Kriens: Nun wird die neue Musikhochschule gebaut

Grosse Hoffnungen im Niemandsland

Der Kammermusiksaal: Wo Konzerte gespielt, aber auch studiert werden soll. Visualisierung: Enzmann Fischer & Büro Konstrukt AG

Neben dem Südpol in Kriens wird bis 2019 das neue Gebäude für die angehenden Profimusiker der Luzerner Hochschule gebaut. Für die einen ein Beweis, dass Luzern trotz Sparmodus nicht stillsteht – für die anderen ein neuer Kulturort «im Niemandsland».

Jazz, Klassik und Kirchenmusik, Neue Musik und Musikpädagogik: Die Sparten des Departements Musik der Hochschule Luzern sind heute auf vier Standorte verteilt. Doch in knapp drei Jahren ziehen alle unter ein Dach: Diesen Donnerstag ist der Spatenstich für das neue Gebäude der Musikhochschule beim Südpol in Kriens erfolgt.

Der Neubau soll mehr als nur Ort zum Üben und Lernen sein. Er enthält nämlich sowohl einen Jazzclub als auch einen akustisch ausgefeilten Kammermusiksaal – von dem nun erstmals eine Visualisierung gezeigt wurde. Für Architekt Fabian Kaufmann vom Planungsteam Enzmann Fischer & Büro Konstrukt AG ist es «das Herzstück» des neuen Gebäudes. «Jedes Detail der Architektur hat Auswirkungen auf den Klang des Saales», sagte er beim Spatenstich nicht ohne Stolz.

Aufbruchstimmung am Südpol

Im Sommer 2019 werden die 500 angehenden Profimusiker der HSLU im Südpol einziehen. Der Neubau kostet insgesamt knapp 80 Millionen Franken. Den grössten Teil davon übernimmt die Luzerner Pensionskasse als Investorin. Sie baut das Gebäude und vermietet es an die HSLU. Der Luzerner Bildungsdirektor Reto Wyss (CVP) bezeichnete den Neubau angesichts des aktuellen, rekordschweren Sparpakets des Kantons als «Zeichen, dass in der Zentralschweiz nicht nur gespart, sondern auch investiert wird».

In der zweistöckigen Bibliothek kommt das theoretische Musikwissen zum Zug.

In der zweistöckigen Bibliothek kommt das theoretische Musikwissen zum Zug.

Der Krienser Gemeindepräsident Cyrill Wiget (Grüne) freute sich über das Potenzial und die Innovation der kreativen Jungen, welche die Agglomeration – wie in der Viscosistadt in Emmenbrücke – stärken würden. Der neue Standort befinde sich in einer Art «Niemandsland», doch für Kriens sei es ein Glücksfall, dass rund um den Südpol ein «Cluster der Kultur» entstehe.

Das Gebäude des Südpols wird bereits heute nebst der freien Szene von der städtischen Musikschule, dem Sinfonieorchester LSO und dem Luzerner Theater genutzt. Bei der Musikhochschule hofft man deshalb darauf, dass mit dem Umzug die Zusammenarbeit mit den Kulturpartnern verstärkt werden kann. Impulse bringen soll auch die Eröffnung des «Kulturhighways», der neue Velo- und Fussgängerweg auf dem alten Zentralbahntrassee zwischen dem Neubad und dem Südpol.

Ein Glücksfall, der nicht Schule machen soll

Michael Kaufmann, Direktor des Departements Musik der Hochschule Luzern, hofft, dass beim Südpol ein neuer Kulturort entsteht, der auch mal einen Kontrapunkt zur Luzerner Kulturszene darstelle. Im Interview erklärt er, wieso die öffentliche Hand nach wie vor in der Pflicht steht und wieso die Musikhochschule Leben ins Brachland bringt.

zentralplus: Mit dem Neubau beim Südpol vereint das Departement Musik ab 2019 alle Richtungen unter einem Dach. Was verändert das für die Studierenden?

Michael Kaufmann: Für die Studierenden, den wichtigsten Teil unserer Musikhochschule, ist das eine riesige Chance. Es geht nicht nur darum, dass man besser üben kann oder genügend Licht hat, sondern, dass alle auf einem Platz sind. Das bringt neue Möglichkeiten des Austauschs, auch des musikalischen, und eine neue Art der Zusammenarbeit.

