Kritik: Luzerner Stadtrat vergisst die Wirtschaft

Gewerbler wollen, dass Stadt Luzern ihre Strategie berichtigt

Der Luzerner Bahnhof aus der Luftperspektive. Die Abstellanlagen befinden sich im unteren Teil des Bildes.

(Bild: zvg)

Der kantonale Richtplan sieht die Stadt Luzern als wirtschaftliches Zentrum vor. Hier soll verdichtet werden und Wachstum stattfinden. Die vom Luzerner Stadtrat vorgestellte Gemeindestrategie für die Entwicklung der Kantonshauptstadt betont aber andere Schwerpunkte. Freiflächen, darstellende Künste, harmonisches Miteinander – dem Luzerner Gewerbeverband geht das grundsätzlich in die falsche Richtung. Er verlangt Korrekturen.

Erzürnte Luzerner Wirtschftsvertreter reagierten am Dienstag auf die neue Gemeindestrategie der Stadt Luzern (zentralplus berichtete). Gemäss Richtplan strebe der Kanton Luzern an, «… das erwartete Bevölkerungs- und Beschäftigtenwachstum hauptsächlich und verstärkt in die Zentren … zu lenken, um damit die bestmögliche Abstimmung von Siedlungs- und Verkehrsentwicklung sowie eine möglichst haushälterische Bodennutzung zu erreichenzitiert der Luzerner Gewerbeverband in einer Mitteilung die kantonalen Vorgaben. 

Luzerner Landschaft wird ausgebremst

Das erwartete Bevölkerungs- und Beschäftigtenwachstum solle künftig zu rund 75 Prozent in den Zentren sowie entlang der Achsen Rontal und Luzern-Sursee erfolgen. Nur noch rund 25 Prozent dürfen die ländlichen Gebiete wachsen. Über diese Vorgaben seien die Gewerbevereine in den ländlichen Gebieten «im Allgemeinen nicht glücklich».

Der Richtplan gibt die Entwicklungsachsen im Kanton Luzervor.

Der Richtplan gibt die Entwicklungsachsen im Kanton Luzervor.

(Bild: zvg)

Denn das dort mögliche Wachstum solle gezielt dosiert und gedrosselt werden. Stattdessen soll es in den Zentren und damit insbesondere in der Stadt Luzern gefördert werden. Die Gewerbevereine würden aber die politische Vorgabe akzepterien, der Zersiedelung entgegenzuwirken und mit dem öffentlichen Verkehr erreichbare Arbeitsplätze zu bevorzugen.

Sabotage an eigenem Ziel

Deshalb sei man bereit, den kantonalen Richtplan mitzutragen. Eine erfolgreiche Umsetzung der kantonalen Zielvorgaben setze aber voraus, dass die Zentren, also insbesondere die Stadt Luzern, sich ebenfalls an die Vorgaben halten.

«Dies scheint mit der nun vorliegenden Gemeindestrategie Stadt Luzern 2019-2018 nicht der Fall zu sein, bemängelt der Gewerbeverband. Dies sei umso stossender, da der Stadtrat als erstes Ziel definiert, dass er ein Miteinander von Stadt, Agglo und ländlichem Raum pflegen will. «Wenn er sich aber selber nicht an den gemeinsamen Richtplan hält, so arbeitet er aktiv gegen sein eigenes Ziel.»

Schwaches Wirtschaftswachstum

Aus Sicht der Gewerbevereine und des Gewerbeverbandes Kanton Luzern sei «völlig unverständlich», wie die Stadt das vorgesehene Beschäftigtenwachstum sicherstellen will. Die Stadt hat nämlich bereits in den letzten Jahren nur ein Stellenwachstum erreicht, welches unter jenem anderer kantonaler Regionen liegt. «Mit einem Wachstum in den Jahren 2011 bis 2015 von unter 5 Prozent liegt die Stadt Luzern mit den Regionen Entlebuch und Seetal am Schluss der kantonalen Rangliste», kritisiert der Wirtschaftsverband.

 

Beschäftigte im Kanton Luzern. Willisau prosperiert stärker als gedacht.

Beschäftigte im Kanton Luzern. Willisau prosperiert stärker als gedacht.

(Bild: Luzerner Gewerbeverband)

Auch ländliche Regionen wie Willisau hätten prozentual mehr Stellen geschaffen. Es wäre also dringend angezeigt, hier entsprechende Ziele zu setzen. Doch: «Unter den acht städtischen strategischen Schwerpunkten sucht man aber vergebens nach verbindlichen Vorgaben bezüglich eines Stellenwachstums».

Wo bleibt der Ehrgeiz?

Das einzige Ziel, welches sich direkt auf die Wirtschaft bezieht ist das vierte. Mit diesem wird definiert, dass man eine «beliebte Tourismusdestination bleiben will«.

«Bleiben will» – klinge «alles andere als ambitioniert bezüglich der Ansiedlung zusätzlicher Firmen». Während die «Kultur weiterentwickelt», der «sorgsame Umgang mit Lebensgrundlagen gepflegt» oder die «Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum gesteigert» werden soll, werde ein Wachstum der Arbeitsplätze und in der Konsequenz eine räumliche Verdichtung mit keinem Wort erwähnt.

Auseinandersetzungen sind gewiss

Die Analyse des Luzerner Gewerbeverbands: Letztlich liege es in der Kompetenz jeder Gemeinde, sich eine sinnvolle Strategie zu geben. Dabei sei aber selbstverständlich der kantonale Richtplan zu berücksichtigen.

«Genauso wie ländliche Gemeinden künftig nicht mehr frei wachsen können, kann sich die Stadt Luzern nicht der Verantwortung als wirtschaftliches Zentrum entziehen.» Wenn sie dies anstrebe, werde es «notgedrungen zu Zielkonflikten kommen», und die Ziele des Richtplanes können nicht erreicht werden.

Korrekturen verlangt

Dann machen sich die Gewerbler zu den Fürsprechern der Wirtschaft schlechthin: Diese sei auf eine kooperative Zusammenarbeit der Gemeinden und eine aufeinander abgestimmte Entwicklung des Kantons angewiesen, machen sie geltend. «Ein Stadt-Land-Graben ist überhaupt nicht in ihrem Interesse. Es liegt nun am Stadtrat seinen Fokus auf den Rest des Kantons zu richten und seine Ziele entsprechend anzupassen.»

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