Grendelprojekt in Baukommission

Gewerbe verlangt ein Ja «von bürgerlichen Kräften»

«Tor zur Altstadt»: Die Grendelstrasse beim Schwanenplatz. (Bild: Emanuel Ammon/Luzern Tourismus)

Am Donnerstag diskutiert die Baukommission das Gestaltungs-Projekt für die Grendelsanierung. Der Stadtrat beantragt einen Kredit von 3,7 Millionen Franken. Die Meinungen sind quer durch die Parteien geteilt. Die Cityvereinigung hat Einfluss auf die unabhängige Kommission genommen.

Wie zentral+ berichtete, ist die Januar-Sitzung des Stadtparlaments verschoben worden, weil die Baukommission einen Bericht und Antrag (Abwärmenutzung für die Schulhäuser Mariahilf und Musegg) zur Überarbeitung zurückgewiesen hat. Dadurch konnte die vorberatende Kommission andere Geschäfte noch nicht diskutieren. Dazu zählt der Bericht und Antrag des Stadtrats zur Neugestaltung des Gebiets Grendelstrasse/Löwengraben. Es wird  grundsätzlich begrüsst, dass die Stadt eine Lösung präsentiert. Die Geister scheiden sich jedoch noch an Details, und von bürgerlicher Seite wurde Kritik an den Kosten laut.

Auch Kritik von links

Doch auch linke Kommissionsmitglieder sind nicht glücklich. Korintha Bärtsch vertritt die Grünen in der Baukommission. «Wir sind gespalten in der Grendelfrage», sagt sie, «ich persönlich bin gegenüber dem Projekt kritisch eingestellt.» Die angestrebte Aufwertung des Quartiers könne zu einer Verteuerung der Mieten führen. Damit steige die Gefahr, dass sich nur noch internationale Kleiderketten oder Uhrenläden die Mieten leisten könnten und die ansässigen Läden verdrängten, befürchtet Bärtsch. «Ich wäre dafür, dass man einen einfachen Deckbelag einbaut», sagt die Vizepräsidentin der Baukommission.

«Grundsätzlich sind wir nicht gegen das Projekt», sagt Jules Gut (Grünliberale). Aber Gut will kostensparende Anregungen einbringen. «Die Form gefällt uns nicht», sagt der Grünliberale. «Denkbar wäre, nur die Grendelstrasse neu zu gestalten und im Löwengraben auf eine teure Gestaltung zu verzichten.»

Skeptisch ist auch Reto Kessler. Als Kommissionspräsident will er sich nicht äussern. Aber als FDP-Vertreter: «Wenn man direkt mit Leuten in der Altstadt spricht, finden sie, dass es halt ein Kompromiss ist, nicht mehr. Man sagt Ja zu einer halbpatzigen Sache, das stört mich persönlich.» Dennoch findet Kessler: Wenn jetzt kein Projekt kommt, werde die Sache auf die Seite gelegt und eine Chance verpasst. Das tönt nach «Ja, aber».

Mail mit Pro- und Contra-Argumenten verschickt

Offenbar macht sich Kessler aber Sorgen, dass die Vorlage in der Kommission Schiffbruch erleiden könnte. Nur so lässt sich sein Mail an die Kommissionsmitglieder erklären, das zentral+ vorliegt. Es enthält «Stellungnahmen von engagierten Stadtbürgern», die Kessler als Präsident zugetragen wurden. Die Cityvereinigung Luzern spricht sich darin klar für das Projekt aus. «Für uns wäre es verheerend, wenn wir uns in ein paar Wochen den Vorwurf machen müssten, wir hätten uns nicht für die Vorlage des Stadtrats stark gemacht und damit ein Scheitern in Kauf genommen», heisst es im Schreiben. Man bitte vorab die «bürgerlichen Kräfte» um Zustimmung, schreibt die Cityvereinigung. Zu den Kosten schreibt die Interessengruppe: «Das Projekt ist bescheiden und ausbaufähig und kann nicht als Luxus oder Maximalvariante bezeichnet werden.» Es sei nicht der grosse Wurf, aber wichtig, ein Zeichen zu setzen und das «Trauerspiel» zu beenden.

Bürger an Nase herum geführt?

Doch auch ein anonymer Gegner bringt seine Kritik ein. Er habe den Kredit von 2,6 Millionen Franken im Jahr 2003 als «Luxuslösung» abgelehnt habe. Nun beantrage Stadtrat Adrian Borgula ein abgespecktes Projekt – ohne Sitzbänke und die Gestaltung des Falkenplatzes – das aber dennoch mehr koste (3,7 Mio. Franken). Die höheren Kosten werden damit begründet, dass die Vorlage von 2003 «massive Kostenüberschreitungen» verursacht habe. «Stadtrat und Parlament haben also 2003 versucht, den Stimmberechtigten eine Vorlage zu verkaufen, die nicht den Tatsachen entsprach», schreibt der Gegner. Als Bürger fühle er sich so nicht ernst genommen.

