Beim FC Luzern rückt kein Nachwuchsspieler nach

Grosse Talente produzieren Schweizer Meister

Die FCL-Spieler Lazar Cirkovic, Stefan Knezevic, Tomi Juric und Filip Ugrinic nach dem Spiel gegen Lugano am 10. November.

(Bild: Martin Meienberger/Freshfocus)

Beim FC Luzern herrscht Fachkräftemangel – aus der eigenen Talentschmiede ist seit gut einem Jahr keine Begabung mehr ins Profiteam nachgerückt. Dabei ist die Förderung junger Spieler für den Erfolg eines Super-Ligisten entscheidend. Das zeigt die Spitze der Schweizer Meisterschaft deutlich.

Man schreibt den 27. August 2017. An diesem Tag betritt der damals 19-jährige Ruben Vargas im FCL-Dress zum ersten Mal die Bühne der Super League. Der Mittelfeldspieler ist mittlerweile daran, sich einen Stammplatz zu ergattern. Zum letzten Sieg vor der Nati-Pause gegen Lugano (4:1) hat er seine Ladehemmungen beheben können und zwei Tore geschossen. Im nächsten Heimspiel gegen den FC Basel (Sonntag, 16 Uhr) fehlt der im FCL aufstrebende Jungspund aber gelbgesperrt.

Um der Korrektheit Rechnung zu tragen, sei hier erwähnt: Am 7. April dieses Jahres feiert mit Stefan Wolf die bislang letzte FCL-Nachwuchskraft ihre Premiere in der Super League. 19 Minuten dauert der Einsatz des zentralen Mittelfeldspielers. In der laufenden Meisterschaft spielt Wolf unter dem neuverpflichteten FCL-Trainer René Weiler keine Rolle.

Auch Silvan Sidler debütiert im Luzerner Fanionteam nach Vargas (am 5. November 2017). Aber auch der linke Aussenverteidiger isst unter Weiler hartes Brot (erst drei Einsätze).

FCL-Talente sind nicht prägend

In der Saison 2015/16 debütiert Innenverteidiger Yannick Schmid mit 20 Jahren – in der darauffolgenden die defensiven Mittelfeldspieler Idriz Voca (damals 19) und Filip Ugrinic (17) als auch Innenverteidiger Stefan Knezevic (20). In der abgelaufenen Meisterschaft gesellt sich zu den bereits erwähnten Vargas, Wolf und Sidler noch Shkelqim Demhasaj (21), der vom Challenge-Ligisten Schaffhausen verpflichtet wurde. Unter Weiler sind die Dienste des drahtigen Mittelstürmers nur noch selten gefragt.

«Uns fehlen momentan kurzfristig Spieler, die den Schritt in die erste Mannschaft machen können.»

Remo Meyer, FCL-Sportchef

Die nachgerückten Talente verbindet eines: Sie sind noch ein schönes Stück davon entfernt, das sportliche Wohl des FCL zu prägen. Die aussichtsreichsten Begabungen haben den Klub im Sommer verlassen: Mittelfeld-Organisator Hekuran Kryeziu (25/Premiere im SL-Team des FCL im Mai 2011) ohne Ablöse zum FC Zürich. Und Goalie Jonas Omlin (24/im März 2015) zum FC Basel. Die Internetseite transfermarkt.ch hat für ihn eine Ablösesumme von gut einer Million Franken veranschlagt.

Aber warum rückt beim FCL seit gut einem Jahr kein Talent nach? Schliesslich werden in den Nachwuchs der Innerschweizer Millionen investiert. Sportchef Remo Meyer sagt: «Da in den vergangenen Jahren viele Spieler aus der U21 in die 1. Mannschaft aufgestiegen sind, fehlen uns momentan kurzfristig Spieler, die diesen Schritt auch machen können.»

Das verdeutlicht der Blick auf die Tabelle der Gruppe 2 der 1. Liga. Die von Ivan Dal Santo betreute U21 des FC Luzern überwintert auf Platz 11 der 14 Teams umfassenden Meisterschaft. Mit drei Siegen und vier Remis aus 14 Spielen. Ein Talent aus dem eigenen Nachwuchs, so muss es der Mindestanspruch des FCL-Sportchefs sein, sollte es aber Jahr für Jahr in die erste Mannschaft schaffen.


 

Hochbegabte Youngster verleihen Dynamik

Das Heranziehen und Fördern von jungen und hochtalentierten Spielern ist entscheidend für das sportliche und finanzielle Wohl eines Super-Ligisten. Diese Wichtigkeit lässt sich vortrefflich am Beispiel des FC Basel (achtmal Meister in Serie bis 2017) und der Berner Young Boys erläutern, die den Liga-Dominator in diesem Frühling entthront haben.

Hochbegabte junge Spieler verleihen einer Mannschaft Dynamik und befeuern den Konkurrenzkampf. Sie bilden das Gerüst und den Unterbau eines ambitionierten Teams (solange das Geld nicht von einem Scheich in Strömen fliesst, wie zum Beispiel bei Paris St. Germain). Fehltransfers fallen dabei weniger ins Gewicht, weil die Maschine gut geölt ist und brummt und summt.

Beim FCB fängt die Dominanz in diesem Jahrtausend zwar auch mit viel Geld an. Dank den Millionen von Mäzenin Gigi Oeri wird mit Trainer Christian Gross und den Zuzügen von Murat Yakin und Christian Gimenez ein goldenes Zeitalter eingeläutet. Doch die Super League richtig zu rocken beginnen die Basler erst seit diesem Jahrzehnt.

