Zuger Feuerwehrchef tritt ab: Das bewegte ihn am meisten
Seit 14 Jahren ist Daniel Jauch der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Zug. Nun gibt er das Zepter weiter. zentralplus hat sich mit dem scheidenden Feuerwehrchef über schwierige Situationen und die Frage, warum das Wohnraumproblem in Zug auch die Feuerwehr trifft, unterhalten.
«Oh, das ist ein Brandalarm. Und ich habe Pikettdienst», sagt Daniel Jauch mitten im Interview. In der Hand hält er sein piepsendes Handy, das ihm verrät, wo der Alarm ausgelöst wurde. Er steht auf, sagt: «Sind Sie unter Zeitdruck? Wenn ich die Lage richtig einschätze, bin ich in einer Viertelstunde wieder zurück.» Dann rauscht Jauch davon.
Die quietschenden Schritte, die auf dem Kunststoffboden zu hören sind, verraten, dass er den Gang entlang rennt. Kurz darauf ertönt im Erdgeschoss des Feuerwehrstützpunkts Zug das Martinshorn. Zwei Feuerwehrautos fahren davon. Jauch hat die Lage richtig eingeschätzt. Eine Viertelstunde später kehrt er zurück. «Falschalarm. Ein Missverständnis», sagt er achselzuckend und setzt sich wieder.
Der Notfall ist für ihn der Normalfall
Es ist ein kleiner Einblick in einen Job, in dem der Notfall Normalfall ist. Und der Umstand, dass Daniel Jauch nun sogar entspannter wirkt als vor dem Feueralarm, zeigt, dass der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Zug (FFZ) hier am richtigen Ort ist. Seit 2010 hat er diesen Posten inne, seit 2013 ist er zudem als Leiter des städtischen Feuerwehramts tätig. Jauch führt 147 Freiwillige sowie zehn Festangestellte, rund 350 Einsätze bestreitet die FFZ jährlich.
Bald jedoch verlässt er seine vertraute Umgebung. Ende Januar 2025 übergibt Jauch seinen Posten an Remo Meyer, den heutigen Vizekommandanten (zentralplus berichtete). «Für mich war schon immer klar, dass ich diesen Job nicht bis 65 ausüben werde. Jedenfalls nicht so, wie ich ihn mache. Ich gebe gern 118 Prozent und mache meinen Job mit viel Leidenschaft. Das schätzen viele meiner Kollegen. Andere wiederum sagen, ich übertreibe», sagt er und schmunzelt.
Nun ist Jauch 50 Jahre alt. Er sei somit noch jung genug, um andere berufliche Wege einzuschlagen. Wohin ihn diese Wege führen, verrät er noch nicht. «Doch bin ich überzeugt, es ist der richtige Entscheid, diese tolle Aufgabe jetzt weiterzugeben.»
Mit einem Fuss bleibt Jauch in der Feuerwehr
Wenn man so viel Leidenschaft in eine berufliche Karriere steckt, könnte das Loslassen schwierig werden. «Das stimmt. Wenn ich der FFZ ab dem 1. Februar ganz den Rücken kehren würde, wäre das traurig. Dem ist aber nicht so.» Jauch wird weiterhin als Offizier bei der Feuerwehr mitwirken. «Den Pager werde ich also auch in Zukunft tragen. Ich bin dann einfach einer von vielen.»
Ob es Jauch gelingen wird, sich dem neuen Kommandanten unterzuordnen? «Aus heutiger Perspektive glaube ich, dass mir das gelingen wird, auch wenn es vielleicht etwas Übung braucht. Ich weiss, dass Remo Meyer ein sehr guter Kommandant sein wird.» Auf einen Aspekt freut sich Jauch besonders: «Es ist eine grosse Verantwortung, die man als Feuerwehrkommandant trägt und die ich nun seit fast 15 Jahren habe. Es ist ein gutes Gefühl, diese bald weitergeben zu können.»
