Praxis nur online erreichbar? So sieht es in Zug und Luzern aus
Arztpraxen setzen vorderhand noch nicht auf ein digitales Buchen von Sprechstunden - trotz Mangel an Medizinischen Praxisassistentinnen (MPA). (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)
In manchen Kantonen können Arzttermine nur noch online gebucht werden. Die Praxen sind am Anschlag. In Zug und Luzern kennt man das Problem – kann aber teilweise Entwarnung geben.
Medizinische Praxisassistentinnen (MPA), Berufsleute mit eidgenössischem Fähigkeistzeugnis, sind das Rückgrat so mancher Arztpraxis. Sie, grossmehrheitlich sind es Frauen, beurteilen am Telefon die Dringlichkeit eines Arztbesuchs, triagieren, buchen Termine, analysieren Blut- und Urinproben und erledigen darüber hinaus noch manche weiteren Hintergrundarbeiten, damit sich die Ärztinnen und Ärzte auf die Behandlung der Patienten konzentrieren können.
Doch gibt es viel zu wenige MPA für die zahlreichen Arztpraxen. Im aargauischen Brugg hat der Dermatologe Paul Scheidegger nun reagiert. Bei ihm können Patienten nur noch auf digitalem Weg einen Termin erhalten. Was von den Patienten durchaus geschätzt werde, wie der Arzt den CH-Medien erklärt. Müssen sie doch so nicht in einer Telefonwarteschlange warten.
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Dermatologie prädestiniert für Digitalisierung
Das Beispiel könnte Schule machen. Vor allem bei Dermatologinnen und Dermatologen, die bereits heute Erstbeurteilungen von Hautkrankheiten wie Ekzemen oder Melanomen via zugesandtem Bildmaterial vornehmen. Aber nicht nur, denn an einem Mangel an MPA leiden durchs Band alle Arztpraxen, unabhängig davon, wie spezialisiert diese sind.
Auf Nachfrage bestätigen sowohl die Ärztegesellschaften des Kantons Zug als auch des Kantons Luzern diesen Mangel an Fachpersonal. Viele Arztpraxen hätten Mühe, die offenen Stellen zu besetzen. Doch teilen sie auch mit, dass im Kanton Zug noch keine Arztpraxis wegen dieses Mangels hätte schliessen oder ihre Öffnungszeiten einschränken müssen. Auch die Luzerner beurteilen die Situation noch nicht als dramatisch.
Während die Zuger Ärztekammer erklärt, ihr sei noch keine Praxis bekannt, die nur noch digital erreichbar sei, sagen die Luzerner Ärzte, dass es vereinzelt solche Praxen geben könne. «Die uns bekannten Praxen bieten in der Regel beide Optionen, also Terminvereinbarung online wie auch telefonisch, an.»
Die Zuger Ärztegesellschaft, namentlich der Präsident Dr. med. Urs Hasse, ein Dermatologe, erklärt auch, dass sie vorbeuge, indem sie sich aktiv für die Lehrlingsausbildung engagiere. «Unter anderem werden die Kosten für die überbetrieblichen Kurse mehrheitlich von der Zuger Ärztegesellschaft getragen», heisst es unter anderem in den Antworten auf die Fragen von zentralplus. Auch die Luzerner unterstützen Ausbildungen und Weiterbildungen für MPA finanziell.
Gegen den Mangel an MPA könne die Gesundheitsdirektion nichts unternehmen, lässt die Ärztegesellschaft des Kantons Zug weiter verlauten, denn sie sei für deren Ausbildung gar nicht zuständig. Allerdings, so die Luzerner Ärztegesellschaft, könne die Gesundheitsdirektion die Arbeitsbedingungen für Ärzte attraktiv gestalten und so auf die Mangellage reagieren.
Praxen mit vielen Fremdzuweisungen sind eher geeignet
Angesprochen auf Paul Scheideggers Praxis in Brugg (AG) hält der Zuger Dermatologe Urs Hasse fest, dass eine Einschränkung von Telefonzeiten bei Spezialarztpraxen mit einem grossen Anteil von zugewiesenen Patienten und geringem Anteil an akuten Selbstzuweisungen für eine derartige Lösung geeigneter sei.
Da die Dermatologie eine Grundversorgung für die Haut anbiete, gehe er mit Paul Scheidegger nicht einig, dass die Digitalisierung gerade in der Dermatologie Zukunft habe. Allerdings räumt er ein, dass Scheidegger Ferndiagnosen auf der Basis von Fotografien anbiete. Dies ist aber offenbar längst nicht bei allen Dermatologen der Fall.
Berufsbild der MPA dürfte sich etwas verändern
Die Zuger Ärztegesellschaft respektive dessen Präsident betont, dass es keinesfalls die Absicht sei, den Beruf der medizinischen Praxisassistenten abzuschaffen. Im Gegenteil. «Das Ziel ist es vielmehr, mehr Kapazitäten für verschiedene weitere Arbeiten neben dem Triagedienst am Telefon freizustellen.»
Die Luzerner Ärztegesellschaft gibt zu bedenken, dass der Beruf der MPA sehr vielfältig sei und sowohl administrative Arbeiten beinhalte, die digitalisiert werden können, als auch praktische Arbeiten, wo das nicht geht.
Eine Verschlechterung der medizinischen Betreuung, sei es in den Praxen der Allgemeinmediziner oder Spezialarztpraxen ist also gemäss Auskunft der Zuger wie auch der Luzerner Ärztegesellschaft nicht zu befürchten. Doch offenbar geht die Digitalisierung auch an den Hintergrundaufgaben von Arztpraxen nicht ganz spurlos vorbei. Das Berufsbild der MPA, so macht es den Anschein, wendet sich vermehrt in Richtung spezialisiertes Wissen. Vereinzelt sind Arbeiten digitalisierbar, doch steht die persönliche Patientenbetreuung auch in Zukunft im Vordergrund.
Redaktor bei zentralplus mit Themen-Schwerpunkten Politik und Kultur. Hat an der Universität Zürich Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Als ehemaliger Triathlet nach wie vor begeisterter Läufer, Rennradfahrer und Schwimmer.