Nach mehreren Verhaftungen

Wie steht es um die Szene von Rechtsextremen im Kanton Luzern?

Die Gefahr für Gewalt durch Extremisten ist im Kanton Luzern relativ gering. (Bild: Pexels/Cottonbro)

Im Kanton Luzern wurde ein junger Mann mit rechtsextremer Gesinnung festgenommen. Die Situation ist derzeit diffus, die Hintergründe zur Festnahme bleiben unklar. Doch wie steht es um die Gefahr durch Rechtsextremismus im Kanton Luzern?

Sechs Personen aus der rechtsextremen Szene wurden am Mittwoch in Zürich und Luzern festgenommen. Sie sollen sich im Umfeld von rechtsextremen Netzwerken wie der neuen «Jungen Tat», der «Nationalistischen Jugend Schweiz» (NJS), oder der schweizweit bekannten «Eisenjugend» bewegen oder bewegt haben (zentraplus berichtete).

Beim Luzerner unter den Festgenommenen soll es sich laut «Tages-Anzeiger» um einen der umtriebigsten Köpfe der NJS handeln, einer Gruppe, die inzwischen als inaktiv gilt. Ob der junge Bauernsohn auch innerhalb der «Jungen Tat» agiert, die unter anderem mit einem Videodreh in Luzern für Aufsehen sorgte, ist bisher nicht bestätigt. Der Hintergrund für seine Festnahme ist derzeit noch unklar.

Luzerner Szene dürfte klein sein

Der Luzerner Hans Stutz, Beobachter der rechtsextremen Szene, mahnt auf Anfrage zur Vorsicht: «Bevor man irgendwelche Annahmen treffen kann, muss man wissen, wer die sechs Festgenommenen sind», hält er fest. Und auch, welche Tat ihnen genau vorgeworfen wird.

Stutz geht davon aus, dass im Kanton Luzern die Szene «sehr klein» ist – zumindest sind kaum Personen bekannt, die derzeit einer rechtsradikalen Gruppierung angehören und ein erhebliches Gewaltpotenzial aufweisen würden.

Bei Hausdurchsuchungen von verdächtigen Personen, die dem rechts-äusseren Spektrum angehören, würden allerdings sehr häufig Waffen gefunden. «Daher haben diese Personen ein erhöhtes Gewaltpotenzial», so Stutz. Ob auch bei der jüngsten Festnahme im Kanton Luzern Waffen gefunden wurden, ist nicht bekannt.

Heikles Zeichen im Video

Fragen zur Grösse der rechtsextremen Szene in Luzern und zu den Personen, die sich darin bewegen, hat jüngst ein Video der «Jungen Tat» aufgeworfen (zentralplus berichtete). Sie soll aus Personal der «Nationalen Aktionsfront» entstanden sein. Im Clip, der im November aufgetaucht ist, sind vermummte Personen zu sehen, die auf der Luzerner Allmend posieren. Das Zeichen, das sie auf ihren Sturmhauben tragen: Eine Tyr-Rune, die als Kennzeichen einer SS-Freiwilligendivision sowie als Erkennungszeichen der Hitlerjugend galt. In der Schweiz sollte dieses Zeichen durch eine Motion im Nationalrat schon einmal verboten werden. Der Bundesrat beantragte jedoch 2019 die Ablehnung der Motion.

«Der Hintergrund für den gewählten Standort in Luzern ist nicht bekannt», so Stutz. Auch die Personen, die hinter dem Video stecken, seien bisher nicht identifiziert. Ein Dokument der linken Plattform «Barrikade.Info» zeigt, welche Personen potenziell Mitglieder oder Sympathisantinnen der «Jungen Tat» sein könnten. Diese Informationen habe er bis anhin nicht verifizieren können. Kurz: Ein Zusammenhang mit den jüngsten Verhaftungen und Personen, die der Gruppierung der «Jungen Tat» angehören, sei möglich, aber nicht belegt, so der Experte.

Bedrohungsmanagement im Kanton Luzern

Doch was macht der Kanton Luzern, um extremistischen Gruppierungen mit Gewaltpotenzial entgegenzutreten? In seinem kantonalen Bedrohungsmanagement findet sich eine Gefährderdatenbank, in der derzeit 435 potenzielle Gewalttäter vertreten sind. Findet man darauf aber auch Personen, die aufgrund ihrer politischen Gesinnung zu Gewalttaten zu greifen drohen? «Wird bei einer Person ein konkretes Gefährderpotenzial festgestellt, kommt diese nach eingehender Prüfung durch die Fachgruppe Gewaltschutz der Kriminalpolizei auf diese Datenbank. Die Gesinnung der Person kann dabei, nebst mehreren anderen Faktoren, eine Rolle spielen», führt Bertschi aus.

Extremismus wird geahndet

Was die Polizei klarstellt: «Gehen bei der Luzerner Polizei Hinweise auf Straftaten in diesem Bereich aus rechts- oder linksextremem Milieu ein oder werden beispielsweise bei laufenden Verfahren Straftaten dieser Art festgestellt, werden diese geahndet.»

In welchem Zusammenhang der junge Mann im Kanton Luzern verhaftet worden ist und wie gross das Gefahrenpotenzial von Extremisten im Kanton Luzern ist, bleibt also nach wie vor unklar. Aber eines lasse sich sagen: Die Szene sei auch schon grösser gewesen.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Hugo Ball
    Hugo Ball, 23.01.2021, 15:01 Uhr

    Ich wünsche mir sehnlichst einen Hans Stutz-Experten auch für linksextremistische Gewalt. Und dass dieser hier dann mindestens ebenfalls so oft eine Plattform erhält wie das Original. Gem. den offiziellen Zahlen des BA für Justiz würde dieser dann mind. mit Faktor 137 öfter was zu berichten haben als H. Stutz. Aber ja, die lieben Verhältnisse…

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  • Profilfoto von Oliver Heeb
    Oliver Heeb, 23.01.2021, 12:18 Uhr

    Zivilcourage und Einsatz gegen den Rechtsextremismus in Ehren. Das ist absolut notwendig und berechtigt. Dennoch gilt es die Augen in alle Richtungen offen zu halten: Linksextremismus und gewaltbereiter Islamismus, zum Beispiel. Wer sich auf Recherchen von «Barrikade-Info» abstützt, oder diese erwähnt, sollte aus Gründen der Transparenz auch auf den Hintergrund dieser Organisation hinweisen. Scheinbar schreckt auch sie vor gewalttätigen Aktionen nicht zurück:

    https://barrikade.info/article/3607

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    • Profilfoto von janel
      janel, 23.01.2021, 18:41 Uhr

      🙈🙈🙈🙈

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