Bechern mit gutem Gewissen

Gesucht: Der perfekte Kafi-Becher für die Fasnacht

Hat sie den perfekten Becher schon? Kafi und Tee mit Güx gehören an der Luzerner Fasnacht dazu. (Bild: Adobe Stock)

Rund 100 Tonnen Abfall pro Jahr produzieren die Fasnächtler in der Stadt Luzern. Kunststoffbecher aus Styropor machen einen beträchtlichen Teil davon aus. Alternativen gibt es schon, sie finden aber nur langsam den Weg an die Fasnacht.

Zur Luzerner Fasnacht gehören Kafi und Tee wie japanische Touristen auf das Jungfrau Joch. Oder so ähnlich. Unbestritten ist: Lieber mit als ohne Güx, gerne als Holdrio, Huerenaff oder selbstgemixter Hexentee. Und: Je kälter, desto mehr dominiert der warme Kafi- und Teebecher über denjenigen fürs kühle Bier.

So unbestritten der Status warmer alkoholischer Getränke an den rüüdigen Tagen, so unbestritten ist auch der Müll, der dabei anfällt. Becher und Co. verursachen während des bunten Treibens rund 100 Tonnen Abfall in der Stadt Luzern, den die Reinigungsdienste dann in 4000 Stunden Einsatzzeit wieder entsorgen dürfen (zentralplus berichtete).

Der Styroporbecher ist der Standard

Tee und Kafi bekommt man während der Fasnacht an jeder Ecke. Zum Beispiel bei der Guuggemusig Musegg-Geischter (MGL). Ihre Heimat ist der Mühlenplatz. Wer dort ein MGL-Teeli trinkt, bekommt es auch dieses Jahr im typischen Styroporbecher.

Einweg-Kafibecher aus Styropor: Praktisch, aber nicht besonders gut für die Umwelt. (Bild: zvg)

Dieser Becher isoliert etwas besser als dünne Plastikbecher und ist deshalb für warme Getränke besonders gut geeignet. Aber auch die Nachteile sind bekannt: Einmal benutzt, ist er fällig für den Abfall. Leider sind diese praktischen Becher weder biologisch abbaubar noch besonders gut zu rezyklieren.

Marketing-Gag mit Potenzial zum Öko-Gadget

Heuer bewerben die Musegg-Geischter, die ihr 30-Jahre-Jubiläum feiern, die Alternative: Ein Edelstahlbecher für 15 Franken, beim ersten Mal gefüllt mit dem würzigen Haustee, soll den nicht gerade klimafreundlichen Kunststoffbecher ersetzen und dabei noch einen Batzen in die Vereinskasse spülen. «Wir hoffen, dass unser Tee darin warm bleibt und sich der Abfall rund um unseren Wagen am Mühlenplatz sichtlich reduziert», sagt Larissa Hädener über den silbernen Isolierbecher, der mit einem Karabiner und dem Logo der Musegg-Geischter versehen ist.

Mit solchen Stahlbechern wollen die Musegg-Geischter den Abfallberg verkleinern. (Bild: zvg)

Insgesamt wurden 200 Stück produziert. Mit dem Erlös sollen mehrheitlich die Produktionskosten gedeckt werden. «Falls es einen Rest gibt, fliesst er in unsere Sujetkasse», so Hädener. Dies soll auch Geld für Einwegbecher sparen «und vor allem die Umwelt wird es uns danken».

Das Verkaufsargument: Wer seinen eigenen Mehrweg-Becher mitbringt, verursacht weniger Müll. Das tönt im ersten Moment bestechend und in Zeiten hoch gesteckter CO2-Ziele sinnvoll. Doch auch Hädener weiss, dass wohl nicht jeder Fasnächtler in Zukunft seinen eigenen Becher mitbringen wird.

Die Musegg-Geischter sind nicht die Einzigen: Den Thermobecher mit Karabinerhenkel gibt es zu unterschiedlichen Preisen mit dem Logo der jeweiligen Guuggenmusigen. Er kostet bei den Amok-Symphonikern aus Kriens einen Fünfliber. Auch die Rüsssuuger aus Emmen wollen auf dem selben Weg einen Akzent für eine saubere Fasnacht setzen – und den einen oder anderen Franken in die Vereinskasse «suugen».