«Gutes ausgewogenes Projekt»

zentral+ hat die Cityvereinigung, der rund 240 Geschäfte in Luzern angehören, auch um eine offizielle Stellungnahme gebeten. Vorstandsmitglied André Bachmann: «Für uns ist wichtig, dass das Kapitel Grendel abgeschlossen werden kann. Sonst fangen wir wieder bei Null an. Das ist ein Kompromiss und ein gutes ausgewogenes Projekt.» Die Kosten seien kein Thema. «Das ist nicht wahnsinnig viel und darf etwas kosten», sagt Bachmann.

Forderung nach WC

Das Gewerbe hat aber noch einige Wünsche und hofft, dass Politiker im Parlament diese noch einbringen können. «Wir fordern eine öffentliche WC-Anlage im Grendelgebiet. Das ist auch seit Jahren ein Anliegen des Quartiervereins», sagt Bachmann. Das Projekt sehe keine vor. Am liebsten wäre den Geschäften ein Standort nahe beim Schwanenplatz. Zudem wolle man genauer über die Standorte und die Anzahl Veloparkplätze informiert werden. Die Abstellplätze sollten verteilt werden. «Die Geschäfte wollen keine riesige Veloabstellfläche direkt vor ihrem Laden.» Sitzgelegenheiten wünscht sich das Gewerbe ebenfalls.

SP für Projekt

Zurück in die Baukommission. Von SP-Seite wird die Vorlage unterstützt. Nico van der Heiden und Mario Stübi sitzen für die Sozialdemokraten in der Baukommission. «Wir stehen klar hinter dem Vorhaben», sagt van der Heiden auf Anfrage. Dass das Projekt mehr koste als vor 13 Jahren, passe ihm zwar ebenfalls nicht. Doch im Gegensatz zu damals seien die Planungskosten diesmal «ehrlich und transparent» dargelegt. «Die Grendel-Sanierung ist ausserdem in die Finanzplanung eingestellt.» Insofern hat van der Heiden kein Verständnis für die Kritik an den Kosten.

Die beiden CVP-Vertreter in der Kommission, Markus Mächler und Roger Sonderegger, werden ebenfalls ziemlich sicher für das Projekt stimmen. Sie waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Ebenso wenig wie die anderen FDP- und SVP-Komissionsvertreter (siehe Infobox). Gemäss CVP-Grossstadtrat Albert Schwarzenbach, der oft als «Mister Grendel» bezeichnet wird und im Quartier wohnt, ist die gesamte CVP-Fraktion für die Vorlage. Die heutige Situation sei «einer Touristenstadt wie Luzern unwürdig», sagt Schwarzenbach. Das Projekt sei die letzte Chance, das Tor zur Altstadt endlich attraktiv zu gestalten.

Schwarzenbach war damals ein Kritiker

Schwarzenbach war übrigens ein Gegner der Vorlage von 2003. «Damals waren gewisse Kosten nicht aufgeführt», sagt er. Mit den 3,7 Millionen liege jetzt eine Vollkostenrechnung vor. Zudem seien die Kritikpunkte von damals ausgeräumt worden: Der Falkenplatz und der Brunnen bleiben, auch die Gewerbeparkplätze werden nicht mehr in Frage gestellt. Der CVP-Grossstadtrat windet dem zuständigen Stadtrat Adrian überdies ein Kränzchen. «Er hat schnell eine Vorlage gebracht und ich attestiere ihm, dass er alle Kreise einbezogen hat.» Die Begleitgruppe aus dem Quartier habe das Projekt begrüsst.

Es könnte knapp werden

Wir wagen eine Prognose für die Baukommissionssitzung. Mit fünf Ja- und vier Nein-Stimmen wird die neunköpfige Kommission dem Parlament das Ja empfehlen. Es könnte aber auch ebenso knapp eine Ablehnung resultieren. Dem Entscheid der vorberatenden Kommission kommt eine wichtige Bedeutung für die Debatte im Parlament zu.

Was meinen Sie? Sollte die Stadt das «Tor zur Altstadt» fussgängerfreundlich gestalten oder kann sich das Luzern finanziell nicht mehr leisten? Benutzen Sie die Kommentarfunktion und hauen Sie in die Tasten.

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