Grundwasser macht Bauherren das Leben schwer

Göbli: Hat die Stadt Zug zu viel für minderwertiges Land bezahlt?

Hier soll der neue Zuger Ökihof entstehen. Im Hintergrund entsteht das neue Parkhaus des Tech Clusters. (Bild: mam)

Was die Stadt Zug unterlässt, das tun nun zwei private Bauherren: Sie unterkellern ihre Neubauten im Göbli-Quartier. Allerdings geht’s nur ein Stockwerk in die Tiefe – das Grundwasser verhindert eine bessere Ausnützung des teuren Baulands. Dies wirft eine politische Frage auf.

Binnen 20 Jahren will die Stadt Zug ihre Einwohnerzahl um die Hälfte steigern – von 30'000 auf 45'000 Einwohner. Auch die Wirtschaft soll weiter wachsen, wenn auch nicht ganz so stark. Weil das verfügbare Bauland aber begrenzt ist, geht das nicht ohne Verdichtung. Man muss in die Höhe oder in die Tiefe bauen. Doch hier gibt’s technische und regulatorische Probleme.

Der Baugrund in der ganzen Boomregion der Lorzenebene ist stellenweise sehr schwierig, da mitunter sumpfig und instabil. Es gibt aber auch Grundwasser, das zwischen Baar und Zug zum Problem wird. Denn die Wasserwerke fassen im Sternen das vorhandene Grundwasser und bereiten es als Trinkwasser auf.

Es wird rege gebaut

Daher gibt’s auch eine Gewässerschutzzone – exakt dort, wo die neue Tangente Nord entlangläuft, die auf einem Damm erbaut wurde. Daneben liegen im Gebiet Göbli grössere Landreserven, die momentan oder in naher Zukunft überbaut werden. Zum Beispiel will die Stadt Zug dort ihren Ökihof bauen – das entsprechende Projekt wurde an der Urne gutgeheissen.

Gleichzeitig ist die Tech Cluster AG dabei, einen neuen Mobility Hub zu erstellen. Oder, profaner ausgedrückt: die Firma baut ein Parkhaus, von dem aus eine Brücke ins V-Zug-Areal führt, wo ein verdichtetes Quartier entsteht. Zudem hat die bekannte Zuger Confiserie Speck ein neues Produktionsgebäude in Angriff genommen (zentralplus berichtete).

Nur ein Untergeschoss möglich

Die beiden privaten Bauherren sind dabei, die neuen Gebäude zu unterkellern. «Wir sind auf viele Lagerräume für unsere Rohstoffe angewiesen», sagt Confiseur Peter Speck. Deshalb habe man versucht, in die Tiefe zu bauen. «Eigentlich hätten wir gern noch weitere Untergeschosse erstellt, aber nur eines war möglich.»

Zum einen müsse der Tiefbau vom Kanton bewilligt werden, zum anderen komme der Bau im schwierigen Untergrund auch teurer zu stehen. Auch beim Parkhaus gibt’s nur ein Kellergeschoss.

Hier entsteht das neue Produktionsgebäude der Confiserie Speck. (Bild: mam)

Ökihof ohne Keller

Immerhin versuchen die beiden privaten Bauherren, was die Stadt Zug von vornherein unterlässt: Der neue Ökihof wird gänzlich ohne Unterkellerung erstellt. Ein Untergeschoss wäre für den neuen Ökihof zwar bewilligungsfähig gewesen, sagt dazu die Stadtzuger Bauvorsteherin Eliane Birchmeier (FDP). Allerdings wäre es mit erheblichem technischen und finanziellen Aufwand verbunden gewesen.

Man hätte beim Bau eine geschlossene Spundwand als Schutz gegen Wasser errichten und das Fundament pfählen müssen. Eine wasserdichte Bauweise im Grundwasserbereich wäre teuer geworden.

Gewässerschutzkarte des Gebietes. Blau markiert die Zone, die wegen der Trinkwasserfassung speziell geschützt ist. (Bild: mam)

Zumal man gar kein Kellergeschoss für Lagerräume brauche. Es habe Wettbewerbsbeiträge gegeben, die für den Ökihof einen Untergeschoss vorgesehen hatten. Rampen wären dann nötig geworden, die viel Platz verschlingen. Die Verkehrswege seien für die Kunden nicht optimal gewesen, so Birchmeier.

