Zuger Verein sammelte 200'000 Franken

SchnauZug: Mit Schnäuzen gegen Hodenkrebs

André Kälin hat 2012 gemeinsam mit Freunden den Verein SchnauZug gegründet. (Bild: zvg)

Zehn Jahre lang setzte sich eine Gruppe Zuger zum Ziel, das Bewusstsein für Prostata- und Hodenkrebs zu fördern. Dabei spendete der Verein SchnauZug fast 200'000 Franken. Nun ist Schluss. Zeit, zurückzublicken.

Mit dem Schnauz gemeinsam gegen Krebs: Das hat sich der Zuger Verein SchnauZug zehn Jahre lang auf die Fahne geschrieben.

Alles begann mit der Australienreise von Gründungsmitglied Jan Pegoraro, ein paar gedruckten T-Shirts und einer Party. Ein Kumpel erzählte seinen Zuger Freunden von der Bewegung Movember, die 2003 in Australien ins Leben gerufen wurde. Das Wort ist ein Mix aus den Wörtern moustache (englisch für Schnurrbart) und November. Die Männer lassen sich dann jeweils Schnäuze wachsen – mit einer Botschaft: Sie sollen auf männliche Krankheiten aufmerksam machen. Vor allem Prostata- und Hodenkrebs.

Alles begann ganz klein

«In Australien wurde der Movember damals schon gross gefahren – bei uns hat man praktisch noch nie davon gehört», erzählt André Kälin am Telefon. Er hat 2012 gemeinsam mit Freunden den Verein SchnauZug gegründet. «Doch die Idee fanden wir total cool und wichtig. Insbesondere, weil bei uns viel zu wenig über das Thema gesprochen wird – obwohl für Männer zwischen 20 und 40 Jahren Hodenkrebs die am häufigsten diagnostizierte Krebsart ist. Deswegen wollten auch wir etwas dazu beisteuern.»

Gesagt, getan. Die Männer entwarfen ein Logo, das sie auf T-Shirts drucken liessen. Zuerst wollten sie diese eigentlich nur innerhalb des Freundeskreises tragen. «Weil wir aber spontan bei einer Busfahrt bereits zwei T-Shirts verkaufen konnten, liessen wir noch weitere 15 T-Shirts drucken.» Davon ging ein Teil an die Krebsliga Zentralschweiz.

Fast 200'000 Franken an die Krebsliga gespendet

Schliesslich drehte «Tele 1» damals einen Beitrag über den neu gegründeten Verein, in dem Kälins Freund eine grosse Party in der Galvanik ankündigte, die noch gar nicht so richtig geplant war. Die Crew krempelte schliesslich die Ärmel nach oben. «Innerhalb von 2,5 Wochen stampften wir die Party aus dem Boden», erzählt Kälin weiter.

«Damals fragten wir uns selbst, ob wir uns ein wenig gar weit aus dem Fenster lehnen, indem wir die heiligen Zuger Kirschen verunstalten.»

André Kälin, Gründungsmitglied «SchnauZug»

Das Jahr darauf folgte eine weitere Party. Der Verein wurde bekannter, konnte mehr Zuger Unternehmen wie den EVZ oder die Brauerei Baar für sich gewinnen, mit denen sie für den guten Zweck zusammenspannten. So füllte die Brauerei Baar Zehntausende «Goldmanndli»-Bierflaschen ab und versah sie mit einem neuen Etikett: einem Goldmanndli, das Schnauz trug. Pro Bier hat die Brauerei Baar einen Fünfräppler an die Krebsliga gespendet.

Auch personell ist der Verein gewachsen. Gestartet haben sie zu dritt – mittlerweile sind acht Personen im Organisationskomitee. Im ersten Jahr spendete der Verein rund 2'000 Franken an die Krebsliga – in Spitzenjahren waren es sogar 35'000 Franken nach einer Feier für den guten Zweck. «Über die zehn Jahre hinweg haben wir fast 200'000 Franken an die Krebsliga gespendet. Darüber sind wir sehr glücklich», sagt Kälin.

«Zuger chnätted euchi Chriesi»

Um auf das Thema Hoden- und Prostatakrebs aufmerksam zu machen, erhob der Verein nicht den Mahnfinger, sondern setzte eher auf ein wenig aneckende oder provozierende Kampagnen. Etwa mit dem Slogan «Zuger chnätted euchi Chriesi» (zentralplus berichtete). Dass Männer also ihre Hoden selbst abtasten, um möglichen Hodenkrebs frühzeitig zu erkennen.

«Damals fragten wir uns selbst, ob wir uns ein wenig gar weit aus dem Fenster lehnen, indem wir die heiligen Zuger Kirschen verunstalten», erzählt Kälin verschmitzt. Dass Janssen (gehört der Johnson & Johnson-Unternehmensfamilie) die Kampagne unterstützte und die Firma ihr Logo unter die Plakate pappte, hat selbst ihn erstaunt. «Bis heute haben wir auf die Kampagne aber keine einzige negative Reaktion erhalten.»

«So sind auch aus unserem Umfeld einige Kollegen auf uns zugekommen, die selbst an Hoden- oder Prostatakrebs erkrankt sind – was wir zuvor gar nicht gewusst haben.»

Wie gut ist es seiner Meinung nach dem Verein gelungen, in den zehn Jahren zu sensibilisieren? Kälin überlegt. «Es ist sicherlich kein einfaches Thema. Vor allem war es schwierig, junge Männer zu erreichen. Bei Vorträgen in Zusammenarbeit mit der Krebsliga haben wir festgestellt, dass wir eher ein älteres Zielpublikum erreichen. Deshalb haben wir uns jedes Jahr eine junge, freche Kampagne einfallen lassen, um auch ein jüngeres Publikum zu erreichen. Und auch an der Benefiz-Gala denke ich, ist uns das gelungen.»

Der Verein hat sicher auch dazu verholfen, einfacher über Männergesundheit zu sprechen. Hat quasi als Türöffner für offene Gespräche fungiert. «So sind auch aus unserem Umfeld einige Kollegen auf uns zugekommen, die selbst an Hoden- oder Prostatakrebs erkrankt sind – was wir zuvor gar nicht gewusst haben.» Auch innerhalb Kälins Familie seien einige an Krebs erkrankt. «Umso schöner ist es, einen Beitrag für Krebsbetroffene zu leisten.»

Am 26.11. steigt in der Galvanik Zug die letzte Party

Doch schon bald ist Schluss. «Die Corona-Zeit hat auch uns zum Nachdenken gebracht», wird «Chef-Schnauz» Joel Schuler in einer Mitteilung des Vereins zitiert. In den letzten zehn Jahren habe sich bei den Vereinsmitgliedern viel Privates und Berufliches verändert. «Deswegen haben wir uns entschieden, dann aufzuhören, wenn's am schönsten ist.»

Am 26. November ruft der Verein deswegen zum letzten Tanz für den guten Zweck auf. In der Galvanik Zug steigt eine Party, deren Erlös wiederum an die Krebsliga Zentralschweiz gespendet wird. «Mitmachen ist einfach, Schnauz rasieren oder ein schönes Abendkleid anziehen», so der Verein weiter. «Wir hören von allen Seiten, wie schade es sei, dass wir aufhören», sagt Kälin abschliessend.

Verwendete Quellen
  • Medienmitteilung von SchnauZug
  • Telefonat mit André Kälin
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