Heilende Hände unter Druck

Zulassung zu Ende – fehlts in Zug und Luzern an Osteopathen?

Behandlungen mit Osteopathie stehen hoch im Kurs – und werden von der Zusatzversicherung abgegolten. (Bild: Adobe Stock)

Per 1. Februar erlischt die Zulassung von Osteopathen mit Ausbildung im Ausland. Droht eine Unterversorgung in der Zentralschweiz?

Ein Termin bei einer über die Zusatzversicherung abgedeckten Osteopathin zu bekommen, ist schon schwierig genug. Die Nachfrage nach diesem alternativmedizinischen Angebot ist grösser als das Angebot. Bei der Osteopathie wird mit den Händen versucht, Muskeln und Gelenke zu mobilisieren. Das kann etwa bei Rücken- oder Kopfschmerzen, aber auch bei Verdauungsproblemen oder Arthritis helfen.

Umso mehr schreckten die Meldungen auf, dass viele Osteopathinnen und Osteopathen aufgrund des Inkrafttretens des neuen Gesundheitsberufsgesetzes (GesBG) per 1. Februar ihre Bewilligung zur Berufsausübung verlieren würden.

Zum Hintergrund: In der Schweiz kann man erst seit kurzem Osteopathie studieren. Viele Osteopathen mussten deshalb bisher ins Ausland ausweichen und dort ihren Master absolvieren. Damit sie ab Stichtag weiter zugelassen sind, müssen sie per 1. Februar eine Schweizer Zusatzqualifikation erworben haben. Ansonsten dürfen sie nicht mehr praktizieren.

«Fallen bald die Osteopathen aus?» oder «Hunderte verlieren ihre Praxis», titelten mehrere Schweizer Zeitungen. Unkenrufe oder ernsthafter Grund zur Sorge? Und wie sieht es in Zug und Luzern aus? zentralplus hat nachgefragt.

«Osteopathen hatten genügend Zeit»

Christian Streit, Geschäftsführer des Schweizerischen Osteopathieverbandes, der 1100 der 1450 in der Schweiz praktizierenden Osteopathinnen und Osteopathen vertritt, gibt Entwarnung. Es ist keine medizinische Unterversorgung zu erwarten in Zug und in Luzern.

Es seien nur wenige betroffen. «Wir engagieren uns für gute Qualität und Patientensicherheit. Entsprechend können wir die wenigen Klagen schlecht nachvollziehen, zumal schon seit 2016 bekannt ist, wie die Vorgaben an die Berufszulassung ab 2025 in der Schweiz aussehen.»

Mit anderen Worten: Es war genug Zeit gegeben, damit im Ausland ausgebildete Osteopathen sich im Rahmen der fünfjährigen Übergangsfrist entsprechend qualifizieren konnten.

Verband verweist auf Eigenverantwortung

Damit ist also beim Osteopathieangebot kein Notstand zu erwarten. Christian Streits Haltung ist klar: Wer sich nicht an den – schon zuvor in den meisten Kantonen (ausser etwa Zürich und Zug) geltenden – Mindestausbildungsvorgaben anpassen wollte, kann sich nun nicht einfach über die persönliche Situation beschweren. Die gesetzlichen Bestimmungen zu den Mindestvorgaben an die Berufsausübungsbewilligung und betreffend Anerkennung ausländischer Diplome seien seit vielen Jahren bekannt.

Er verweist auf eine Antwort des Bundesrates auf eine Anfrage der Zuger Nationalrätin Manuela Weichelt (Alternative – die Grünen Kanton Zug).

Sind Prüfer mit Zusatzqualifikationen überfordert?

Weichelt bezweifelte in ihrer Anfrage, ob das mit der Prüfung der ausländischen Abschlüsse betreute Schweizerische Rote Kreuz (SRK) seine Arbeit genügend fair und diskriminierungsfrei vornehme.

Sie stützte sich darauf ab, dass die Anpassungslehrgänge mit Prüfung an der Haute école de Santé Fribourg (HEds) nicht genügend Platz böten, um alle Anfragen zu bewältigen.

Sie wollte wissen, wie der Bundesrat eine drohende medizinische Unterversorgung abwenden will, was er unternommen hat, um ein faires Verfahren für alle Betroffenen zu garantieren und wie der Bundesrat die Bewilligungspraxis des SRK beurteilt. Und damit auch: Ob der Bundesrat dazu bereit wäre, dem Parlament einen Antrag für eine Verlängerung der Übergangsfrist zu stellen.

Bundesrat sieht keinen Anlass zur Sorge

Die Antwort des Bundesrates vom 28. August letzten Jahres lässt nichts offen: Er erinnert daran, dass das neue Gesundheitsberufsgesetz am 30. September 2016 verabschiedet wurde und die Betroffenen über acht Jahre Zeit hatten, sich den neuen Vorschriften anzupassen.

Er zeigt auf, dass per August 2024 bereits viele Osteopathinnen und Osteopathen Gesuche gestellt und bewilligt bekommen haben, darüber hinaus hätten auch schon viele die Zusatzqualifikation erworben, viele würden dies in Kürze tun. Das SRK wende bloss geltendes Recht an. Das Berufsprofil von Osteopathinnen und Osteopathen sowie das erforderliche Bildungsniveau seien nicht vom SRK, sondern von der Bundesversammlung festgelegt worden.

Mindestens 20 Prozent mehr Osteopathen seit 2019

Der Bundesrat führt zudem aus, dass er lediglich über die Daten des Gesundheitsberufsregisters und des nationalen Registers der Gesundheitsberufe verfüge. Hellhörig macht seine Aussage zur Anzahl der zugelassenen Osteopathinnen und Osteopathen. So ist der Antwort folgendes zu entnehmen: «Die Anzahl eingetragener Osteopathinnen und Osteopathen ist von 1171 Ende 2019 auf 1404 Ende 2023 angestiegen. Dies entspricht einer Erhöhung um rund 20 Prozent.»

Entsprechend lägen dem Bundesrat keine Informationen vor, die auf einen aktuellen oder künftigen Engpass im Bereich der Osteopathie hindeuten würden.

Bloss ein Sturm im Wasserglas – der Markt spielt

Damit entpuppt sich der über die letzten Wochen vielgescholtene Engpass an Osteopathen und Notstand in der medizinischen Versorgung wohl als ein Sturm im Wasserglas. Im Gegenteil: Es gibt auf die steigende Nachfrage nach der alternativmedizinischen und durch die Zusatzversicherung abgegoltenen Osteopathie gar ein steigendes Angebot. Der Markt spielt, wie er soll.

Verwendete Quellen
  • Zahlreiche jüngst erschienene Zeitungsartikel, die einen Osteopathienotstand per 1. Februar 2025 in Aussicht stellen
  • BR-Antwort und Manuela Weichelts Anfrage «Bundesrat gefordert! - SRK überfordert? - Osteopathienotstand»
  • Schriftlicher Austausch mit Christian Streit, Geschäftsführer des Schweizer Osteopathieverbandes FSO-SVO
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