Vormachtstellung dank Talentförderung

Dabei rückt die Nachwuchsarbeit ins Zentrum: Wir erinnern uns an die hochtalentierten Xherdan Shaqiri (27/Debüt mit 17/aktuell bei Liverpool), Granit Xhaka (26/Debüt mit 17/Arsenal) und Manuel Akanji (23/Debüt mit 20/Dortmund). Sie sind tragende Säulen der Schweizer Nationalmannschaft. Weitere FCB-Beispiele sind Fabian Frei, Valentin Stocker, Mohamed Elyounoussi oder Michael Lang. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

«Nachwuchsförderung ist der einzige und sinnvolle Weg.»

René Weiler, FCL-Trainer

Der FCB hat im Sommer seinen Ausverkauf vorläufig beendet. Den Preis dafür hat er mit dem Verlust der Vormachtstellung im Schweizer Fussball bezahlt. Auch im aktuellen Championat liegt der FCB schon mit 14 Punkten Rückstand aus ebenso vielen Spielen hinter den Young Boys zurück.

Im aktuellen FCB-Kader kann von den Talenten wohl nur Albian Ajeti (21) das Interesse ausländischer Klubs wecken. Der Mittelstürmer hat sich in diesem Herbst zum Nationalspieler aufgeschwungen. Und mit Abstrichen vielleicht noch Stürmer Dimitri Oberlin (21/ehemals FCZ-Junior), für den der FC Basel gut 4,5 Millionen Schweizer Franken an RB Salzburg überwiesen hat, und Verteidiger Blas Riveros (20/Paraguay).

Weiler: «Der einzige und sinnvolle Weg»

Die Young Boys haben die Zeitenwende im Schweizer Fussball nicht wegen Investitionen in «fertige» Spieler geschafft. Das haben sie zwar dank der gut bestallten Mäzene Andy und Hans-Ueli Rihs jahrelang erfolglos versucht. Die Berner mussten erkennen, dass sie den Titelgewinn nur mit der Förderung eigener Nachwuchskräfte (zum Beispiel Goalie David von Ballmoos, Gregory Wüthrich, Michel Aebischer) oder mit der Weiterentwicklung von jungen, im Ausland stagnierenden Schweizer Talenten (z. B. Kevin Mbabu, Djibril Sow) oder aufstrebenden Begabungen (z.B. Christian Fassnacht, Jean-Pierre Nsamé, Nicolas Ngamaleu) erreichen können. Vom Meisterteam 2018 haben sie bloss Innenverteidiger Kasim Nuhu verloren – für ein «Schmerzensgeld» von rund 8 Millionen an die TSG Hoffenheim.

Gelingt es dem aktuellen Leader YB, seinen Talentpool trotz unvermeidlicher Abgänge in Schwung zu halten, so wird es noch über Jahre eine Spitzenrolle im Schweizer Fussball einnehmen. Den Bernern auf der Spur scheint derzeit der FC Zürich zu sein. Mit den 20-jährigen Kevin Rüegg, Toni Domgjoni und Stephen Odey als auch dem 24-jährigen Salim Khelifi ist viel Potenzial für die Zukunft vorhanden.

Mehr Geld für Talentförderung?

Was heisst das nun für den national kleinen und international winzigen FC Luzern im Hinblick auf eine sportlich erfolgreiche Zukunft? Die jüngere Geschichte der Super League lehrt: Die entscheidenden Stichworte sind konsequente Nachwuchsförderung und ein weit verzweigtes Scouting über die Landesgrenzen hinaus. «Das ist der einzige und sinnvolle Weg», bestätigt FCL-Trainer René Weiler. Aber er weiss auch, dass «die bestmögliche Unterstützung (u.a. Wohnung, Schule) für die besten Talente und das bestmögliche Training durch die besten Coaches kostenintensiv sind.» Das kostet noch mehr Millionen als bisher, zumal die Luzerner das Feld der grössten Talente nicht konkurrenzlos beackern.

Aber es ist auch die einzige Chance, die Investitionen ins Fussballgeschäft einigermassen refinanzieren zu können. Durch den Verkauf der besten jungen Spieler, wenn sie beim FCL sportlich für Furore gesorgt haben.

Die entscheidende Frage für eine sportlich aussichtsreiche Zukunft der Luzerner ist: Sind die FCL-Investoren bereit dazu, mehr in die Talentförderung zu investieren? Und wenn ja, in welchem Umfang?

Kakabadze und Grether fehlen

Der FC Luzern ist bestrebt, die schwarze Serie von drei Heimniederlagen in Folge zu beenden. Gegen den FC Basel muss er am Sonntag aber zusätzlich auf die Defensivspieler Otar Kakabadze und Simon Grether verzichten.

Kakabadze ist nach dem Aufstieg der Georgier in die C-Liga der Nations League verletzt nach Luzern zurückgekehrt. Und Grether leidet unter muskulären Problemen.

Ob es Tomi Juric in die Startelf gegen Basel schafft, muss bezweifelt werden. Der australische Mittelstürmer ist erst am späten Donnerstagabend zurückgekehrt und hat das Mannschaftstraining am Freitag ausgelassen.

Zwei Langzeitverletzte werden bis im nächsten Frühjahr nicht zur Verfügung stehen. Es handelt sich dabei um den Ende August verletzt transferierten Tsyi William Ndenge (zentralplus berichtete) und Claudio Lustenberger. Der 31-jährige Routinier hat bei der Wiederaufnahme des Trainings nach seiner Schambeinentzündung einen Rückschlag erlitten. Der neuverpflichtete Mirko Salvi arbeitet nach einer Knieverletzung weiterhin am Comeback.

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