Crypto-Bank statt Bevölkerung im alten Stadthaus

GLP-Politiker befürchtet: «Die Zuger könnten das Vertrauen verlieren»

Kolinplatz: Wo früher die Zuger Stadtverwaltung war, ist heute die Seba Crypto AG einquartiert. (Bild: zvg)

Das alte Zuger Stadthaus am Kolinplatz sollte öffentlich genutzt werden – wurde aber an eine Crypto-Bank vermietet. GLP-Politiker Stefan W. Huber findet, damit sei ein Versprechen gebrochen worden. Er ortet in der Stadt Zug gar ein tiefer liegendes Problem bei der Umsetzung solcher Pläne.

Die Stadt Zug arbeitet seit einigen Jahren daran, in verschiedenen Gebäuden nicht nur private, sondern auch öffentliche Nutzungen zu ermöglichen. Ein gelungenes Beispiel sind die Räume an der Sankt-Oswald-Gasse, in dem mittlerweile das «Haus des Lernens» einquartiert ist. Bei anderen Projekten lief es nicht so reibungslos. Die Skylounge und der Gesellschaftsraum im Parktower sind zwei Beispiele dafür (zentralplus berichtete).

Nun macht ein Politiker das nächste Sorgenkind aus. Dieses Mal geht es um das alte Stadthaus am Kolinplatz, das nach dem Umzug der Stadtverwaltung an die Gubelstrasse frei wurde. Seit rund einem Jahr ist dort die Firma Seba Crypto AG einquartiert.

Nicht mal Angestellte wissen, dass das Gebäude öffentlich ist

Trotz der Vermietung an ein privates Unternehmen war usprünglich eine öffentliche Teilnutzung vorgesehen. Nach Ansicht von GLP-Politiker Stefan W. Huber hat sich diesbezüglich seither aber kaum etwas getan. Deshalb hat er im Grossen Gemeinderat eine Interpellation eingereicht.

Stein des Anstosses sei ein persönlicher Augenschein vor Ort gewesen, erzählt Huber auf Anfrage. «Als ich kürzlich in das Gebäude ging, wurde ich umgehend gefragt, was ich hier möchte. Die Person am Empfangsschalter wusste gar nicht, dass das Haus teilweise öffentlich genutzt werden soll», erzählt Huber.

Bank nicht bereit für öffentliche Teilnutzung

In seinem Vorstoss verlangt er folglich Antworten auf die Frage, ob mit der Seba Crypto AG eine verbindliche Vereinbarung bezüglich einer öffentlichen Nutzung getroffen wurde – und wie eine solche aussieht. Ausserdem will er in Erfahrung bringen, wieso es bei der Umsetzung von Konzepten zur öffentlichen Nutzung regelmässig zu Unklarheiten, Verzögerungen und Rückziehern kommt.

«Es wurde keine verbindliche Vereinbarung bezüglich einer öffentlichen Nutzung getroffen», hält die Stadtregierung in ihrer nun veröffentlichten Antwort fest. «In den Vorgesprächen wurde das Anliegen jedoch eingehend mit der Seba Bank besprochen und eine hohe Bereitschaft signalisiert, mit verschiedenen Beiträgen und Veranstaltungen die Zuger Bevölkerung anzusprechen und auf Themen der Digitalisierung oder des Crypto Valley Zug einzugehen.» Eine kombinierte Lösung mit einer Teilvermietung des Erdgeschosses sei für die Seba Bank indes keine Option gewesen.

«Ich habe das Gefühl, dass der Stadtrat bei den Gesprächen mit Mietern wenig Verhandlungsgeschick an den Tag legt.»

Stefan W. Huber, GLP

Dennoch glaubt der Stadtrat, dass für die Öffentlichkeit durchaus ein Mehrwert entstanden sei, da verschiedene Veranstaltungen durchgeführt wurden. Von Februar bis Oktober dieses Jahres waren es deren 31. Die Anlässe tragen Namen wie «Foundation course Certified Digital Asset Analyst Training» oder «Investing in Tokenized Assets». Dabei handelt es sich um öffentliche Seminare, die aufgrund bekannter Gründe online durchgeführt wurden.

