Luzerner Religionslehrer beschuldigt

Wegen Islamkritik fristlos entlassen – zu Unrecht

Die Kirchgemeinde Luzern machte kurzen Prozess und kündigte dem Lehrer fristlos. (Bild: Aura)

Er soll im Unterricht islamkritische Aussagen gemacht haben, behauptet ein Schüler. Daraufhin war der Religionslehrer seinen Job los: Die katholische Kirchgemeinde Stadt Luzern hat ihn fristlos entlassen. Das wollte sich der Lehrer allerdings nicht gefallen lassen.

Ein römisch-katholischer Religionslehrer hat seine Stelle an einer öffentlichen Schule in der Stadt Luzern verloren – die Kirchgemeinde hat ihn nach 18 Dienstjahren fristlos entlassen. Der Grund: Er sprach im Unterricht unter anderem über die Rechte von Frauen im Islam, darüber, dass laut dem Koran ein Mann doppelt so viel wert sei wie eine Frau und Männer das Recht hätten, ihre Frauen zu schlagen. 

Für einen der Schüler war dies zu viel: Er störte sich daran, dass der Religionslehrer den Islam immer mit dem «Bösen und Schlechten» in Verbindung brachte und wollte sich vom Unterricht dispensieren lassen. Der Lehrer habe einseitige Bücher aufgelegt mit Titeln wie «Der Islam nimmt die Welt ein» oder «Rechte der Frauen im Islam», als würde der Islam etwas Schlechtes wollen, hiess es in seinem Dispensionsgesuch. Dieses wurde von der Schulleitung ohne weitere Abklärungen bewilligt.

Religionskunde und Ethik an öffentlichen Schulen

Die katholische Kirchgemeinde Luzern stellt Religionslehrpersonen an, die an den öffentlichen Schulen Religionskunde und Ethik unterrichten. Dieser Unterricht findet in den letzten drei obligatorischen Schuljahren statt und umfasst eine Wochenlektion. Zur Teilnahme verpflichtet sind alle Schüler christlichen Glaubens. Auch Schülern, die einer anderen oder keiner Religion angehören, steht der Unterricht offen. Lassen sie sich davon dispensieren, werden sie vom Klassenlehrer in dieser Zeit beschäftigt.  

Die Schulleitung forderte den Religionslehrer im Anschluss an den Brief des Schülers zu einer Stellungnahme auf. Schliesslich sei es für den Unterricht wichtig, die Religionen in einer beschreibenden und nicht wertenden Form zu behandeln. Der als islamfeindlich beschuldigte Lehrer wehrte sich jedoch gegen die Vorwürfe.

«Keine Hetz-Schriften»

Er behandle den Islam «objektiv» und «durchaus auch würdigend», schrieb er in einem Mail an den Schulleiter. Doch, dass beim Islam auch kritische Punkte erwähnt werden müssten, sei «indiskutabel». Alles andere wäre gegenüber dem Selbstverständnis islamischer Grundlagen wahrheitswidrig. Im Übrigen wäre er auch «kaum so dumm», sich «so zu exponieren», wie das der Brief des Schülers nahelegen würde.

Die zum Islam angeführten Bücher, die öffentlich ausgelegt und jederzeit einsehbar seien, würden vor allem durch deren thematische Breite und Inhalte überzeugen, und es handle sich nicht etwa um «Hetz-Schriften». Vor allem aber solle die Schulleitung bedenken, dass es ihm «nie in den Sinn käme, Muslime als solche und Menschen zu diskreditieren». Zudem habe die Schulleitung auch Zugriff auf Schülerordner, aus denen ersichtlich sei, dass Muslime bei ihm im Unterricht meist viel über ihre eigene Religion hinzu lernten.

Kritische Elemente mussten weg

Es folgten diverse Unterrichtsbesuche. Der Lehrer musste die Grobplanung zum Themenblock Islam überarbeiten und kritische Literatur austauschen. Doch es nützte alles nichts: Der Religionslehrer war seinen Job letztlich los. Die katholische Kirchgemeinde der Stadt Luzern hat dem 62-Jährigen aufgrund seiner islamkritischen Aussagen fristlos gekündigt: Die Vertrauensbasis zwischen ihm und der Schulleitung wie auch der Kirchgemeinde sei so fundamental erschüttert, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich wäre.

«Es hätte die Möglichkeit bestanden, die Unterrichtseinheit zum Islam von einer anderen Religionslehrperson durchführen zu lassen.»
Urteil des Kantonsgerichts Luzern 

Dagegen wehrte sich der 62-Jährige vor Gericht – und bekam Recht: Die Kündigung der katholischen Kirchgemeinde der Stadt Luzern war unverhältnismässig, heisst es im Urteil des Kantonsgerichts. Demgemäss bestanden keine Anzeichen dafür, dass der Religionslehrer seine persönliche Haltung in unvertretbarer Weise in den Unterricht hat einfliessen lassen.

Kündigung ist rechtswidrig

Letztlich entscheidend war für das Gericht, dass der Lehrer während 18 Jahren im Dienst der katholischen Kirche gestanden hatte und zum Zeitpunkt der Kündigung 62 Jahre alt war. «Anstelle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses hätte die Möglichkeit bestanden, die Unterrichtseinheit zum Islam von einer anderen Religionslehrperson durchführen zu lassen oder diese durch ein anderes Thema zu ersetzen.» Entsprechend hiess das Kantonsgericht die Klage gut und erklärte die Kündigung für materiell rechtswidrig.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann dagegen Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht werden. 

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Leo
    Leo, 27.10.2015, 10:14 Uhr

    Neben all den Interpretationen des Islam geht es natürlich auch darum, ja keinen zahlungskräftigen Touristen aus den Moslem Ländern irgendwie zu verärgern. Da kann der Islam-Gläubige machen was er will, Hauptsache, er füllt Hotels, Juwelierläden etc.
    Und übrigens, eine Mitarbeiterin von mir, wird von ihremMann (sie und er Muslime) immer wieder mal geschlagen (wie sie selber sagt «glücklicherweise nie heftig»). Und sie findet folgendes Argument dafür: «Ich habe wieder mal nicht gehorcht und mir Freiheiten herausgenommen, die mir nicht zustehen». Dabei spricht sie vor allem an, dass sie ihren Kindern Sachen erlaubt, die ihr nicht zustehen, diese zu erlauben. Ob das rein Türkische Zusammenlebenskultur ist oder mit dem Islam zu tun hat, weiss ich nicht.

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  • Profilfoto von Simon Meyer
    Simon Meyer, 26.10.2015, 19:50 Uhr

    Merkt keiner, dass das Problem der Religionsunterricht ist? All das würde nicht vorkommen, hörten die Menschen auf über diese Märchen und Mythen zu streiten.

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  • Profilfoto von Fabian Perlini
    Fabian Perlini, 21.10.2015, 19:54 Uhr

    Den erwähnten Behauptungen über den Koran mangelt es an religionskundlichem Hintergrundwissen:

    – Man kann nicht einzelne Passagen aus einer Koranübersetzung herauspflücken und daraus eine Regel ableiten. So einfach machen sich es nicht einmal die fundamentalitischen Gelehrten.

    – Man muss genau lesen: Es geht in der genannten Stelle nicht um den «Wert von Mann und Frau», sondern lediglich um die garantierten Erbteile. Dem Mann wird mehr Geld zugesprochen, gleichzeitig aber auch mehr finanzielle Verantwortung für seine Familie.

    – Wenn der Vers zum «Schlagen» im Kontext gelesen und interpretiert wird, kann er genau so gut als Ablehnung von Gewalt gegen Frauen verstanden werden. Und das ist keineswegs eine ungewöhnliche Lesart, was den Blick in diverse Koran-Kommentare islamischer Gelehrter zeigen kann.

    – Aussagen über den «DEN Islam» sind nie korrekt. Es gibt über 2 Mia. Muslime und ungezählte Arten diese Religion zu verstehen und zu leben. Jegliche Pauschalisierungen sind daher zu vermeiden. Sowohl von Muslimen wie auch von Nicht-Muslimen wird zwar immer wieder behauptet, unter all diesen Formen den «wahren Islam» ausmachen zu können, doch innerhalb der wissenschaftlich fundierten Religionskunde ist das eine unmögliche Aussage.

    Diese Bemerkungen richten sich lediglich an den interessierten Leser. Aufgrund des Entscheids des Kantonsgerichts, scheint es naheligend, dass der Lehrer durchaus differenzierter unterrichtet, als es die Darstellung des Schülers annehmen liesse.

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  • Profilfoto von Sarastro
    Sarastro, 20.10.2015, 18:38 Uhr

    Es ist schon eigenartig, wie wenig solche Aussagen von Schülern hinterfragt werden und Lehrpersonen, die während vielen Jahren ihre Aufgabe kompetent erfüllten, kurzerhand verurteilt werden! Es ist noch nicht lange her, dass man in Luzern einen bewährten Lehrer auf Grund einer verleumderischen Aussage einer Schülerin «entsorgte». Einem Religionslehrer wird wegen (berechtigter) Bemerkungen über den Islam der Strick um den Hals gelegt, während die Regierung Propagandaaktionen für den Islam in Luzern anstandslos bewilligt! In einer Zeit, in der man sich ungestraft abschätzige Bemerkungen über die katholische Lehre und deren Vertreter leisten kann, sind solche Urteile nicht nachvollziehbar. Schön, dass das Kantonsgericht solche weltfremde Urteile für rechtswidrig erklärt hat!

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