Zuger Food-App: Zu viel gekocht? Verkauf den Rest!

Wie geht’s den Jungs von «Uber fürs Essen»?

Haben Grosses vor: Adrian Iten (links) und Thomas Kalt beim Launch ihrer App im Zuger Metalli.

(Bild: zvg)

Wenn wir alle Taxifahrer und Hotelbetreiber sein können, dann werden wir jetzt auch noch zu professionellen Köchen. Das zumindest haben sich zwei junge Zuger gedacht und eine App erfunden. Nun sind sie seit knapp einem Jahr im Geschäft. Sie haben zwar Rückschläge erlebt und einen schlafenden Tiger geweckt. Der Begeisterung kann das aber nichts anhaben.

Zuger erfinden «Uber für Essen». So titelten wir vor einem knappen Jahr. Wunderbare Idee, raunten die sozialen Netzwerke. Und sogar die Chefin des Zuger Lebensmittelinspektorats konnte der Sache etwas abgewinnen. Die Idee: Privatpersonen kochen etwas mehr – und verkaufen den Überschuss per App. An Leute, die keine Zeit zum Kochen haben und sich stattdessen das Essen über Mittag schnell im Quartier holen wollen. Das Potential ist unverkennbar gross.

Die App «Eat Smart» ist nun seit acht Monaten in Betrieb, und Adrian Iten sieht zwar etwas müde aus, aber immer noch genauso begeistert wie zu Beginn. «Weisst du», sagt er und legt dir wieder die Hand auf den Arm (zentralplus berichtete): «Natürlich träumst du am Anfang vom blitzschnellen Wachstum. Aber so ist es nie. Jetzt braucht es viel Arbeit, um das Projekt zum Fliegen zu bringen.» 3400 Leute haben sich bei «Eat Smart» bereits registriert, und 800 Köche kochen für sie. Anfang Mai waren es noch 1300 Kunden und 290 Köche. Das Ziel: 50’000 Konsumenten in fünf Jahren.

«Unglaubliche Mühe für zwei Mahlzeiten»

Iten betreibt die App in seiner Freizeit neben dem 100-Prozent-Job, zusammen mit seinem Geschäftspartner Thomas Kalt. «Aber eigentlich macht die ganze Familie mit. Es ist ein Hobby geworden, eines mit richtig viel Herzblut», sagt Iten. «Genauso wie es für die Köche ein Hobby ist. Die geben sich zum Teil unglaublich viel Mühe für zwei, drei Mahlzeiten – Geld verdienen lässt sich damit nicht viel. Sie machen das, weil es ihnen Spass macht.»

Zumindest jetzt noch. Denn noch sind die Gebiete, in denen EatSmart-Köche aktiv sind, überschaubar. Damit sich das ändert, haben die beiden einen neuen Kniff eingeführt: Nutzer sollen schlafende Köche wieder aktivieren können. «Wenn du einen findest, der schon länger nicht mehr gekocht hat, kannst du ihm nun eine Anfrage schicken: Kochst du das leckere Thai noch mal? Ich würde morgen zwei Portionen via EatSmart-App kaufen.»

Knifflig: Sozialleistungen? Wirtepatent?

Die Idee hat Iten in eine ganze Reihe kniffliger Situationen gebracht. Kein Wunder: Gegen Vorbild Uber zum Beispiel laufen laut dem Tagesanzeiger in der Schweiz über 500 Anzeigen. Auf Kritik stösst immer wieder die Frage, ob solche Dienste eigentlich Arbeitgeber sind oder nicht – und ob sie Sozialleistungen zahlen müssen.

Ob Iten mit seiner App ebenfalls ein Arbeitgeber ist, wird sich noch zeigen. «Und wenn es so ist, dann werden wir natürlich auch Sozialleistungen bezahlen – und müssen dann mit unserem Prozentsatz ein bisschen rauf.» Momentan nimmt Iten von jeder Transaktion fünf Prozent. «Bei Uber sind es zwanzig bis dreissig. Ich glaube, unsere Köche würden verstehen, wenn wir ein wenig nach oben gingen, um Sozialleistungen bezahlen zu können.»

Die Konkurrenz herausgefordert

Geld verdient die App keines, sagt Iten. «Wir legen drauf. Aber wir sind voll begeistert vom Projekt.» Auch bei der Investorensuche hapert’s. Statt Kapital haben Iten und Kalt neue Konkurrenz gefunden. «Wir haben unsere App einer Deutschen Investorenfirma vorgestellt – die forderten gleich die ganze App. Die wollten wir ihnen nicht herausgeben», sagt Iten. «Daraufhin haben sie uns angekündigt, das Ganze selber aufzubauen.»

Sonderlich beunruhigt klingt er nicht. «Naja, das braucht ja auch eine Weile. Aber klar: Das könnte für uns eine Konkurrenz werden.» Sogar das scheint Iten eher zu faszinieren, als in Stress zu versetzen. Die Idee trifft offensichtlich den Zeitgeist. Mittlerweile hat auch Uber ein Uber für Essen erfunden: Uber Eats. Und Iten ist schon wieder begeistert. Denn auch da gibt es Potential: «Es ist für uns sehr gut, dass Uber Eats in Zürich angefangen hat: Uber holt ja nur Essen ab und bringt es zum Kunden. Man könnte also auch als EatSmart-Koch über Uber Eats sein Essen verschicken.»

Beschäftigung für Arbeitslose?

Eat Smart stellt, wie viele digitale Geschäftsmodelle, die Gesetzgebung vor neue Herausforderungen. In Liechtenstein etwa ist das Projekt fast abgestürzt – die Lichtensteiner Regierung forderte von EatSmart-Köchen ein Wirtepatent. «Das stellt natürlich unsere Köche vor ein Problem. Die meisten von denen machen das als Hobby – sie verdienen praktisch nichts daran», sagt Iten. «Gerade weil sie sich so viel Mühe geben. Und das Wirtepatent ist dann ein starker Dämpfer.»

In der Schweiz kommen ähnliche Herausforderungen auf Iten und sein Team zu – jeder Kanton hat seine eigenen Regeln. Allerdings stösst Iten hier auf offenere Ohren. «Das liebe ich an der Schweiz», sagt Iten. «Hier haben die Ämter ein echtes Interesse daran, die Zukunft zu gestalten.» Iten wollte seine App dem Amt für Wirtschaft und Arbeit vorstellen – als Beschäftigungsmöglichkeit für arbeitslose Köche. «Sie hätten eine Beschäftigung und könnten gleichzeitig kulinarische Dinge ausprobieren», sagt Iten. «Und wenn die Leute sie dann in der App bewerten, sagt das wohl mehr aus als irgendwelche Arbeitszeugnisse – denn das sind echte Konsumentenmeinungen.»

«Sie hätten auch sagen können: Ihr seid ein kleiner Fisch, das ist uns egal.»

Adrian Iten, Co-Gründer von Eat Smart

Beim Amt in Zug fand man die Idee zwar gut, allerdings lässt das Gesetz das nicht zu. Wenn Arbeitslose über EatSmart Essen verkaufen, dann gelte das als Arbeit – was sofort dazu führen würde, dass die Personen keine Arbeitslosengelder mehr beziehen könnten. «Man hat mir dann gesagt, ich müsse mich direkt beim Seco melden.»

Und das hat er auch gemacht – Iten ist beim Seco vorstellig geworden. «Sie hätten auch sagen können: Ihr seid ein kleiner Fisch, das ist uns egal», sagt Iten. «Aber sie haben mir zugehört und die Idee verstanden und schauen jetzt, was möglich wäre. Das ist doch fantastisch.»

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