Vor dem Obergericht

Zuger Investoren mit Minenprojekt abgezockt

Stillgelegte Mine in Bolivien. Der Geschäftsmann versprach Schweizer Investoren, aus einer solchen Mine wieder eine Goldgrube zu machen. (Bild: Hugo Brizard)

Ein schillernder Geschäftsmann, der zeitweise in Zug lebte, ist wegen Wirtschaftsdelikten rund um ein Minenprojekt in Bolivien verurteilt worden. Weil er sich die Reise nicht leisten könne, erschien er nicht zur Verhandlung am Obergericht. «Ein Hohn für die Zuger Steuerzahler», schimpfte der Vertreter eines geschädigten Investors.

Unser Rechtssstaat sieht vor, dass man ein missliebiges Urteil von der nächsthöheren Instanz nochmals überprüfen lassen kann. Doch das kostet, man beschäftigt damit den Justizapparat. Bei unentschuldigtem Fernbleiben wird eine Berufsverhandlung deshalb normalerweise abgesagt. Aber es gibt Ausnahmen, wie das Verfahren diesen Donnerstagmorgen vor dem Zuger Obergericht zeigte.

Weil der Angeklagte sich entschuldigt habe und von einem Anwalt aus Cham vertreten liess, wurde die kurze Verhandlung dennoch durchgeführt. Freilich nicht ohne kräftigen Seitenhieb: Der Gerichtsvorsitzende bezeichnete die Begründung des Geschäftsmannes, er könne sich das Flugticket von Kanada in die Schweiz nicht leisten, als weder belegt noch glaubwürdig. Der Mann gibt an, rund 1500 Franken im Monat zu verdienen und über kein Vermögen zu verfügen.

Wirtschaftskriminalität

Es geht um einen Fall von Wirtschaftskriminalität aus Zug. Der Beschuldigte, ein 54-jähriger kanadischer Geschäftsmann, war erstinstanzlich vom Strafgericht Zug wegen Betrugs, mehrfacher qualifizierter Veruntreuung und Misswirtschaft zu einer teilweise bedingten Freiheitsstrafe von 28 Monaten verurteilt worden. Acht Monate müsste er effektiv absitzen.

Seinen 46-jährigen schweizerischen Geschäftspartner M. K. aus Zug verurteilte das Strafgericht wegen mehrfacher qualifizierter Geschäftsbesorgung und Misswirtschaft zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 13 Monaten und einer Busse von 3000 Franken. Beide Beschuldigten wurden von einem Teil der Vorwürfe freigesprochen. Während der Schweizer das Urteil akzeptierte, rekurrierte der Kanadier und verlangt einen vollen Freispruch.

Geld von Investoren veruntreut

Dem Kanadier wird vorgeworfen, einen vermögenden Schweizer Bekannten und «Eishockeykumpel» 2008 unter wahrheitswidrigen Angaben überredet zu haben, ihm ein Darlehen in der Höhe von einer Million Franken zu gewähren. Vereinbart war, das Geld für eine in Zug domizilierte Firma zu verwenden, die eine Mine für Gold, Silber und Zink in Bolivien wieder reaktivieren und ausbeuten sollte.

Im Gegenzug sollte der Bekannte Aktien des Minenunternehmens erhalten. Diese sah er aber nie. Der Kanadier gab vor, mit einem anderen Partner bereits 50 Prozent der Aktien zu besitzen, was nachweislich gelogen war. Erst mit dem Geld des anderen kaufte er sich ein. Ein Grossteil des überwiesenen Geldes sei überdies für Zahlungen verwendet worden, die zur Aktiengesellschaft keinen Bezug hatten, so die Anklage. Zudem habe er Beschuldigte als Organ der AG diverse pflichtwidrige Zahlungen veranlasst und die Überschuldung des Unternehmens herbeigeführt.

Diverse Firmen gegründet

Was die Investoren nicht wussten: Der Kanadier hatte zwischen 1980 und 2009 bereits 25 Unternehmungen gegründet. Auf die bestehende, jedoch geschlossene Mine in El Alto war er 2007 gestossen. Das Projekt sollte über die schweizerische Aktiengesellschaft El Alto Mining AG mit Sitz in Zug abgewickelt werden, die zugleich das Kapital besorgte. Ein Zuger Treuhänder vermittelte dem Kanadier den Aktienmantel. Der eingangs erwähnte ebenfalls verurteilte Schweizer M.K. übernahm die Administration. Der Kanadier wurde in dieser Zeit auch Mehrheitsaktionär weiterer Startup-Gesellschaften mit Sitz in Zug und Zürich, die im Minenbereich oder im Bereich alternative Energieformen (Wind- und Elektromotoren) tätig waren.

Einseitiges Verfahren?

Der Verteidiger des Kanadiers bezeichnete das Verfahren an diesem Donnerstagmorgen als «einseitig». Entlastungsaspekte seien nicht genügend gewichtet worden. Sein Mandant habe sich zu wenig im schweizerischen Recht ausgekannt. Zudem habe der Zuger Treuhänder alle Geschäfte vorbereitet und die Zahlungen veranlasst.

Dem entgegnete die Zuger Staatsanwältin Jacqueline Landolt, Treuhänder seien normalerweise nicht operativ tätig in den von ihnen betreuten Unternehmen. Zum Argument, der Kanadier habe sich im schweizerischen Recht zu wenig ausgekannt meinte sie: «Gründungskapital wird, egal in welchem Land der Welt, nur mit Gegenleistung ausbezahlt. Den Unterschied zwischen ‹mein›, ‹dein› und ’sein› lernt jedes Kind bereits im Kindergarten.»

«Geld zum Fenster rausgeworfen»

Der Verteidiger seinerseits sagt zum Vorwurf, dass sein Klient liquide Mittel illegal für finanzielle Verpflichtungen verwendet habe: «Wenn er das Geld auf einem Konto hätte liegen lassen, hätte man ihm wahrscheinlich Misswirtschaft vorgeworfen.» Die Staatsanwältin konterte, es sei nicht üblich, liquide Mittel brach liegen zu lassen. «Noch weniger üblich ist es aber, diese zum Fenster rauszuwerfen.»

Gemäss dem Rechtanwalt eines geschädigten Investors hat der beschuldigte Kanadier nie selber Geld in das Minenprojekt investiert. «Die Mine konnte er erst mit dem Geld meines Mandanten erwerben.» Der Kanadier habe sich immer als weltoffen, kompetent, äusserst erfolgreich und vermögend dargestellt. Der Rechtsanwalt des Betrogenen bezeichnete den Angeklagten als «klassischen Hochstapler».Zu diesem Schluss sei auch das Strafgericht gekommen, denn an der ersten Verhandlung im Mai 2013 nahm der Mann teil.

Übersetzung auf Englisch verlangt

Durch sein Fernbleiben an der Verhandlung verunmöglich der Kanadier es dem Obergericht, sich ebenfalls ein persönliches Bild vom Angeklagten zu machen. Das könnte ihm zum Nachteil gereichen. Die Staatanwältin glaubt, dass das Obergericht das Urteil der Vorinstanz bestätigt, sagte sie gegenüber zentral+. Das Urteil wird schriftlich eröffnet, es gibt also keine weitere Verhandlung.

Übrigens: Der Verteidiger des Beschuldigten verlangte noch eine Übersetzung des Obergericht-Urteils auf Englisch. Es erhob sich darauf Murmeln im Saal. «Ein Word-Dokument des Urteils würde mir genügen», meinte er sodann kleinlaut.

 

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