«Parkour»-Park auf der Luzerner Allmend

«Wir wollen hoch hinaus»

Trampoline Wall: Salto im ersten Parkour Park der Schweiz. (Bild: Elias Steiner)

Parkour ist eine waghalsige Sportart und bedeutet, Hindernisse auf dem kürzesten Weg überwinden. Vor zwei Monaten hat sie auf der alten Lumag-Tribüne in Luzern ein Zuhause gefunden. Stufen, Eisenstangen, meterhohe Holzbauten aus Grobspanplatten und ein Trampolin gehören zum ersten Parkour-Park der Schweiz. zentral+ hat die Initianten beim Training besucht.

Unmittelbar neben dem Fussballstadion Allmend sorgen junge Sportler beinahe täglich für Spektakel: Salti an der Wand, kraftvolle Sprünge über Hindernisse und hohe Schwünge an Eisenstangen. Kombiniert man diese Elemente, entstehen eindrucksvolle Szenen. Luzern hat einen der grössten und bekanntesten Parkour-Vereine der Schweiz. Noch fehlt jedoch die gewünschte Anerkennung des «Grandstand Park». «Der neue Park bietet uns die idealen Bedingungen, um die Kunststücke der Profis zu üben. Ein «Traceur» (wie man die Sportler im Fachjargon nennt) muss sich Schritt für Schritt seinen Zielen nähern und hart trainieren», erzählt Elias Steiner, Mitinitiant des Parks.

 

 

Steiner schaut auf die Ursprünge zurück. «Seit vier Jahren trainieren wir mehrmals wöchentlich. Schon vor der Zeit des Parks hat man sich getroffen, um zusammen die interessantesten Plätze der Stadt ausfindig zu machen und in Turnhallen an den Tricks zu feilen.» Zusammen mit Raphael Bicker hat Steiner den Verein «Parkour Luzern» gegründet. «80 Mitglieder haben wir schon und seit der Eröffnung des Parks vor zwei Monaten nehmen wir mehr Interesse an unserem Verein wahr.» Auf 23 Stufen der alten Lumag-Tribüne wurde mit mehreren Tausend Schrauben total 417 Quadratmeter bemalte Holzfläche zusammengebaut. Das Fazit bis jetzt ist durchaus positiv: «Die Qualität unserer Trainings hat zugenommen und das Angebot wurde vielfältiger», erzählt Bicker stolz.

Verein Parkour Luzern

Parkour Luzern hat sich zum Ziel gesetzt, die von Franzosen David Belle definierte Sportart Parkour und damit verwandte Sportarten wie beispielsweise Freerunning zu etablieren. Den Trainierenden, genannt «Traceurs», soll die Ausübung dieser Sportarten erleichtert werden. Aus diesem Grund wird die Erlaubnis zur Nutzung geeigneter Trainingsorte, wie beispielsweise öffentlicher Plätze oder Turnhallen, organisiert. An diesen Orten und neu auch im Luzerner Grandstand Park werden regelmässig gemeinsame Trainings durchgeführt. Nebst den Trainings besucht man zusammen nationale und internationale Parkour-Veranstaltungen. Das Team besteht aus ungefähr 80 Mitgliedern und wächst ständig. Seit 2010 agiert Parkour Luzern als Verein.

Interessierten Anfängern soll der Einstieg in Parkour mittels Workshops oder Kursen erleichtern werden. Für Schulsporttage, Teamevents oder andere Anlässe kann Parkour Luzern für die Planung und Durchführung von Workshops und Shows angefragt werden. Mehr Informationen zum Trainingsangebot und Einführungskursen gibt es auf der Webseite des Vereins.

Luzerner Designer

Designt wurde der Park von einem weltweit bekannten Mitglied des Vereins: Joel Eggimann aus Römerswil im Luzerner Seetal. Er ist Teilnehmer der Weltmeisterschaft für Freerunning (eine mit Parkour verwandte Sportart). Beim «Art of Motion» in italienischen Santorini belegte er den fünften Platz (Video). Eggimann ist gelernter Zimmermann. Steiner behauptet, dass sich auf der ganzen Welt nicht mehr als drei Personen finden liessen, die den Park besser gestaltet hätten: «Joel ist ein fortgeschrittener Traceur und kombiniert mit seinem Beruf das Wissen für Parkour perfekt. Zudem hat er die Impressionen aus Parks auf der ganzen Welt hier einfliessen lassen.» Mit unzähligen Stunden freiwilliger Arbeit von 36 Helfern wurde der Höhenunterschied der Tribüne optimal genutzt.

NIVEA MAN und 10’000 Franken

Den finanziellen Grundstein für den Grandstand Park legte eine Entscheidung des Präsidenten Bicker: «Ich hatte mich für den Wettbewerb zum «NIVEA MAN 2011» angemeldet und zusammen mit einem Hockey-Spieler und einem Fussballer den Final erreicht. Um das Preisgeld von 10’000 Franken zu sichern, mussten wir ein Online-Voting gewinnen.» Zum Glück konnte Bicker auf breite Unterstützung zählen. «In der Parkour-Szene ist man sehr solidarisch und hilft einander. Da das Trainingsangebot noch klein ist, spannt man für mehr Bekanntheit und Anerkennung zusammen.»