Gefragt: Eine Lösung für die Masse

Wir haben bei den Fasnachtsoberen nachgefragt, was sie von der Idee halten. «Becher aus Zinn, Metall oder Hartplastik mit den Logos der Guuggenmusiken oder Gravuren sind schon lange als Zubehör bekannt», weiss Peti Federer, Medienverantwortlicher beim Lozärner Fasnachtskomittee (LFK) und selbst seit über drei Jahrzehnten Guuger bei den Chottlebotzer aus Luzern. Für das LFK sind sie zwar ein tolles Gadget für einzelne Fasnächtler, aber kaum der Weg, um die Fasnacht im grossen Stil grüner zu machen.

«Es bräuchte schon ein Rücklaufsystem, bei dem die Becher zurückgegeben und gereinigt werden könnten», sinniert Federer mit Blick auf die Veranstaltungen Unter der Egg, die das LFK organisiert. Wegen des grossen Andrangs im Herzen der Luzerner Fasnacht sei die entsprechende Infrastruktur mit Spülmaschinen aber kaum umsetzbar. Deshalb setzen die Organisatoren an diesem Standort bisher immer noch auf die Einweg-Styroporbecher statt auf Metallbecher oder Steingut.

So sieht es jeweils am Fasnachtsmäärt Unter der Egg aus – gutes Wetter vorausgesetzt (Bild: Luzerner Fasnachtskomitee)

Das Depot-System wirkt – punktuell

Immerhin: Vor einigen Jahren hat das LFK bei seinen Anlässen Unter der Egg das Depot-System eingeführt. «Ich gebe zu: Auch ich war am Anfang kein Fan davon, habe mich geärgert, dass nach der Fasnacht noch Jetons in meinen Taschen auftauchten», sagt Peti Federer. Doch die Erfahrung habe gezeigt, «dass wir mit dem Depot eine hohe Retourquote erreichen. So können wir die Becher sauber vom anderen Müll trennen und besser entsorgen.» Das Pfand wird beispielsweise an der Uusgüglete am Dienstag vor der Fasnacht fällig oder am Fasnachtsmäärt.

Das Depot-System flächendeckend auf die ganze Fasnacht auszuweiten kann sich Federer aber nicht vorstellen. Den Versuch gab es schon einmal: 2011 sollten Essen und Getränke nur noch in speziellen Verpflegungszonen mit Pfandsystem verkauft werden – zumindest auf öffentlichem Grund. Das Vorhaben wurde aber nicht umgesetzt. Genauer: Es hatte keine Chance.

Der Grund: Anders als bei sonstigen Grossveranstaltungen in der Stadt wie dem Blueballs kennt die Fasnacht keinen grossen Veranstalter, sondern unzählige, auch kleine private Organisatoren. Die viel geschätzte Wildheit der Fasnacht verunmöglicht also eine einheitliche Regelung.

Einige haben den ökologischen Einwegbecher schon

Statt einem Mehrweg-System scheint der gangbare Weg für die Masse im Moment zu sein, die Einwegbecher umweltfreundlicher zu machen. Getränkehersteller Diwisa, seines Zeichens wichtigster Güx-Lieferant der Luzerner Fasnacht, testet zurzeit etwa besser rezyklierbare Becher. An dieser Fasnacht wird man aber noch die klassischen Styroporbecher liefern.

Rezyklierbare Einwegbecher gibt es schon – sie sind zum Beispiel am Lucerne Marathon im Einsatz. (Bild: Pacovis)

Einen Schritt weiter ist da Energie Wasser Luzern (EWL). An den von ihnen gesponserten Laufanlässen Swiss City Marathon und Luzerner Stadtlauf setzen sie auf Einweg-Becher der Marke Pacovis. Diese sind aus Materialien gefertigt, die Reststoffe der Agrarwirtschaft sind oder auf schnell nachwachsenden Rohstoffen pflanzlichen Ursprungs basieren. Kalt- und Heissgetränke sollen damit geniessbar sein. «Sie könnten sicherlich auch für die Fasnacht verwendet werden», vermutet EWL-Unternehmenssprecherin Fabienne Müller.

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