Luzerner erzählen von ihren Erfahrungen

Zauber-Pilze zum Müsli: der Reiz von Drogen in Mikrodosen

Beim sogenannten Microdosing werden Psychedelika wie LSD oder Magic Mushrooms in Kleinstdosen zu sich genommen. (Bild: Symbolbild: Mishal Ibrahim)

Lukas nimmt seit gut einem Jahr jeden dritten Tag «Zauber-Pilze» zu sich. Aber nur in Mikrodosen. Das heisst: Er wird von den Drogen nicht high, spürt sie aber subtil. Er und zwei andere Luzerner erzählen zentralplus, warum sie Kleinstmengen von Halluzinogenen zu sich nehmen.

Jeden dritten Morgen steht Lukas auf, geht in die Küche, wo er zu einem der kleinen halluzinogenen Pilze greift, die er da gelagert hat. Davon schneidet er sich ein kleines Stück ab. Nicht viel. Vielleicht einen Schnipsel von einem Zentimeter – nicht mehr als 0,1 Gramm.

Diese Form von Konsum heisst Microdosing. Dabei nehmen Menschen LSD oder psilocybinhaltige Pilze – beides illegal in der Schweiz – in sehr kleinen Dosen. Nicht, um davon high zu werden. Man sehnt sich nicht nach einem Rausch, sondern nach Fokus. Bei einer Microdose nimmt man nur etwa ein Zehntel von der Masse, die man für einen Trip nehmen würde. Lukas spürt also praktisch nichts – nur «sehr subtil», wie er selbst sagt.

Eine neue Brille

Noch vor seinem Müsli isst der 28-Jährige vom halluzinogenen Pilz. Das macht er seit rund einem Jahr jeden dritten Tag – es gab auch mal Pausen dazwischen. Nach einem Monat Microdosing spürte er, wie er sich selbst, aber auch die Umgebung anders sah. Er sei klarer im Kopf geworden: «Es ist, als ob ich eine neue Brille tragen würde. Alles wirkt schärfer und bewusster.»

«Die Pilze sind meine Medizin.»

Lukas ist ein spiritueller Mensch. Er meditiert seit vielen Jahren. Durch die Pilze in Microdosen gelange er noch viel besser in diesen «tiefen spirituellen Zustand». Er könne dadurch sich selbst besser erforschen, was seine wirklichen Bedürfnisse seien. «Ich kann komplett loslassen und fühle eine tiefe Stille und eine Klarheit in mir.» Und weiter: «Die Pilze sind meine Medizin.»

Klarer im Kopf

Lukas ist überzeugt, dass er durch das Microdosing eine Art «Vertrauen» aufgebaut habe. Ein Vertrauen darauf, dass alles funktioniert, was er sich vornimmt. Er könne seine Wünsche besser verinnerlichen und habe mehr Mut, sie in die Tat umzusetzen. So hat Lukas etwa seinen früheren Job an den Nagel gehängt und sein Hab und Gut auf ein Minimum reduziert. «Früher habe ich mich über schicke Autos definiert. Heute brauche ich nicht mehr viel: Ich schlafe auf einer Matratze auf dem Boden genauso gut wie in einem grossen Bett.»

«Alles funktioniert irgendwie besser. Es fühlt sich echter und leichter an.»

Die Zauber-Pilze helfen ihm, sich zu fokussieren. Er kann den Dingen mit Gelassenheit gegenübertreten. Früher habe er sich etwa noch aufgeregt, wenn er mit seinem Auto im Stau gestanden habe. Heute kratzt ihn das nicht mehr: Lukas weiss, dass er es sowieso nicht ändern kann.

LSD und Zauber-Pilze als Stimmungsbooster

Viele Menschen setzen deshalb auf Microdosing – auch wenn das bei Lukas nicht der entscheidende Punkt ist: Psychedelika wie eben Magic Mushrooms oder LSD sollen in Microdosen die Psyche ins Gleichgewicht bringen und gar Ängste und Depressionen mildern.

Auch Lukas kennt diesen Effekt, dass die Pilze seine Stimmung aufhellen: «Alles funktioniert irgendwie besser. Es fühlt sich echter und leichter an.» Etwa, wenn er ein Musikinstrument in seinen Händen halte, das er zuvor noch nie gespielt habe. «Ich komme viel schneller in den Flow.»

Auch glaubt er, durch das Microdosing einfühlsamer zu sein, das Gegenüber besser zu spüren und auf dieses besser eingehen zu können.

Forscher stehen bei Microdosing am Anfang

Das klingt alles schön und gut – doch der Konsum von illegalen Substanzen birgt natürlich auch gewisse Risiken. Auch Lukas hatte schon Nebenwirkungen und hatte deswegen das Microdosing nach rund drei Monaten gestoppt. Er litt an leichten Psychosen. Er redete sich selbst ein, dass er stinke und alle um ihn die Nase rümpfen würden, wenn er erscheine. Deswegen mied er eine Zeitlang Menschenmassen. «Solche psychotischen Erfahrungen habe ich sonst noch nie in meinem Leben gehabt.» Allerdings sei der «Tick» nach der Pause wieder verschwunden.

«Die Behauptungen der Microdoser sind so vielfältig, dass man sich fragen muss, ob eine einzige Substanz wie LSD all diese Dinge bewirken kann.»

