Zwei Konkurse des Präsidenten in einem Jahr

Zuger Verein für Menschenrechte: Wohin gingen die Spenden?

Ein Zuger Verein sammelte Spenden, um Menschenrechte zu unterstützen. (Bild: Symbolbild: Unsplash/@kattyukawa)

Eine Organisation aus dem Kanton Zug will sich für die UNO-Menschenrechte einsetzen. Sie ruft zu Spenden auf, dann macht sie Konkurs. Wie kann das sein? Und wieso kennt keines der Ämter den Verein, mit dem sie angeblich seit Jahren zusammenarbeiten?

«Helfen Sie uns! Ihr Geld ist [hier] in guten Händen [...]», stand auf der Website eines Zuger Vereins, der ein grosses Ziel hatte: dafür zu sorgen, dass die UNO-Menschenrechte eingehalten werden. Darunter befand sich eine lange Liste an Varianten, dem Verein Geld zu schicken: Informationen zu Trauerspenden, ein Eintrag mit dem Titel «Helfen mit deiner Erbschaft» und ein Bankkonto für Direktüberweisungen.

Heute lässt sich die Website nicht mehr aufrufen. Aus gutem Grund: Am 28. März um 9.15 Uhr morgens hat das Zuger Kantonsgericht den Konkurs über die Gesellschaft eröffnet. Die Konkursmeldung wurde unlängst im Zuger Amtsbaltt veröffentlicht, das Urteil ist öffentlich einsehbar und zeigt: Das Ende des Menschenrechtsvereins besiegelten 2’072 Franken und 85 Rappen.

Schon länger gab es Probleme

Gestellt wurde die Forderung von einer Pensionskasse aus der Zentralschweiz. Die Einsprachefrist gegen das Urteil ist vor wenigen Tagen abgelaufen. Ob der Verein sie genutzt hat, will das Zuger Kantonsgericht auf Anfrage nicht sagen.

Daten aus dem Zuger Handelsregister zeigen dafür, dass es schon länger nicht rundgelaufen sein dürfte. Drei von vier Vorstandsmitgliedern des Vereins traten Ende 2021 ab. Im Mai 2022 zog sich auch die Revisionsstelle des Vereins zurück. Zehn Monate später folgte der Konkurs.

Es ist nicht die erste Pleite des Vereinspräsidenten. Als Geschäftsführer einer Zuger GmbH im Gesundheitswesen machte er bereits im letzten April Konkurs – das Konkursverfahren wurde im Oktober mangels Aktiven eingestellt. Bedeutet: In der GmbH war nicht genug Geld, um das Verfahren zu zahlen. Der Verein für Menschenrechte und die GmbH teilten sich zudem dieselbe Adresse.

Bei den Ämtern ist der Verein unbekannt

Wie lässt sich der Abgang des Vereinsvorstands und der Revisionsstelle deuten? Warum machte der Vereinspräsident in einem Jahr gleich zweimal Konkurs? Und was hat der Menschenrechtsverein eigentlich getan?

Auf seiner Website beschrieb der Verein seine Aktivitäten und Zielgruppen wie folgt: Der Verein verfolge «die Förderung der Berufsintegration von 15–40-jährigen Asylant/Innen, Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen in Zusammenarbeit mit den regionalen Berufsintegrationszentren (BIZ), kommunalen Sozialämtern, kantonalen Berufsbildungsämtern und Wirtschaftspartnern».

Doch bei genannten Ämtern in den grossen Zuger Gemeinden und beim Kanton kennt den Verein niemand. Weder beim Baarer Sozialdienst noch bei den Sozialen Diensten Asyl oder beim Amt für Berufsbildung des Kantons haben die Mitarbeiterinnen von dem Verein gehört.

Eine Mitarbeiterin des Zuger BIZ muss lachen, als zentralplus nach einem Kontakt zwischen dem Verein und dem Berufsintegrationszentrum fragt. Denn in Zug steht BIZ für Berufsinformationszentrum – ein Berufsintegrationszentrum gibt es nicht. Eine Google-Suche zeigt: Nur im Kanton Baselland gibt es überhaupt ein Berufsintegrationszentrum, doch dieses wird nicht mit BIZ abgekürzt.

Auch eine Anfrage von zentralplus an die Berufsbildungsdirektionen der Nachbarkantone Zürich und Aargau läuft ins Leere. Der Zuger Verein für Menschenrechte scheint ein Gespenst zu sein.

Keine Stellungnahme

Gemäss der Website finanzierte sich der Menschenrechtsverein über Mitgliederbeiträge und Zuwendungen. Auf der Facebook-Seite des Vereins werden Mitgliedschaften immer noch angeboten. Eine Passivmitgliedschaft kostete 90 Franken pro Jahr, eine Aktivmitgliedschaft 970 Franken. Wie viel der Verein auf diese Weise eingenommen hat, ist unklar.

Auf mehrfache Kontaktversuche von zentralplus hat der Geschäftsführer des Menschenrechtsvereins nicht geantwortet. Hätte er wohl Folgendes erklären können: Warum kennt niemand den Verein, der selbst angibt, mit diversen Ämtern zusammenzuarbeiten? Wie viele Spenden hat er eingenommen? Und warum haben drei von vier Vorstandsmitgliedern den Verein abrupt verlassen? Nur einmal hat zentralplus den Vereinspräsidenten ans Telefon bekommen. Seine Antwort: «Keine Stellungnahme.»

Verwendete Quellen
  • Augenschein bei der offiziellen Adresse des Vereins
  • Entscheid des Zuger Kantonsgerichts vom März 2023
  • Telefonischer und/oder schriftlicher Kontakt mit allen im Text genannten Behörden in den Kantonen Zug, Zürich und Aargau
  • Ehemalige Website des betreffenden Vereins
  • Facebook-Seite des betreffenden Vereins
  • Eintrag des Vereins im Zuger Handelsregister
  • Telefonische und schriftliche Kontaktaufnahme mit dem Geschäftsführer
  • Schriftlicher Austausch mit der Zuger Staatsanwaltschaft
  • Telefonischer und schriftlicher Kontakt mit dem Kantonsgericht Zug
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3 Kommentare
  • Profilfoto von GRA
    GRA, 15.04.2023, 08:17 Uhr

    Danke für diese Recherche. Es zeigt sich leider wieder einmal, dass da wo „Menschenrechte“ draufsteht, es nicht immer nur darum geht. Ansonsten hoffe ich, der Autor wird in dem Fall noch weiter „bohren“ 😉

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    • Profilfoto von tore
      tore, 15.04.2023, 10:08 Uhr

      «Wieder einmal» ??

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      • Profilfoto von GRA
        GRA, 16.04.2023, 09:06 Uhr

        Ja, genau. Man kann natürlich auch die Augen verschliessen. Wenn Sie aber 5 Minuten Zeit investieren, finden Sie selber dutzende solcher Beispiele. „Schweizer Millionen für Skandal-NGO“, „EU-Kommission zahlte Millionen Euro an verdächtige NGO No Peace Without Justice“, „Hilfsorganisationen sind nicht einfach die Guten (Aktivitäten von Greenpeace, WWF oder Oxfam hinterfragen)“, „NGOs und EU-Korruption – Die dunklen Seiten der guten Sachen“ usw…

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