Kaum etwas für Otto Normalbürger

Für Stefan W. Huber sind diese Ausführungen indes wenig befriedigend. Denn Otto Normalbürger würde sich von englischsprachigen Webinaren mit eher kryptischen Namen – trotz des sich immer stärker etablierenden Crypto-Valley – eher nicht angesprochen fühlen.

Oder anders gesagt: Die Anlässe seien nicht so niederschwellig, wie man das von einer öffentlichen Nutzung erwarten könne. Auch weil sich die öffentliche Nutzung bereits vor Corona auf den digitalen Raum beschränkt habe, zweifelt Huber an der Umsetzung des versprochenen Mehrwertes.

GLP-Politiker Stefan W. Huber.

Fehlt dem Stadtrat eine konkrete Strategie?

Die Geschichte rund um das alte Stadthaus ist für Stefan W. Huber aber nur die Spitze des Eisberges. «Die Beispiele Skylounge, Parktower und Seba Bank vermitteln den Eindruck, dass der Stadtrat jeweils keine konkreten Vorstellungen hat, was genau er bei einer öffentlichen Nutzung umsetzen will», moniert Huber. «Ich habe ausserdem das Gefühl, dass der Stadtrat bei den Gesprächen mit Mietern wenig Verhandlungsgeschick an den Tag legt.»

Dies sei insbesondere deshalb stossend, da die Stadt bei Liegenschaften wie dem alten Stadthaus eigentlich am längeren Hebel sitze. Zumal es sich um attraktive und repräsentative Liegenschaften handle. Die Antworten des Stadtrates seien in der Folge zwar aufschlussreich – die Schlüsse daraus hingegen nicht.

«Die Nutzung des 24. Stocks war ein langer politischer Weg mit vielen Vorstössen, Diskussionen und Verhandlungen bis hin zu einem Schiedsgericht.»

André Wicki, Stadtrat Zug

Huber befürchtet, dass dies mittel- bis langfristig negative Folgen haben könnte. «Die Zugerinnen und Zuger könnten das Vertrauen dahingehend verlieren, dass die Stadt Versprechungen zu öffentlichen Nutzungen auch wirklich umsetzt», so seine Botschaft ins Stadthaus.

Er kann sich vorstellen, einen weiteren Vorstoss einzureichen, damit künftig klare Leitplanken für die Verhandlungen mit Privaten bestehen, innerhalb deren sich der Stadtrat bewegen muss. Zuerst will Huber aber die Diskussion seines Vorstosses diesen Dienstag im Stadtparlament abwarten.

Öffentliche Nutzungen: Oft ein langer politischer Weg

Auf Nachfrage tönt es bei Stadtrat und Finanzvorsteher André Wicki (SVP) ähnlich. «Die Antwort des Stadtrates zur Interpellation von Herrn Huber liegt vor und es wird Sache des Gemeinderates sein, die Beantwortung zu beurteilen. Ich werde in diesem Sinne auch nicht weiter vorgreifen und freue mich auf eine gute Diskussion am nächsten Dienstag», teilt er schriftlich mit.

Nur so viel: Das Wohl der Bevölkerung stehe sowohl für den Stadtrat wie auch für den Grossen Gemeinderat im Vordergrund. Wicki hält jedoch fest, dass eine öffentliche Nutzung bei Gebäuden oft mit einem Bebauungsplan definiert werde. «Ich denke hier zum Beispiel an den Parktower. Die Nutzung des 24. Stocks war ein langer politischer Weg mit vielen Vorstössen, Diskussionen und Verhandlungen bis hin zu einem Schiedsgericht», so Wicki. Am Ende mit positivem Ausgang: Seit Kurzem kann der Saal für Anlässe gemietet werden.

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