgang

Interessant würde es im Hinblick auf einen zweiten Wahlgang vor allem auch dann, wenn Korintha Bärtsch wider erwarten vor SP-Kandidat Jörg Meyer liegen sollte. Dann nämlich muss sich zeigen, ob sich die Linke zu einer gemeinsamen Kandidatur durchringen kann. Denn der SP dürfte der Verzicht zu Gunsten von Korintha Bärtsch sehr schwerfallen. Die Wahlen versprechen also doch noch ein bisschen Spannung.

SVP: «Klimastreiks kommen nicht gut an»

Die grosse Verliererin war in Zürich die SVP. Doch was heisst das für den Kanton Luzern? «Die Bilanz aus 20 kantonalen Wahlen seit 2016 zeigt, dass die SVP im Moment auf der Seite der Verlierer steht. Das wird bei den anstehenden Wahlen in Luzern kaum anders sein», sagt Politologin Cloé Jans. In Luzern spiele aber die Finanzpolitik eine grosse Rolle. Hier habe sich die SVP vor den Wahlen gezielt in die Debatte eingebracht.

«Die dramatischen Verluste der SVP in Zürich könnten zudem eine Weckruf für SVP-Sympathisanten sein, an die Urne zu gehen», so Jans. Sie könnten die SVP also sowohl bei den Parlaments- wie auch bei den Regierungsratswahlen begünstigen.

Jans Vermutungen teilt Fredy Winiger, Wahlkampfleiter der SVP Luzern: «Wir haben in Luzern eine andere Konstellation der Bevölkerung. Der Kanton Zürich ist sehr urban geworden und dort haben wir verloren.» In den ländlichen Gebieten sei die SVP aber nach wie vor gut verankert. Zudem würden in diesen Regionen die Klimastreiks mit grosser Skepsis betrachtet, sagt Winiger. «Diese könnten sogar kontraproduktiv sein.» Eine Gefahr aus der grünen Ecke will Winiger deshalb in Luzern nicht erkennen.

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