Schlagabtausch an öffentlicher Versteigerung

Gotthardhaus wechselt für 36 Millionen Franken den Besitzer

Das Gotthardgebäude am Bahnhofsplatz wechselt für 36,5 Millionen Franken den Besitzer. (Bild: bic)

An einer öffentlichen Versteigerung wurde am Montagnachmittag im Rathaus Luzern das Gotthardhaus am Bahnhofsplatz versteigert. Für das Bürogebäude musste der Käufer tief in die Tasche greifen. Dass der Zuschlag auf ihn entfällt, ist zumindest dem Namen nach logisch.

Viele von uns haben auf der Online-Plattform Ricardo wohl schon mal etwas verkauft oder für einen Artikel geboten. Ob Zimmerpflanze, Sofa oder gebrauchtes Velo – auf Ricardo lässt sich für fast alles bieten. Aber wer von uns hat schon mal für ein ganzes Haus geboten? Oder für ein Objekt mit Mindestgebot von 26 Millionen Franken?

Eine solche Versteigerung fand am Montagnachmittag im Rathaus in Luzern statt: Das Gotthardhaus am Bahnhofsplatz, in dem unter anderem die UBS und die Konditorei Heini eingemietet sind, wurde verkauft (zentralplus berichtete). Die Versteigerung erfolgte auf Wunsch der aktuellen Eigentümer öffentlich, es konnte also jede Person für das Objekt bieten – vorausgesetzt, man brachte die für das Mindestgebot notwendigen 26 Millionen Franken auf.

So fanden sich am Montagnachmittag ungefähr dreissig Personen, vorwiegend Männer in Anzügen, in der Kornschütte ein. Die Atmosphäre war zu Beginn der Steigerung ruhig, ab und zu flüsterte jemand etwas – in der grossen Halle der Kornschütte hatte das Ganze beinahe musealen Charakter.

Schlagabtausch zwischen Immobilienfirmen

Dann ging es los mit der offiziellen Versteigerung. Ähnlich wie in einer Schulklasse am ersten Schultag mussten sich die Bieterinnen vor ihrem ersten Gebot den restlichen Anwesenden mit ihrem Namen sowie dem Namen des Unternehmens vorstellen, das sie vertraten. Das erste Gebot gehörte einer Luzerner Immobilienfirma, der Lukowa Real Estate AG. Falls du noch nie davon gehört hast, bist du damit vermutlich nicht alleine.

In der Folge entwickelte sich ein regelrechter Schlagabtausch zwischen erwähnter Immobilienfirma und einer zweiten, wohl ebenso unbekannten Luzerner Immobilienfirma, der K-Real Four AG. Letztere bot in Vertretung über das Telefon für das Gebäude am Bahnhofsplatz mit.

Die Kornschütte verlieh der Versteigerung einen würdigen Rahmen. (Bild: ewi)

Geboten wurde in Schritten von 100'000 Franken. Ein Betrag, für den wohl viele von uns länger als ein Jahr arbeiten, wird an einer solchen Auktion mittels simplem Heben der Hand innert weniger Sekunden ausgegeben. Entsprechend schnell boten sich die beiden Kontrahenten gegenseitig in die Höhe. Parallel dazu hielt Roland Christen vom Teilungsamt der Stadt Luzern, der die Versteigerung leitete, einen bemerkenswerten Monolog. Beinahe ohne Punkt und Komma nannte er das aktuelle Gebot sowie den entsprechenden Bieter. Kaum ausgesprochen, hob einer der beiden Bieter schon wieder die Hand, um den Verkaufspreis um weitere 100'000 Franken zu erhöhen.

Die anderen anwesenden Parteien, die ursprünglich ebenfalls mitbieten wollten, verkamen angesichts der lockeren Geldbeutel der beiden Immobilienfirmen regelrecht zu Statisten. Eine Pensionskasse aus der Ostschweiz schaffte es immerhin, bei 27 Millionen Franken ein Gebot einzubringen, welches aber innert Sekunden schon wieder überboten wurde. Ansonsten war von den anderen interessierten Firmen nichts zu hören.

Wie ein episches Tennismatch

So boten sich die zwei Bieter schnell über die Grenze von 30 Millionen Franken hinweg. Wie bei einem epischen Ballwechsel in einem Tennismatch ging es hin und her und hin und her, ohne dass eine der beiden Parteien Schwächen offenbarte respektive für einen Moment zögern musste. Die restlichen Anwesenden in der Kornschütte gerieten allmählich ins Staunen ob des Schlagabtauschs und warfen sich gegenseitig amüsierte Blicke zu.

Erst ab 32 Millionen Franken schien der Vertreter der Lukowa Real Estate AG etwas zögerlicher zu werden. Roland Christen rief bei mehreren Geboten schon «Zum Zweiten» aus, bis der Vertreter nach einigem Zögern doch noch die Hand hob, um weitere 100'000 Franken zu bieten. Ob er tatsächlich an seine Schmerzensgrenze gelangte oder alles bloss Teil der Taktik war – völlig unklar. Der Telefonbieter hingegen zeigte sich stoisch und konterte jedes Gegenangebot innert Kürze.

An der Versteigerung waren vorwiegend Männer in mehr oder weniger auffälligen Anzügen anwesend. (Bild: ewi)

Doch erst bei 36,5 Millionen Franken hatte der Mann am Telefon seinen Gegenspieler endlich niedergerungen. Als Christen «Zum Dritten» ausrief und mit der Faust auf den Tisch schlug, brandete im Saal spontaner Applaus auf. Der Vertreter der Lukowa Real Estate AG schien seine Niederlage gelassen zu nehmen, zuckte mit den Schultern und musste angesichts des halbstündigen Schlagabtausches ebenfalls schmunzeln.

Somit geht das Grundstück und Bürogebäude am Bahnhofsplatz mit 340 Quadratmetern Grundstückfläche an die K-Real Four AG aus Luzern. Speziell: Die Firma wurde erst vor sieben Tagen ins Handelsregister eingetragen. Manager der Firma und somit glücklicher Sieger der Versteigerung ist übrigens – der Name ist Programm – Jürg Steiger.

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