Michael Kaufmann, Direktor des Departements Musik der Hochschule Luzern, beim Spatenstich.

Michael Kaufmann, Direktor des Departements Musik der Hochschule Luzern, beim Spatenstich.

(Bild: jal)

zentralplus: Wird die Musikhochschule dadurch konkurrenzfähiger?

Kaufmann: Das ist sicherlich die Absicht. Wir haben in der Schweiz sieben Musikhochschulen. Andere, wie Zürich, Basel oder Lausanne, haben kürzlich gebaut – jetzt war es an der Zeit, dass wir einen Schritt vorwärts gehen. Es ist klar: Mit einem solchen Neubau wird die Ausstrahlung der Musikhochschule gewaltig verstärkt.

zentralplus: Der Kanton Luzern hat mit seinem Sparprogramm zuletzt eher negative Werbung für sich gemacht – auch in der Kultur.

Kaufmann: Wir haben für diesen Neubau mit der Luzerner Pensionskasse einen privaten Investor, rund zehn Prozent der Kosten tragen private Stiftungen. Das ist für uns ein Glücksfall. Auf der anderen Seite sind wir Teil der Luzerner Kulturszene, und da muss man schon sagen: Es kann nicht die Alternative sein, dass man nun alles privat finanziert und die öffentliche Hand kein Engagement mehr zeigt. Kultur ist genauso wichtig wie der öffentliche Verkehr, die Wasserversorgung oder das Bildungssystem.

zentralplus: Also ein Glücksfall im konkreten Beispiel der Musikhochschule, der als Modell aber nicht Schule machen soll.

Kaufmann: Genau. Die öffentliche Hand ist nach wie vor in der Pflicht. Wir sind eine Kulturstadt, wir sind eine Musikstadt. Ich bin gespannt, wie viel tatsächlich in der Kultur eingespart wird. Wir kämpfen jedenfalls mit unseren Partnern für öffentliche Finanzen – auch wenn wir mit unserem Neubau jetzt im Trockenen sind.

Ein Haus, das laut Architektenteam die Würde der Musik reflektieren soll.

Ein Haus, das laut Architektenteam die Würde der Musik reflektieren soll.

zentralplus: Der Krienser Gemeindepräsident Cyrill Wiget sprach von «Niemandsland», Sie selber von «Brachland» – auch den Standort des Neubaus könnte man ja als Zeichen verstehen, dass die Kultur an den Rand geschoben wird. Sehen Sie das so?

Kaufmann: Nein, überhaupt nicht. Als Berner sage ich: Wir sind in einer Agglomeration, die man mit der neuen Langsamverkehrsachse ab Dezember mit dem Velo in sechs oder mit der S-Bahn in zehn Minuten erreicht. Das ist keine Distanz. Zudem wird es hier in den nächsten 1 bis 15 Jahren gewaltige bauliche Veränderungen geben. Wir als Musikhochschule sind einer der Impulsgeber, die Leben hierher bringen. In Kürze sind wir nicht mehr am Rand oder im Niemandsland, sondern in einem trendigen und beliebten Entwicklungsgebiet.

zentralplus: Wird sich an der Zusammenarbeit mit den Kulturpartnern – wie beispielsweise dem Sinfonieorchester oder Lucerne Festival – Grundlegendes ändern?

Kaufmann: Wir führen bereits heute zahlreiche Projekte mit dem Theater, dem Sinfonieorchester und anderen Partnern durch. Jetzt können wir noch einen Schritt weiter machen, weil wir näher zusammen sind und dereinst einen Campus haben, auf dem sicher etwas entsteht. Eine Vision von mir ist beispielsweise, dass wir am Südpol ein gemeinsames spartenübergreifendes Festival veranstalten.

Jedes Detail prägt den Klang des Saales: Der Kammermusiksaal. Visualisierung: Enzmann Fischer & Büro Konstrukt AG.

Jedes Detail prägt den Klang des Saales: Der Kammermusiksaal. Visualisierung: Enzmann Fischer & Büro Konstrukt AG.

 

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