Luzern ist sauer auf SRF und will Richtigstellung

Zuger und Luzerner müssen viel öfter zur PW-Nachkontrolle – die Gründe

Das Zuger Strassenverkehrsamt: Wer sein Auto prüfen lassen muss, fährt hier nicht selten mehr als einmal vor.

(Bild: lob)

«Kantönligeist bei der MFK-Kontrolle»: Luzern und Zug gehören zu den Kantonen, in denen man viel öfter für eine Nachkontrolle antraben muss, lässt sich der gestrigen «Kassensturz»-Sendung entnehmen. Das sorgt bei den Behörden für rote Köpfe: Die Statistik sei irreführend, meinen die Verantwortlichen.

«Die Kantone Basel-Stadt, Baselland, Luzern und Zürich bieten Lenker rund viermal so oft zu einer Nachprüfung auf dem Amt auf wie Thurgau oder St. Gallen», schreibt das SRF in einer Zusammenfassung der Sendung. Kritisiert wurde in diesem Zusammenhang auch, dass natürlich für jede Nachprüfung Gebühren anfallen würden. «Mit solchen Gebühren dürften die Ämter keine Gewinne erwirtschaften», monierte der Preisüberwacher Stefan Meierhans.

Aus der veröffentlichten Statistik wird ersichtlich: Luzern ist ganz vorne mit dabei, wenn es um die Häufigkeit der MFK-Nachkontrolle geht. Bei den Zuständigen in Luzern findet man allerdings nicht, dass diese Werte stimmen.

«Zuschauer wird in die Irre geführt»

«Wir haben den Beitrag des ‹Kassensturz› heute reklamiert und verlangen eine zeitnahe Richtigstellung in den Sendungen von ‹Kassensturz› und ‹Espresso›», gibt Erwin Rast, Kommunikationsverantwortlicher beim Luzerner Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD), an. Gemäss der Tabelle, welche die «Kassensturz»-Redaktion aufgrund der Daten des Luzerner Strassenverkehrsamtes erstellt habe, läge der Wert bei den Nachkontrollen im Strassenverkehrsamt für den Kanton Luzern bei 14,7 Prozent – und nicht wie im Beitrag kolportiert bei 21,7 Prozent.

«Es ist nicht so, dass der Kanton Luzern viermal mehr zur Nachkontrolle bittet.»

Erwin Rast, Kommunikationsverantwortlicher Justiz- und Sicherheitsdepartement Luzern

Dazu Rast weiter: «Die Differenz von rund 7 Prozent ergibt sich daraus, dass auch im Kanton Luzern Mängel direkt durch Garagisten behoben werden und das Strassenverkehrsamt diese Rückmeldung akzeptiert.» Diese Tatsache würde in den «Espresso/Kassensturz»-Beiträgen komplett ausgeblendet. «Die Darstellung der beiden Sendungen sowie der Webseiten-Beitrag führen die Zuschauerinnen und Zuschauer in die Irre», reklamiert Rast.

Folgende Tabelle veröffentlichte das SRF zum Thema:

Bei den Nachkontrollen gibt es in den Strassenverkehrsämtern grosse kantonale Unterschiede.

Bei den Nachkontrollen gibt es in den Strassenverkehrsämtern grosse kantonale Unterschiede.

(Bild: Screenshot SRF)

«Es ist nicht so, dass der Kanton Luzern viermal mehr zur Nachkontrolle bittet», führt Rast weiter aus. Der Schnitt der negativen Prüfungsergebnisse in allen Kantonen läge bei rund 20 Prozent. Die Prüfkriterien seien in allen Kantonen gleich, hingegen die Prozesse betreffend Nachprüfungen sehr unterschiedlich. «Eine Reihe von Kantonen delegiert dies teilweise oder gänzlich den – allenfalls offiziell bestimmten – Garagisten, während andere Kantone zwischen kleineren und gröberen Mängellisten unterscheiden.» Wobei die erste Kategorie durch Garagen erledigt werden könne, die Behebung von umfangreicheren oder gröberen Mängeln hingegen eine Kontrolle im Strassenverkehrsamt nach sich ziehe.

Zuger Schnitt noch höher

Nicht auf der Grafik sind die Werte des Kantons Zug. Ein Blick auf eine verlinkte, ausführliche Aufstellung der Werte zeigt allerdings: Der Zuger Durchschnittswert für die Nachprüfungen liegt bei 26,7 Prozent – also noch höher als jener in Luzern. Was sagt man hier zu den grossen Unterschieden? Wir fragen bei der Sicherheitsdirektion des Kantons Zug nach. Und bekommen ähnliche Argumente zu hören:

«Unsere Kontrollen sind nicht strenger als in anderen Kantonen.»