Harriet de Wit, Professorin für Psychiatrie und Verhaltensneurowissenschaften

Microdosing kommt aus dem Silicon-Valley. IT-Spezialistinnen schwören darauf. Es mache leistungsfähiger, kreativer und glücklicher. Die Forscherinnen stehen indes noch am Anfang, ob dem wirklich so ist. Keine der Wirkungen ist bis jetzt wissenschaftlich belegt. Studien beruhen lediglich auf Aussagen von Konsumenten. Auch weiss man noch nichts über mögliche Langzeitfolgen.

Harriet de Wit, Professorin für Psychiatrie und Verhaltensneurowissenschaften an der University of Chicago, sagte kürzlich gegenüber dem «NZZ Magazin»: «Es gibt inzwischen so viele anekdotische Berichte, die auf irgendeine Art von positiver Wirkung hinweisen, dass wir als Wissenschafter dies ernst nehmen müssen. Gleichzeitig sind die Behauptungen der Microdoser aber so vielfältig, dass man sich fragen muss, ob eine einzige Substanz wie LSD all diese Dinge bewirken kann.»

Auf LSD «irgendetwas Kreatives machen»

Auf ein wenig mehr oder weniger LSD greifen auch Holger* und Roberto* immer mal wieder zurück. Die beiden malen gemeinsam in einem Atelier in Luzern. Bei einem Telefonat erzählen die beiden, wie sie bei einem gemeinsamen Trip vor Jahren realisierten, dass beide gerne malen. Holger wollte dann unbedingt während des Trips malen. «Also haben wir die Türen eines Schranks bemalt.»

Roberto hat seine ersten Erfahrungen mit LSD in Makrodosen gemacht. In der Natur, mit einem guten Freund. Noch zehn Jahre später würden die beiden darüber reden. «Wir haben die Welt plötzlich durch Kinderaugen gesehen und haben uns beinahe nicht getraut, einen Grashalm umzuknicken.»

«Ich spüre, wie ich atme, ich spüre meine Haut – auch mein Blick wird viel klarer.»

Später habe er mit LSD «weiterexperimentiert» und eben auch Microdosen davon konsumiert. Manchmal konsumieren die beiden gemeinsam im Atelier – mal nur eine Microdose, mal ein wenig mehr. «Wenn ich microdose, nehme ich Dinge oder Emotionen ganz anders wahr», sagt Holger. «Microdosing hilft mir auch, wenn ich unter Leuten bin. Ich bin dann viel aufgeschlossener.»

Roberto ergänzt: «Ich spüre bei einer Microdose, wie sich meine ganze Wahrnehmung ändert. Ich spüre, wie ich atme, ich spüre meine Haut – auch mein Blick wird viel klarer. Meistens will ich dann etwas Kreatives machen.»

*Hinweis: Die Namen wurden zum Schutz der Betroffenen anonymisiert. Es handelt sich um zufällig ausgewählte Vornamen.

Verwendete Quellen
  • Privater Aufruf auf Instagram
  • Telefonat mit Lukas
  • Telefonat mit Holger und Roberto
  • Bericht im «NZZ Magazin»
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2 Kommentare
  • Profilfoto von LD
    LD, 04.02.2023, 22:33 Uhr

    Zu Ihrer Drogenwerbung:
    Iran Contra Skandal. Unterstützung des Drogenhändlers (für dIe U.S A.) und Diktators Noriega und CIA-Agent. Waffenverkäufe der U.S.A  an den Iran (Islamischen Republik, heute die Bösen, sie gehorchen nicht mehr), um mit diesen Geldern über Noriega die gewählte Regierung von Nicaragua zu stürzen, weil sie sich weigerte neoliberale Konzepte zu Gunsten der U.S.-Konzerne einzuführen. Drogenanbau in Afghanistan, die U.S. Armee und die CIA als Händler etc. Alles klandestin und eine Verschwörung gegen die Völker von Panama und Nicaragua. Nachdem alles aufflog, Noriega floh, hat die U.S.A. Panama militärisch überfallen, besetzt und halten bis heute den Panama-Kanal unter Kontrolle.
    Handel mit Drogen dienen der U.S.A. u.a. zur Destabilisierung von Gesellschaften weltweit und Durchsetzung ihrer Hegemonie.

    Wenn schon Werbung für Drogen, sollten auch die globalen Zusammenhänge klargemacht werden.
    Der Wertewesten kann mit vielen solchen Beispielen glänzen. Ohne die U.S.A. und GB (Opiumkrieg gegen China, um China aufzuteilen) gäbe es kein Drogenproblem in der Welt.

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    • Profilfoto von Crackpilz
      Crackpilz, 17.10.2023, 21:13 Uhr

      Das stimmt ja alles was Sie sagen, nur, im Artikel ging es um LSD und Pilze und nicht um Kokain.

      Psychadelica und Kokain, und auch Crack, sind nicht grad das gleiche Level…

      Das Drogenproblem der Welt ist Koks, Crack, Alkohol, Opiate, Amphetamine und nicht Pilze, Gras, LSD oder meinetwegen Meskalin…Und wie die Welt sich ändert so verwunderts nicht das manche Leute sich betäuben wollen.

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