Der gebürtige Urner stiess 1997 über Umwege zur FFZ. «Während meiner Lehre als Maschinenmechaniker bei der Landis und Gyr war ich nebenamtlich bei der Betriebsfeuerwehr tätig. Aufgrund dieser Erfahrung konnte ich bei der FFZ beim Styger Rettungskorps direkt als Gruppenführer einsteigen.» Es folgte eine steile Feuerwehrkarriere, vom Löschzugchef zum Vize- und später zum Kommandanten.
Die Technik als ständige Herausforderung
Auf die Frage, welche Aspekte Jauch an seinem Job besonders mag, sagt er: «Wenn man nach schwierigen, aber erfolgreichen Einsätzen in den Stützpunkt zurückkehrt und dort zwar in müde, aber stolze Gesichter blickt, sind das tolle Momente.» Doch auch die Arbeit als Ausbilder erfülle ihn nach wie vor. «Wenn jedes Feuerwehrmitglied nach einem Kurs nach Hause geht und froh ist, etwas gelernt zu haben, ist das auch für mich etwas sehr Schönes.»
Und dann gebe es die Aspekte seines Jobs, die eine ständige Herausforderung seien. «Die Welt dreht sich, und damit verändert sich auch die Technik. Die Feuerwehr ist bestrebt, mit dem Tempo mitzuhalten.» Will heissen? «Einen Tesla löscht man anders als einen Benziner. Auch wird heute anders gebaut wie früher. Diesen Entwicklungen müssen wir gewachsen sein.»
Früher seien Feuerwehrleute mehrheitlich Allrounder gewesen. «Das funktioniert heute nicht mehr. Wir brauchen beispielsweise Spezialisten für die Strassenrettung, die gewillt sind, sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen.» Nicht alle Feuerwehrleute seien gleich begeistert davon gewesen, als die FFZ Spezialformationen einführte und dadurch mit der «Jeder macht alles»-Tradition brach. «Wenn man diesbezüglich immer wieder hinterfragt wird, kann das anstrengend sein», sagt Jauch.
Heute werden auch die freiwilligen Feuerwehrleute besoldet
Eine weitere Veränderung der vergangenen Jahre: «Früher, auch noch zu der Zeit, als ich angefangen habe, lief alles ehrenamtlich. Heute ist es der Wunsch der jüngeren Generation, dass sie einen Sold erhalten für ihren Einsatz.» Jauch wertet das nicht. «Auch jeder Fussballtrainer eines Vereins wird auf irgendeine Art entlöhnt für seine Arbeit. Das ist heute einfach so. Man muss mit der Zeit gehen.» Er ergänzt: «Die Tradition der Nichtbesoldung ist Geschichte. Dies hat auch Emotionen ausgelöst.»
Fragt man Jauch nach den schwierigsten Einsätzen, die er während seiner Feuerwehrkarriere erlebt hat, nennt er insbesondere technisch anspruchsvolle Situationen, etwa bei Grossbränden. «Da war beispielsweise der Swisspor-Brand in Steinhausen im Jahr 2007 oder aber der Kantonalbank-Brand 2018. Um solche Brände löschen zu können, braucht es viel Koordination.» Dies nicht zuletzt, da mehrere Feuerwehren gleichzeitig im Einsatz stünden.
Auch Altstadtbrände seien eine Herausforderung. «Da alle Häuser miteinander verbunden sind und zu grossen Teilen aus Holz bestehen, muss man wahnsinnig aufpassen, dass einem das Feuer nicht ‹abgeht›, sich also nicht ausbreitet. Besonders wenn der Wind schlecht steht.»
Mental schwierig wirds, wenn Kinder involviert sind
Emotional schwierig seien hingegen Einsätze, in welchen Kinder involviert seien, sagt Jauch. «Oder generell, wenn es zu Todesfällen kommt, wie beispielsweise gestern.» Am Tag vor dem Interview ereignete sich auf der Artherstrasse südlich von Oberwil eine Kollision zwischen einem Personenwagen und einem Lastwagen. Der Autofahrer erlag seinen Verletzungen noch an der Unfallstelle (zentralplus berichtete).