Idee vom Infrastrukturzentrum

Die Wasserproblematik im Göbli hat in der Vergangenheit schon einen grossen Wurf verunmöglicht: Die beiden Stadtparlamentarier Martin Eisenring (CVP) und Philip C. Brunner (SVP) hatten 2017 vorgeschlagen, ein grosses Infrastrukturzentrum in der verkehrsgünstigen Lage nahe der neuen Tangente zu errichten. Der Zuger Stadtrat klärte darauf bei der Kantonsregierung ab, ob beim Göbli nicht auch der neue Hauptstützpunkt der Zugerland Verkehrsbetriebe integriert werden könnte.

«In der Abstimmungsbroschüre war das Wasserproblem kaum richtig aufgeführt.»

Philip C. Brunner, Gemeinderat SVP

Der damalige Baudirektor Urs Hürlimann (FDP) winkte aber heftig ab. Das neue Busdepot, das zwei Untergeschosse erhält, wäre tiefer zu liegen gekommen als der untere Rand des Grundwasser führenden Lorzenschotters, der 10 bis 12 Meter unter der Erdoberfläche liegt. Damit hätte die Baute das Grundwasser aufgestaut und den bestehenden Gebäuden der Umgebung in die Keller gedrückt. Nicht nur aus der Sicht des Gewässerschutzes sei das Vorhaben im Göbli nicht bewilligungsfähig, das Busdepot übersteige auch die erlaubte zonenrechtliche Ausnutzung im Göbli, argumentierte Hürlimann.

Wertvermindertes Land

«Es war tatsächlich nicht zu machen», sagt Brunner heute dazu. Dem Geschehen um den neuen Ökihof steht er aber immer noch skeptisch gegenüber. Denn man habe 2014 minderwertiges oder zumindest wertvermindertes Land als strategische Landreserve zu teuer eingetauscht. «In der Abstimmungsbroschüre war das Wasserproblem kaum richtig aufgeführt», sagt er.

2014 tauschte die Stadt Zug das Haus Zentrum in der Altstadt und die Nachbarliegenschaft plus vier Waldstücke und zwei Weiden gegen das Land im Göbli, welche der Korporation Zug gehörte. Die SVP hatte gegen das Vorhaben das Referendum ergriffen.

Preis war kein Geheimnis

Stimmt Brunners Vorwurf? Nun, von der Wasserproblematik stand im Abstimmungsbüchlein tatsächlich nichts. Vielmehr wurde die günstige verkehrstechnische Lage des Grundstücks für künftige Infrastrukturbauten gepriesen.

Der geplante Ökihof im Göbli soll dereinst etwa so aussehen. (Visualisierung: zvg)

Aber bei der Preisgestaltung war der Stadtrat gegenüber dem Stimmvolk transparent. Der Wert von Grundstücken in der Zone des öffentliches Interesses liesse sich nur bedingt durch Marktwertermittlungen schätzen, hiess es in der Abstimmungsinformation. In den letzten Jahren habe sich im Kanton Zug ein Quadratmeterpreis von 400 bis 600 Franken etabliert, zum Teil aber auch höher. «Für die Grundstücke im Göbli wurde mit der Korporation Zug ein Preis von 600 Franken vereinbart» hiess es. Womit das Grundstück knapp 12 Millionen Franken wert sei.

Stadtregierung dankbar für Ausweg

Die Stimmbürger wussten also im Prinzip, dass sie ein teures Stück Land erstanden. Und sie waren sich bestimmt auch bewusst, dass der Stadtrat in der Klemme sass. Sanierungspläne fürs Haus Zentrum brachte er an der Urne nicht durch. Denn die Stadtzuger träumen immer noch vom schönen ehemaligen Hotel Hirschen, das einst an der Stelle des modernen Verwaltungsbaus stand.

Der Landtausch bedeutete für den Zuger Stadtrat das Durchtrennen eines gordischen Knotens. Und weil die Korporation der Stadtregierung einen Ausweg aus dem Dilemma eröffnete, wurde sie mit einem guten Preis entschädigt. Dass auf dem teuren Land keine richtige Unterkellerung möglich ist, ist indes eine Erkenntnis, die den Stimmbürgern erst nach dem Deal eröffnete.

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