Unterstützung aus aller Welt

Der grösste Hersteller von Parkour-Kleidung der USA «Take Flight» hat für das Voting von Parkour Luzern Werbung gemacht. Auch aus anderen Ländern kam laut Bicker Unterstützung: «Die Basler Parkour Kollegen mit weltweitem Bekanntheitsgrad haben ebenfalls zur Abstimmung aufgefordert. Zahlreiche Traceurs aus mehreren Ländern (u.a. Indien, China und England) haben unser Anliegen auf Facebook verbreitet. Dank dieses gewaltigen Supports konnten wir uns gegen die Fussballer und Hockeyspieler durchsetzen.»

Lumag-Tribüne als optimaler Standort

Die schwierigste Phase kam nach diesem Triumph, wie Steiner weiss: «Wir haben uns mächtig ins Zeug gelegt und viele Möglichkeiten gegeneinander abgewogen. Durch diesen Prozess und durch die vielen Misserfolge ist eine zentral gelegene und optimale Trainingsgelegenheit entstanden.» Die Stadtluzerner Behörden lieferten den entscheidenden Tipp: Man solle sich doch mal die alte Lumag-Tribüne anschauen und beim Vermieter «Messe Luzern» anfragen, hiess es. Nach erfolgreichen Verhandlungen und Abklärungen war der Weg für das Projekt geebnet.

Nebst der finanziellen Unterstützung zweier Stiftungen wurden das Trampolin und weitere alte Turngeräte von einem grossen Hersteller gespendet. «Nirgends in der Schweiz gibt es ein Trampolin dieser Art», sagt Bicker. Es ist von drei Wänden umgeben. Dadurch entsteht die Möglichkeit zur Ausübung der Sportart «Trampoline Wall», eine Sprung-Art, die ursprünglich die Artisten des «Cirque du Soleil» praktizierten. «Man springt von einer Wand auf die Federfläche und macht dabei Drehungen um jede erdenkliche Körperachse. Anschliessend landet man wieder oben auf dieser oder einer anderen Wand», beschreibt Bicker.

Ohne Internet geht nichts

Der Verein kommuniziert mit der Parkour-Welt über eine Facebook-Gruppe. «Swiss Parkour Family» vermittelt zwischen Schweizer Städten wie auch international. Steiner erzählt: «Mit dem neuen Park, der auch eine eigene Facebook-Seite aufweist, wurde ein internationaler Treffpunkt geschaffen. Schon viele haben einen Besuch angekündigt.» Ein weiterer Kommunikationskanal sind im Internet veröffentlichte Videos. Es gibt deren Hunderte – allein von Schweizer Parkour-Vereinen. «Dieses Medium ist unverzichtbar für unseren Sport. Die Traceurs werden durch die bewegten, meist waghalsigen Szenen motiviert, Neues auszuprobieren und man verschafft sich in der Szene Gehör und Respekt», beschreibt Bicker die Bedeutung der digitalen Welt.

Bald ein Luzerner Parkour-Verband?

Um in Zukunft mehr Leute zu erreichen, soll ein Schweizer Verband gegründet werden. Diese Phase steckt laut Steiner aber noch in den Kinderschuhen: «Die Sportförderung des Kantons hat uns von Anfang an unterstützt. Ich denke, die Chancen stehen gut.» Auch schweizweit im Bereich Jugend+Sport (J+S) kann gemäss Steiner etwas entstehen: «Wir möchten Kurse auf verschiedenen Niveaus anbieten und so die Bekanntheit der noch jungen Sportart weiter steigern.»

Prominenter Besuch

Am vergangenen Samstag trafen sich 36 Traceure aus Bern, Basel, Zürich und Luzern für das Trainingswochenede im Grandstand Park Luzern. Lukas Steiner reiste mit drei seiner Nachwuchstalente aus dem Tirol an, um einen Workshop zu leiten. Während rund drei Stunden unterrichtete der erfahrene Traceur auf professionelle Art und Weise korrektes Landen und Rollen, «Palm Spins», Sprungkrafttraining und Wand-Saltos. «Wenn alles gut kommt, fahren wir im August nach Österreich zu einem von Lukas Steiners Events, um den Outdoorpark sowie den neuen Indoorpark in seiner «Freerunning-Akademie» im Tirol kennen zu lernen.» Sorgen um die Zukunft mache sich hier niemand, sagt Bicker und fügt an: «Wir wollen hoch hinaus und gemeinsam Spass haben – dafür hat der neue Grandstand Park ein gutes Fundament geschaffen, das hoffentlich noch lange bestehen bleibt.»

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon