Anstehende Abstimmung

Spitalgesetz Luzern ändern – das passiert bei einem Nein

Stein des Anstosses: das Spital Wolhusen. Im Bild, als es noch keine Grossbaustelle war. (Bild: Archivbild: Emanuel Ammon/Aura)

Bist du dafür, dass das Spitalgesetz geändert wird? Mit dieser Frage werden Luzernerinnen bald konfrontiert. Was dahintersteckt und was es zu wissen gibt, fassen wir zusammen.

Am 18. Mai entscheiden die Luzerner über das Luzerner Spitalangebot. Das Geschäft scheint reichlich kompliziert. Bevor du vor Frustration aufgibst und das Abstimmungscouvert im Altpapier versenkst, helfen wir dir: Im zentralplus-Listicle erfährst du einfach und in acht Fragen, worüber du abstimmen sollst.

Wieso stimmt Luzern überhaupt ab?

Alles begann mit dem geplanten Spitalneubau in Wolhusen und der Idee, dort Abstriche zu machen, etwa bei der Geburtenabteilung (zentralplus berichtete). Denn: Bereits heute muss der Kanton Luzern für den Betrieb des Wolhuser Spitals jährlich acht Millionen Franken einschiessen, da es sich nicht rentiert.

Der Aufschrei in der Bevölkerung war gross, es hagelte politische Vorstösse. Die SVP lancierte eine Initiative, alle Parteien ausser die GLP doppelten mit einer Einzelinitiative nach und forderten ein gesetzliches Mindestangebot für Luzerner Spitäler. Die Gesundheitskommission griff das Anliegen auf, im Kantonsrat setzte sich die Änderung des Spitalgesetzes mit 65 zu 45 Stimmen durch. Allerdings ergriffen die Grünliberalen erfolgreich das Referendum – weswegen sich nun die Luzerner Stimmbevölkerung damit befasst (zentralplus berichtete).

Was ändert sich konkret?

Künftig wäre im Gesetz verankert, dass das Luzerner Kantonsspital (Luks) an seinen drei Luzerner Standorten – Luzern, Sursee und Wolhusen – «mindestens eine medizinische Grund- und Notfallversorgung» anbieten muss. Dies würde umfassen: Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Gynäkologie/Geburtshilfe, Anästhesie, Intermediate Care Unit (IMC) und interdisziplinäre Notfallstation mit 24-Stunden-Bereitschaft.

Diese medizinische Versorgung müsse für die gesamte Kantonsbevölkerung «innert nützlicher Frist» erreichbar sein. Sollte das aus irgendeinem Grund nicht gehen, braucht es dafür eine Bewilligung der Regierung.

Konkret ändert sich damit an den Spitalstandorten nichts. Nach der intensiven Debatte hat die Luzerner Regierung ihre ursprünglichen Pläne für Wolhusen an diese neuen Ziele angepasst (zentralplus berichtete). Allerdings denkt der Luzerner Regierungsrat, dass die ungedeckten Kosten beim Spital Wolhusen steigen. Nach ersten Hochrechnungen ging die Regierung davon aus, dass die Lücke künftig statt 8 bis zu 14 Millionen Franken betragen könnte. Dies, da es schlicht zu wenig Geburten und zu wenig Notfälle am Spital Wolhusen gibt, damit sich die Geburtenabteilung und eine Rund-um-die-Uhr-Notfallstation rechneten.

Wichtig zu wissen: Auch ohne Gesetzesänderung schiesst der Kanton Luzern ab 2028 11 Millionen Franken ins Spital Wolhusen ein, wegen der Abschreibungen des Neubaus.

IMC oder Intensivstation – ist doch wurscht?

Grosser Aufreger ist die Intermediate Care Unit, auch IMC oder Intensivüberwachungsstation genannt. Denn statt einer voll ausgebauten Intensivstation soll «nur» noch eine IMC Mindestmass sein. IMC lässt sich etwa mit «Zwischenpflegestation» übersetzen. Also eine Station für Fälle, die anspruchsvoller sind und mehr Pflege benötigen als auf der normalen Station, aber «nicht schwer genug» für eine Intensivstation.

Eine solche Intensivpflegestation wird es künftig nicht mehr an allen Luzerner Spitälern geben. (Bild: zvg)

Die Gesundheitsdirektorin Michaela Tschuor (Mitte) beschwichtigte gegenüber zentralplus, dass etwa Romooser bei schweren Unfällen noch immer ins Spital Wolhusen können. Ist ihr Fall besonders schwer, würden sie auf der IMC stabilisiert und nach Luzern überführt. Doch bereits heute landen schwere Fälle jeweils im Zentrumsspital in Luzern.

Moment, da steht was von Ausnahmen ...

Es gibt Ausnahmen: Spitäler können vom definierten Angebot abweichen, wenn dafür «die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Spitalliste und für die Erteilung eines Leistungsauftrags nach den Bestimmungen des Krankenversicherungsrechts nicht erfüllt sind».

