Warum 1'600 Anmeldungen nicht überraschen

Kaum Zuger Fälle – dennoch Run auf Affenpocken-Impfung

Pink-Cross-Geschäftsleiter Roman Heggli (links) fordert rasch mehr Impfdosen gegen die Affenpocken. Der Zuger Kantonsrarzt Rudolf Hauri meint, dass trotz weniger Zuger Fälle die Ansteckungsgefahr bleibt. (Bild: AdobeStock/zvg)

Ab Dienstag können sich Zuger gegen die Affenpocken impfen lassen. Bisher sind im Kanton Zug zwei Fälle bekannt. Trotzdem haben sich bereits über 1'600 Personen online angemeldet. Für Pink Cross ist das keine Überraschung.

Mitten im Sommer, als sich die Coronalage etwas beruhigt hat, taucht ein weiteres Virus wie aus dem Nichts auf: die Affenpocken. Das Orthopoxvirus, das bis anhin vor allem in West- und Zentralafrika vorgekommen ist, hat sich auch in Europa breit gemacht. Damals hat es vom Bundesamt für Gesundheit geheissen, es gebe keinen Grund zur Panik. Unterschätzen dürfe man das Virus trotzdem nicht, so der Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri damals gegenüber zentralplus.

Seither hat es im Kanton Zug zwei bestätigte Fälle gegeben, schreibt Rudolf Hauri auf Anfrage. Schweizweit hat es insgesamt 546 bestätigte Fälle gegeben, gemäss Daten des Bundesamts für Gesundheit. Nach dem starken Anstieg im Sommer gehen die Fälle etwas zurück. Das Bundesamt für Gesundheit schätzt die Gefahr für die Gesamtbevölkerung weiter als «gering» ein.

30 Minuten warten, nur um den Impftermin zu vereinbaren

Sind die Affenpocken also kein Thema mehr? Anderes suggeriert die Anmeldung zur Affenpocken-Impfung, die seit Mittwoch online möglich ist (zentralplus berichtete). Für die Kantone Zürich, Schaffhausen, Glarus, Zug und Schwyz stehen insgesamt 2'000 Impfdosen bereit. Dabei gebe es kein reserviertes Kontingent pro Kanton, so Hauri. Es gilt also: Wer zuerst kommt, mahlt – oder impft – zuerst.

Das hat sich auf der Anmeldeseite verdeutlicht: Bereits kurz nach Veröffentlichung der Medienmitteilung haben zeitweise etwa 500 Personen in der Warteschlange gewartet. Laura Gialluca, Mediensprecherin des Zürcher Amts für Gesundheit, schreibt am Donnerstag auf Anfrage, dass sich bereits über 1'600 Personen angemeldet haben.

Kurz vor 16 Uhr war der Ansturm auf die Affenpocken-Impfung gross.
Kurz vor 16 Uhr war der Ansturm auf die Affenpocken-Impfung gross. (Bild: Screenshot: Website für die Impf-Anmeldung)

Dies deute auf eine grosse Impfbereitschaft hin. «Es ist nicht auszuschliessen, dass die Nachfrage das Angebot übersteigt, weil die uns vom Bund zugesprochene Impfstoffmenge begrenzt ist.» Dies befürchtet auch Roman Heggli, Geschäftsleiter des nationalen Dachverbands der schwulen und bisexuellen Männer. Er findet deutliche Worte: «Die 2'000 Impfdosen heute reichen hinten und vorne nicht. Ich hoffe sehr, dass der grosse Teil der Lieferung rasch eintrifft und dann sofort an die Kantone verteilt wird.»

Pink Cross kritisiert späte Bestellung des Bundes

Der Ansturm sei kaum verwunderlich: «Viele Personen in der Community haben sehnsüchtig darauf gewartet. In anderen Ländern ist das bereits seit Ende Juli möglich.» Die wenigen Fallzahlen seien mitunter dadurch begründet, dass die Community die Verhaltensempfehlungen gut befolgt habe. Also ihre Sexualkontakte eingeschränkt und die Ansteckungsketten so unterbrochen habe. Eine nachhaltige Lösung sei das jedoch nicht – weshalb die queeren Männer auf das Impfangebot gehofft haben.

«Es ist längst Zeit, dass wir uns endlich impfen und schützen können.»

Roman Heggli, Geschäftsleiter Pink Cross

Hier übt er auch deutliche Kritik am Bund: «Der Bund hat viel zu spät bestellt. Deshalb kommen die Impfdosen nun auch nur tröpfchenweise.» Zudem habe die Verteilung der Impfdosen durch die Armee-Apotheke zehn Tage gebraucht – viel zu lange für Heggli. In einer Medienmitteilung fordert Pink Cross eine Aufarbeitung zur Beschaffung für die Affenpocken-Impfung.

Heggli hofft auf schnelle Nachlieferung

Er räumt zwar gegenüber zentralplus ein, dass das Risiko für die Gesamtbevölkerung durchaus gering sei. Betont jedoch, dass es bei der besonders betroffenen Gruppe – also Männern und Trans-Personen, die Sex mit Männern haben – relativ hoch sei. «Man kann schon sagen, es sind ja nur 500 Fälle. Aber das sind 500 Personen, die eine sehr schmerzhafte Infektion durchmachen mussten und sich wochenlang isolierten. Viele Infektionen hätten verhindert werden können, wenn die Impfung rascher verfügbar gewesen wäre.»

Eine Ansteckung könne man nicht einfach auf die leichte Schulter nehmen. «Die Pocken können extrem schmerzhaft sein und 5 bis 10 Prozent der Betroffenen müssen hospitalisiert werden. Meist junge, grundsätzlich gesunde Männer!» Für ihn sei deshalb wichtig, dass die angekündigte zweite Lieferung bald komme und schneller verteilt werde. «Es ist längst Zeit, dass wir uns endlich impfen und schützen können.»

Für wen ist die Impfung empfohlen?

Gemäss der Medienmitteilung des Kantons Zug ist die Impfung für folgende Personen empfohlen:

  • Präventiv für Männer, die Sex mit Männern haben, und Trans-Personen mit wechselnden Sexualpartnern
  • Präventiv für Personen, die aus beruflichen Gründen gegenüber Affenpockenviren exponiert sind (zum Beispiel medizinisches Personal oder Personal von Speziallaboratorien)
  • Für Kontaktpersonen von erkrankten Personen, um die Infektionsketten zu unterbrechen und auch Kinder, Schwangere und allfällige weitere Risikopersonen zu schützen

Ziel der Impfung sei es, Infektionsketten zu unterbrechen und schwere Krankheitsverläufe zu verhindern. Diese seien gemäss Bundesamt für Gesundheit zwar nicht häufig, doch kommen sie vor. Auch Todesfälle sind möglich. Gemäss Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri sollen sich interessierte Personen vorgängig von einer spezialisierten ärztlichen Fachperson beraten lassen. Er betont: «Auch wenn es im Kanton Zug bisher nur zwei gemeldete Fälle gibt, so ist die Ansteckungsmöglichkeit insbesondere auch andernorts gegeben.»

Verwendete Quellen
  • Website des Bundesamts für Gesundheit zum Thema Affenpocken
  • Schriftlicher Austausch mit Zuger Kantonsarzt Rudolf Hauri
  • Telefonat und schriftlicher Austausch mit Laura Gialluca, Zürcher Amt für Gesundheit
  • Telefonat mit Roman Heggli, Geschäftsleiter Pink Cross
  • Website zur Anmeldung für die Affenpocken-Impfung
  • Medienmitteilung Pink Cross
  • Medienmitteilung zur Affenpocken-Impfung Kanton Zug
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