«Gerade für junge Feuerwehrleute können solche Situationen belastend sein. Umso wichtiger ist die psychologische Nachbearbeitung dieser Fälle.» Dies werde mit einer Spezialistengruppe gemacht, den sogenannten Peers. «Das sind Leute aus den eigenen Reihen, die genau wissen, wovon ihre Kollegen sprechen. Auch technisch: Sie müssen genau nachvollziehen können, was jemand meint, der von einem Spreizer oder Elefantenfuss redet.» Während den Gruppengesprächen werde rasch klar, wenn jemand besonders belastet sei von einem Fall. Entsprechend werde die Nachbearbeitung mit diesen Personen intensiver gemacht.
Wie bei vielen anderen Feuerwehren ist auch bei der FFZ die Sicherstellung des Nachwuchses ein grosses Thema. Jauch dazu: «Aktuell gelingt uns das gut. Dies insbesondere dank unserer extra dafür erstellten Website, aber auch dank Social Media.» Dennoch bereitet ein Umstand dem Feuerwehrkommandanten Bauchschmerzen. «Unser grösstes Problem ist, dass sich viele unserer Mitglieder eine Wohnung in der Stadt Zug nicht leisten können.»
Das ist problematisch, da Mitglieder der FFZ entweder in der Stadt Zug arbeiten oder leben müssen. Dies, um bei Einsätzen genug schnell reagieren zu können.
Jauch führt aus: «Oft kommen die jungen Leute zu uns, wenn sie noch im WG-Alter sind. Später verlieben sie sich, heiraten, bekommen Kinder. Sie müssten in eine geeignete Wohnung ziehen, doch das funktioniert bei den aktuellen Immobilienpreisen in der Stadt nicht.» Entsprechend zögen viele gute Feuerwehrleute weg.
Das Problem mit den Expats
«Wir haben das Problem jedoch erkannt und mit einer Projektgruppe reagiert. Diese erarbeitet derzeit verschiedene Möglichkeiten, wie man das Thema angehen könnte. Die Vorschläge unterbreiten wir in ein paar Monaten dem Stadtrat», so Jauch.
Er ergänzt: «Interessanterweise melden sich bei uns sehr viele Expats, die sich engagieren möchten. Das ist zwar schön, nützt uns aber oft nichts. Mitglieder der Feuerwehr müssen Schweizerdeutsch verstehen und sich auf Hochdeutsch unterhalten können. Dies schlicht aus Gründen der Sicherheit im Einsatz.»
Manchmal jedoch klappe es dann trotzdem. «Wir haben es bereits erlebt, dass sich Expats tatsächlich wieder gemeldet haben, nachdem sie Deutsch gelernt hatten. Das begrüssen wir sehr.»
Noch vier Monate ist Jauch als Feuerwehrkommandant tätig, bevor er neue Wege geht. Worauf er sich freut? «Ich würde nicht sagen, dass meine Familie unter meiner intensiven Arbeit gelitten hat. Doch sie musste sicherlich auf gewisse Dinge verzichten. Deshalb freue ich mich darauf, mehr Zeit mit meiner Frau und den Kindern zu verbringen.» Und weiter: «Derzeit bin ich während drei von fünf Abenden mit Feuerwehrausbildungen beschäftigt. Ich freue mich darauf, während der Woche mal abends joggen oder biken zu gehen. Das liegt im Moment schlicht nicht drin.»
Journalistin und langjährige Autorin bei zentralplus. Schreibt über politische Querelen, aufregende Bauprojekte und gesellschaftlich Bewegendes. Am liebsten jedoch schreibt sie über Menschen. Und natürlich Hunde.