Der Grund: Im Leistungsauftrag oder in der Spitalliste sind meistens Mindestfallzahlen festgeschrieben. Wenn ein Spital oder eine Einrichtung diese Zahlen unterschreitet, müssen Krankenversicherer ihren Anteil an den Kosten nicht mehr zahlen – eine Lücke, für die der Kanton kostspielig einspringen muss. Daher die Ausnahme.



Eine andere Ausnahme ist vorgesehen, wenn der Betrieb schlicht nicht möglich ist. Etwa, wenn Pfleger fehlen oder die Nachfrage zu gering ist. Das Luks könnte das Angebot jedoch nicht einfach streichen oder reduzieren, sondern müsste erst eine Erlaubnis beim Regierungsrat einholen.

Gemeinwirtschaftliche...häh?

Nicht alle Arbeit, die ein Spital leistet, wird von Krankenversicherungen vergütet. Diese beteiligen sich zwar an Behandlungskosten, aber beispielsweise nicht an der Aus- und Weiterbildung von jungen Ärztinnen. Damit das Spital trotzdem dafür entschädigt wird, gibts die sogenannten gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWL). Diese zahlt der Kanton dem Luks im Rahmen von Leistungsaufträgen.

Mit GWL werden Ausbildungen, Forschung oder eben Angebote aus «regionalpolitischen Gründen» entschädigt. Also wenn das Spital Wolhusen auf Wunsch des Kantonsrats und der Bevölkerung mehr Betten anbietet, als sich rein wirtschaftlich rentieren würde. Für das Jahr 2025 hat der Kanton Luzern rund 24 Millionen Franken GWL fürs Luks budgetiert.

Früher hat jeweils der Kantonsrat jährlich die Höhe der GWL festgelegt, neu soll der Regierungsrat den Umfang der Mittel bestimmen. Allerdings hat nach wie vor der Kantonsrat das letzte Wort. Klingt kompliziert, ist es auch ein wenig. Daher nun, was die Parteien davon halten.

Wer ist dafür?

Für das neue Spitalgesetz sind SVP, Mitte, SP, Grüne. Sie argumentieren, dass mit dem Gesetz an allen neuen Standorten «auch künftig eine qualitativ hochwertige medizinische Grund- und Notfallversorgung vorhanden und für die ganze Bevölkerung innert nützlicher Frist erreichbar ist». Sprich: Auch die Landbevölkerung soll künftig innert nützlicher Zeit eine Notfallstation erreichen können.

Mit der klaren Verankerung im Gesetz könnten Luks und Kanton zudem nicht einfach so das Angebot an einem Standort einschränken. Das dürfte insbesondere die Bevölkerung rund um das Spital Wolhusen beruhigen. Zudem argumentieren die Befürworter, dass das Luks mit den definierten Ausnahmen noch immer genügend Handlungsspielraum habe.

Wer ist dagegen?

Dagegen sind die GLP und die FDP. Sie kritisieren vor allem, dass das Spitalgesetz die Luzerner Spitäler in ein starres Korsett zwängt. Das Gesundheitswesen entwickle sich rasch, werde spezialisierter, digitaler und ambulanter. Deshalb müsse auch das Leistungsangebot flexibel gestaltet werden können. Zudem mache es wenig Sinn, allen Spitälern das Angebot vorzuschreiben, wenn die Nachfrage nicht gegeben sei. Auf dem Land könnte der Kanton das Geld eher in den Aufbau von Rettungsdiensten oder Hausarztpraxen stecken, finden die Gegnerinnen.

Weiter verursachen die gesetzlich geforderten Leistungen jährlich hohe Kosten im zweistelligen Millionenbereich. Wie diese genau finanziert sind, sei nicht abschliessend geklärt. Zwar heisst es im Gesetz, der Kanton gewähre den Listenspitälern für die Sicherstellung der Spitalversorgung GWL. Doch deren Höhe legt die Regierung jährlich neu fest, sie könnte also in klammen Jahren die Beiträge auch kürzen.

Die Gegner – allen voran die GLP – kritisieren die Änderung als zu teuer und unnötig. (Bild: zvg)

Was passiert bei einem Nein?

Stimmen die Luzernerinnen Nein, ändert sich erst mal nichts. Denn die Grund- und Notfallversorgung am Spital Wolhusen hat der Kanton Luzern bereits in seinem Planungsbericht Gesundheitsversorgung festgehalten. Der Spitalstandort wird also so oder so in den nächsten Jahren teurer, auch wegen des Neubaus. 

Allerdings steht es der Spitalgruppe und dem Kanton frei, künftig gewisse Angebote abzubauen und zu zentralisieren. Als Beispiel etwa die Geburtenabteilung oder die Reha an einem Standort zu schliessen und nur noch an den anderen Spitälern anzubieten.

Verwendete Quellen
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