Markus Feer, Leiter Strassenverkehrsamt Kanton Zug

«Dass wir bis viermal häufiger zur Nachkontrolle aufbieten, stimmt so nicht», meint der Leiter des Strassenverkehrsamtes, Markus Feer. Zwar sei die Prozentangabe – also die Angabe von durchschnittlich 26,7 Prozent Negativprüfungen – richtig. «Im Beitrag wurde aber das Beispiel des Kantons St. Gallen gezeigt, zu dem die Diskrepanz sehr hoch sei. Ein Blick auf die detaillierte Tabelle zeigt allerdings, dass dort Reparaturbestätigungen von Garagebetrieben nicht als Mangel oder Negativbescheid gezählt werden. Das verfälscht die Statistik, weil diese in den Zuger Zahlen enthalten sind», erklärt Feer.

Zwei Verfahren bei Negativprüfung

Beide Strassenverkehrsämter unterscheiden zwischen negativen Prüfentscheiden, in der ein neuer Kontrolltermin vereinbart werden muss, und Fällen, in denen ein sogenanntes Reparaturbestätigungsverfahren angewendet werden kann. Im Rahmen dessen können sich Autohalter von der Garage direkt eine Bestätigung zuhanden des Strassenverkehrsamtes ausstellen lassen, dass die Mängel behoben wurden. In Zug sind das über die Hälfte der Fälle (3’200 von total 5’400 Negativprüfungen), in Luzern 7 der insgesamt 21,7 Prozent.

Strenger als anderswo seien die Prüfungen in Zug nicht, sagt der Leiter des Strassenverkehrsamts. «Wir haben einen grösseren Anteil an ausserkantonalen Fahrzeughaltern, die zu uns kommen, um ihr Fahrzeug freiwillig bei uns prüfen zu lassen – somit sind unsere Kontrollen nicht strenger als in anderen Kantonen.»

Haben ältere Autos schnell Probleme?

Ein Mechaniker einer Zuger Garage, der seinen Namen lieber nicht online lesen will, findet hingegen, die Zuger Motorfahrzeugkontrolle sei durchaus pingelig. «Die wollen einfach nur die besten Autos und finden, dass es im reichsten Kanton die neusten Autos braucht.»

Er erhalte von vielen Kunden Rückmeldungen, dass die Zuger Motorfahrzeugkontrolle die vorgestellten Fahrzeuge jeweils «sehr genau prüft, und dass man sein Auto in absolut einwandfreiem Zustand präsentieren muss, um den Stempel zu erhalten». Autobesitzer, die ein Fahrzeug fahren, das zwischen sieben und acht Jahre alt sei, hätten deshalb oft Schwierigkeiten, beim ersten Mal durch die Zuger Motorfahrzeugkontrolle zu kommen. «In den umliegenden Kantonen wie Schwyz und Zürich ist es meist einfacher, sein Auto durchzubringen.»

«Keine Gewinne durch Nachkontrollen»

Angekreidet wurden im Betrag des «Kassensturz» ebenfalls die durch die Nachkontrollgebühren gemachten Einnahmen. Wir sprechen Markus Feer auf die Gebühreinnahmen an: «Wir erwirtschaften mit den Nachkontrollen keinen Gewinn. Unser Auftrag ist, kostendeckend zu arbeiten, was wir auch tun.»

Zudem würden die Zuger Autofahrer zu grossen Teilen noch eine Möglichkeit ignorieren, Geld zu sparen: «Ungefähr 60 Prozent der negativen Fahrzeugprüfungen könnten mittels Reparaturbestätigungsverfahren durch einen Garagenbetrieb erledigt werden. Dies ist schon seit über 10 Jahren möglich. Während die Nachprüfung beim Strassenverkehrsamt 32 Franken kostet, würde diese für das Reparaturbestätigungsverfahren 20 Franken kosten. «Bisher wird dieses Angebot aber nur in 39 Prozent der Fälle genutzt», gibt der Strassenverkehrsamts-Leiter abschliessend an.

In der nachfolgenden Grafik werden die Einnahmen der Kantone verglichen, die einen Wert von über 20 Prozent Nachprüfungen aufweisen. Enthalten wären auch die Kantone Obwalden, Schaffhausen und Glarus – allerdings lagen keine Zahlen dazu vor.

 

 

 

 

Preisunterschiede nicht verifiziert

«Die Gebühr für eine Nachkontrolle in Luzern beträgt im Normalfall 25 Franken, in aufwendigeren Fällen wird der Zeitaufwand in Rechnung gestellt», erläutert der Kommunikationsverantwortliche des JSD, Erwin Rast, hingegen. Und verneint ebenfalls, dass Gewinne gemacht würden: «Eine Gebühr muss – so sieht es das Gesetz zwingend vor – immer kostendeckend sein, soll aber keinen Gewinn abwerfen.» Ausserdem würde der «Kassensturz» die Behauptung, dass die Nachprüfung in der Garage günstiger sei, nicht verifizieren, obwohl dies der Fall sei.

Der offensichtlich streitbare Beitrag des «Kassensturz», so wie er gestern ausgestrahlt wurde:

 


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