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Vor genau einem Jahr hat der Kanton Luzern seinen Förderbericht zur Gleichstellung in die Vernehmlassung geschickt. Und am diesjährigen feministischen Streiktag ist noch immer kein Anzeichen einer Reaktion zu sehen.
Kantonale Verwaltungen sind ja oft ein wenig langsam. Doch der Kanton Luzern macht diesem Ruf derzeit alle Ehre. Der Förderbericht zum Gleichstellungsplan für 2022-2025 ist nämlich seit genau einem Jahr in der politischen Mühle unterwegs. Am 14. Juni 2021 ist er in die Vernehmlassung gegangen und der feministische Streiktag erinnert heuer an das lange Warten auf eine Antwort.
Laut Zeitplan hätte der Regierungsrat den Bericht bis Ende 2021 verabschiedet haben sollen. Doch davon sind wir bereits sechs Monate entfernt.
Niemand kann einen konkreten Termin für den Bericht nennen
Die Sekretärin des Departements für Gesundheit und Soziales, Noëlle Bucher, erklärt das mit den vielen Rückmeldungen: «Die letzten Monate wurden für die Auswertung der wertvollen Stellungnahmen genutzt. Der Planungsbericht inklusive Massnahmenplan befindet sich in der Finalisierung und wird für die politische Behandlung im 2. Halbjahr 2022 vorbereitet.»
Das scheint schon fast ein konkreter Plan zu sein. Bucher ergänzt: «Der Bericht wird sowohl der Regierung als auch der Fachkommission und dem Parlament vorgelegt.» Das heisst: Bestenfalls wird er überall durchgewinkt, im schlimmsten Fall wird die Laufdauer 2022-2025 schon fast um sein.
Was neun Monate Warten alles bedeuten können
Was die neunmonatige Sendepause genau bedeutet, ist schwer zu sagen. Einen Interpretationsversuch wagt Maria Pilotto, SP-Grossrätin und Mitglied des Feministischen Streikkollektivs Luzern: «Von dem, was man bisher aus den Stellungnahmen weiss, sind wir vom Streikkollektiv zuversichtlich.»
«Gerade der heutige feministische Streik in Luzern hat einmal mehr gezeigt, dass die bisherigen Schritte für die Gleichstellung sichtbar werden müssen und vor allem weitere notwendig sind, um mit der Zeit zu gehen» so Pilotto.
Das Kollektiv erhofft sich von der Luzerner Regierung zu einem echten Massnahmenplan einen Mitwirkungsbericht, wie dies auch beim Klimabericht der Fall war. Ein solcher zeigt auf, welche Rückmeldungen eingegangen sind und wie der Kanton diese in die Endfassung hat einfliessen lassen.
Die wichtigsten Anliegen des Feministischen Streikkollektivs fasst Miriam Helfenstein im Video zusammen.
Mirian Helfenstein vom Feministischen Streikkollektiv Luzern erzählt, was dieses Jahr die Anliegen sind.
Im Bericht zur Gleichstellung hat es noch Luft nach oben
Der Bericht wurde nach der Veröffentlichung im Juni 2021 von verschiedenen Seiten kritisiert (zentralplus berichtete). Im Zentrum stand vor allem die Finanzierung. Der Kanton sieht nämlich vor, die Massnahmen und Aufträge des Berichts mit bestehenden finanziellen und personellen Ressourcen zu bearbeiten. Dies im Rahmen von 150'000 Franken pro Jahr.
Welche Priorität die Gleichstellungsthemen in den verschiedenen Departementen haben werden, ist unklar. Die Grünen forderten deshalb, dass die Ressourcen beim Gleichstellungsbüro, der Opferhilfe oder der Bekämpfung von Häuslicher Gewalt ausgebaut werden sollen.
Eltern könnten ein Recht auf kürzere Pensen bekommen
Während viele auf den finalen Bericht warten, werfen wir anhand von drei Beispielen nochmals einen Blick in den Planungsbericht. Denn trotz des Mangels an konkreten Massnahmen und Verbindlichkeit enthält der Bericht einige vielversprechende Ansätze.
So beispielsweise punkto Elternzeit: Für viele Eltern ist die Dauer des Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaubs zu kurz, um sich an die neuen Lebensbedingungen zu gewöhnen.
Der Bericht fordert die Finanzdirektion deshalb auf, zu prüfen, ob eine Elternzeit oder ein Recht auf Pensenreduktion nach einer Geburt oder Adoption umgesetzt werden kann. Das würde für Eltern also heissen, dass sie nicht gezwungen werden können, nach der Geburt eines Kindes mit dem gleichen Pensum wieder in den Beruf einzusteigen. Oder, anders formuliert: Es würde die Vorgesetzten dazu zwingen, mit Angestellten in Erwartung über die Zeit danach zu sprechen. Und gemeinsam eine Lösung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu finden.
Zudem soll der Bezug von unbezahltem Urlaub nach Geburt oder Adoption geschlechtsneutral eingeführt werden. So sollen auch Vätern Anträge auf unbezahlten Urlaub im Rahmen von Elternschaft ermöglicht werden.
Das Lohnband könnte in der Stellenausschreibung stehen
Ein weiterer Punkt im Bericht sind die ungleichen Löhne. Die Schweiz ist bekannt für ihre Schweigsamkeit, wenn es ums Geld geht. Und das macht nicht vor dem Lohn halt: Danach zu fragen ist ein grosses Tabu. Es ist aber auch ein Grund, weshalb Lohndiskriminierung oft lange gar nicht und wenn, dann nur zufällig entdeckt wird.
Im Rahmen der eigenen Ziele des Kantons als Arbeitgeber würde zukünftig das Lohnband in den Stellenausschreibungen deklariert werden. So, wie das zum Beispiel in Deutschland üblich ist.
Die Erfahrung als Eltern könnten im CV stehen
Weiter setzt der Bericht auch bei Hausfrauen – und Männern den Hebel an. Die meiste Care-Arbeit, also Pflege- und Betreuungsarbeit für Familienangehörige, wird unbezahlt geleistet. Das beinhaltet nicht nur die Kinderbetreuung zu Hause, sondern auch die Pflege von Angehörigen, Einkaufen, Putzen, Waschen oder den Kuchen für das Kindergartenfest backen.
Frauen übernehmen überproportional viele dieser Aufgaben im Vergleich zu Männern. Ein grosses Problem neben der mangelnden Bezahlung liegt darin, dass diese Arbeit nur selten als Arbeitserfahrung berücksichtigt wird.
Der Planungsbericht sieht vor, dass die Kompetenzen und Qualifikationen aus der Care-Arbeit bei Lohneinstufungen und Rekrutierungen innerhalb des Kantons einbezogen werden. So können also Eltern ihre Kompetenzen und Qualifikationen aus der Care-Arbeit angeben und für Anstellungen oder Beförderungen geltend machen.
- Medienmitteilung zum Planungsbericht zur Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann sowie LGBTI-Personen 2022-2025
- E-Mail-Austausch mit Noëlle Bucher, Departementssekretärin, Departement für Gesundheit und Soziales, Kanton Luzern
- Entwurf Planungsbericht Gleichstellung
- Gespräch mit Maria Pilotto, SP-Grossrätin und Mitglied des Feministischen Streikkollektivs