Regierung lehnt SVP-Initiative ab: Das sind die Gründe
In Wolhusen soll 2028 das neue Spitalgebäude eröffnet werden. Welche Leistungen dort genau erbracht werden sollen, ist noch unklar. (Bild: zvg)
Mit einer Volksinitiative hat die SVP des Kantons Luzern eine flächendeckende Grundversorgung im Gesundheitswesen gefordert. Der Regierungsrat lehnt diesen Vorschlag nun ab.
Für die SVP ist klar: Der Kanton Luzern muss die medizinische Grund- und Notfallversorgung im ganzen Kanton garantieren. An jedem Spitalstandort – auch in Sursee und Wolhusen – sollen daher Ärzte für Innere Medizin, Chirurgie, Gynäkologie und Anästhesie arbeiten. Jedes Spital benötige darüber hinaus eine Intensivpflegestation sowie eine Notfallstation mit 24-Stunden-Bereitschaft.
Das fordert die Partei mit einer Volksinitiative, die sie im Frühjahr 2024 einreichte (zentralplus berichtete). Nun hat der Luzerner Regierungsrat seine Meinung zum Volksbegehren veröffentlicht.
Er ist nicht überzeugt von den Forderungen und empfiehlt, die Initiative abzulehnen. Das Anliegen des Initiativkomitees findet die Regierung durchaus berechtigt. Auch sie wolle eine starke Grund- und Notfallversorgung, wie die Regierung in einer aktuellen Mitteilung schreibt. Sie störe sich jedoch an der Absolutheit der Forderungen in der Initiative. Diese würden eine bedarfsgerechte Spitalplanung verhindern.
So fing alles an
Zum Hintergrund: Der Kanton baut derzeit ein neues, dreistöckiges Spitalgebäude in Wolhusen, das 2028 in Betrieb genommen werden soll. In diesem Zusammenhang stellte sich der Regierungsrat die Frage, welche medizinischen Leistungen dort künftig angeboten werden sollen. Das neue Leistungsangebot für das Spital legte die Luzerner Gesundheitsdirektion im April 2022 vor. In Zukunft soll es weniger Betten und keine Intensivpflegestation mehr geben. Stattdessen ist eine Intensivüberwachungsstation geplant (zentralplus berichtete).
Der Aufschrei in der Bevölkerung war gross. Fünf Parteien reichten Einzelinitiativen ein, die eine Grund- und Notfallversorgung im Spitalgesetz verankern sollen. Die Regierung ging daraufhin über die Bücher. Im Februar 2024 stellte sie das überarbeitete Leistungsangebot vor (zentralplus berichtete).
Was auffiel: Bezüglich der Intensivpflege hielt die Regierung am ursprünglichen Plan fest. Im Spital Wolhusen soll es eine Intermediate-Care-Station (IMC), also eine Intensivüberwachungsstation, geben, aber keine Intensivpflegestation (IPS). Und das, obwohl dieser Punkt am stärksten auf Widerstand stiess.
Die Gesundheitsdirektorin Michaela Tschuor (Mitte) hoffte, die IPS-Verfechter vom neuen Angebot zu überzeugen, wie sie an einer Pressekonferenz im Februar mitteilte. «Ich bin gespannt, ob die SVP an der Initiative festhält. Das ist aber ihnen überlassen», sagte Tschuor (zentralplus berichtete).
Das Überzeugen gelang nicht. Am 19. März 2024 reichte die Partei die Initiative mit 5200 Unterschriften ein (zentralplus berichtete).
Angst vor ungedeckten Kosten
Wird die Initiative der SVP angenommen, muss Wolhusen gezwungenermassen auch in Zukunft eine Intensivpflegestation betreiben. Das hält der Regierungsrat nicht für sinnvoll. Denn: Die Spitalplanung habe ergeben, dass eine Intensivpflegestation in Wolhusen nicht erforderlich sei. Der Zugang zu einer solchen Station am Standort Luzern sei für die Betroffenen innert nützlicher Frist gewährleistet.
Der Regierungsrat fürchtet sich zudem vor hohen, ungedeckten Kosten. Denn: Es sei gar nicht mehr möglich, Wolhusen als Intensivpflegestandort zu zertifizieren, da die Anzahl an notwendigen Pflegetagen in den vergangenen Jahren nicht erreicht worden sei. Ohne eine solche Zertifizierung würden die Krankenversicherer ihren Anteil der Kosten für die Behandlung nicht mehr vergüten, schreibt die Regierung.
«Der Standort Luks Wolhusen kann mit einer IMC die Patientensicherheit auf hohem Niveau gewährleisten und seine Patientinnen und Patienten durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Luks-Standort Luzern bestens triagieren», lässt sich Gesundheitsdirektorin Michaela Tschuor zitieren. Mit der neuen Intensivüberwachungsstation könnten 98 Prozent der heutigen Fälle der bisherigen Intensivpflegestation in Wolhusen abgedeckt werden.
Das Luzerner Kantonsspital (Luks) konnte für diese Station bereits eine Zertifizierung erlangen, schreibt der Regierungsrat. Das Luks bereite den Betrieb der Station bereits vor.
Initiative und Gegenentwurf kommen vors Volk
Die Initiative der SVP kommt voraussichtlich im Februar 2025 vors Volk. Ebenfalls abstimmen können die Stimmberechtigten dann über den Gegenentwurf der Regierung.
Beim Gegenentwurf handelt es sich ebenfalls um eine Änderung des Spitalgesetzes. Die Anpassungen nahm der Regierungsrat auf Basis der fünf Einzelinitiativen vor, die im Jahr 2022 von unterschiedlichsten Parteien eingereicht wurden.
Laut der Regierung nimmt der Gegenentwurf das Anliegen der Volksinitiative der SVP auf. Anders als bei der Initiative würden die Forderungen jedoch sachgerecht und zweckmässig aufgegriffen werden.
Das unterscheidet Gegenentwurf von Initiative
Der Vorschlag der Regierung beinhaltet ebenfalls die Forderung, dass das Luks an allen Standorten ein Mindestangebot in der Grund- und Notfallversorgung bereitstellt. Er integriert jedoch eine Ausnahmeregelung. Diese soll gelten, falls das Luks mit diesem Angebot nicht mehr in die Spitalliste aufgenommen werden kann. Ausserdem soll die Ausnahmeregelung in Kraft treten, wenn das Spital das Mindestangebot aufgrund des Fachkräftemangels oder zu geringer Nachfrage nicht mehr mit der notwendigen Qualität erbringen kann.
Bezüglich der Intensivpflege sieht der Gegenvorschlag als Mindestanforderung eine IMC vor – und keine IPS. «Der Gegenentwurf behebt damit die zwei zentralen Mängel der Initiative», lässt sich Tschuor zitieren.
Mirjam Reinhard ist im Raum Luzern aufgewachsen und verwurzelt. Sie studierte Gesellschafts- und Kommunikationswissenschaften und analysierte Medienberichte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit.