Käuflicher Sex bleibt verboten

Prostitutionsverbot in Luzern: «Viele sehen sich gezwungen, ihre Dienste illegal anzubieten»

Die Sexarbeiterinnen in den Luzerner Bordellen haben derzeit keine Erwerbsmöglichkeit. (Bild: Adobe Stock)

Luzern ist einer der wenigen Kantone, der Sexarbeit untersagt, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Trotz sinkender Fallzahlen hält er am Bordellverbot fest. Damit treibt er die Prostituierten in die Illegalität – mit den bekannten unerwünschten Nebenwirkungen.

Das älteste Gewerbe der Welt löst sich in Pandemiezeiten nicht einfach in Luft auf. Auch wenn der Kanton Luzern die Sexarbeit seit Monaten verbietet. Das seit Oktober geltende Verbot bringt die Erotikbranche aber gehörig in Schwierigkeiten. Nun wird es bis mindestens zum 31. März verlängert, wie der Kanton mitteilt.

«Ich weiss von vielen Frauen, die derzeit überhaupt kein Geld mehr haben und nicht wissen, wie sie ihre Familien durchbringen sollen», sagt L. Nolte*. Er ist der Sprecher des Online-Erotikportals My Ladies. Dieses hat sich zusammen mit anderen Betroffenen bereits vor dem Kantonsgericht gegen das Verbot gewehrt – bislang vergeblich (zentralplus berichtete).

Verbot wurde verschärft

Sexarbeit ist in Luzern seit Mitte Dezember nicht nur in den Bordellen, sondern auch in Privatwohnungen und auf der Strasse verboten. Der Regierungsrat hat das Verbot nachträglich verschärft und den Betroffenen auch die Möglichkeit genommen, ihre Dienste ausserhalb der Sexbetriebe anzubieten (zentralplus berichtete).

«Die Frauen sind psychisch am Limit, es geht ihnen miserabel.»

L. Nolte, Sprecher Erotikportal

«Die Frauen sind psychisch am Limit, es geht ihnen miserabel. Sie haben trotzdem Fixkosten wie Miete, Krankenkasse, Steuern und Essen zu zahlen. Viele sehen sich gezwungen, ihre Dienste illegal anzubieten, um sich finanziell über Wasser zu halten», so Nolte.

Dies mit den bekannten Nebenwirkungen: Sie riskieren eine Busse, setzen allenfalls ihre Aufenthaltsbewilligung aufs Spiel und werden vielleicht sogar erpressbar. «Aus meiner Sicht tragen daran allein die Behörden die Schuld.»

Kurzarbeitsgelder greifen nicht

Das Kantonsgericht hatte zuletzt im Dezember geprüft, ob das Verbot der Sexarbeit – und der damit verbundene Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit – verhältnismässig ist (zentralplus berichtete). Es bejahte dies einerseits wegen der damals hohen Fallzahlen im Kanton Luzern und andererseits wegen der angedachten Entschädigungen.

«Es ist im jetzigen Zeitpunkt noch keineswegs ausgeschlossen, dass die von der Schliessung der Erotik- und Sexbetriebe betroffenen Personen eine finanzielle Entschädigung erhalten, die den erlittenen Nachteil zumindest teilweise ausgleicht und das wirtschaftliche Überleben des Wirtschaftszweigs sichert», heisst es dazu im Urteil. Auch dies spiele bei der Beurteilung der Zumutbarkeit dieser vorübergehenden Schliessung eine Rolle, «selbst wenn eine definitive Zusicherung heute noch nicht besteht».

Sexarbeiterinnen können derzeit aber keine Kurzarbeitsentschädigungen beantragen. Das hat mit einer Besonderheit dieser Branche zu tun. «Zuhälterei ist verboten. Deshalb arbeiten sie alle als Selbstständige – und fallen so voll durchs Raster», meint Nolte. Auch Arbeitslosengeld bekommen die Betroffenen nicht.

Langes Warten auf Härtefall-Entscheid

Nolte berichtet von mehreren Erotikbetrieben, die inzwischen Gesuche um eine Härtefallentschädigung gestellt haben. «Bisher hat aber noch niemand, den ich kenne, eine Zusage bekommen. Die Gesuche sind seit vier Wochen hängig. Dabei sind die Reserven längst aufgebraucht.» Die Erotikbetriebe mussten bereits im ersten Lockdown schliessen – insgesamt fehlen ihnen nun Einnahmen von fast acht Monaten.

«Wir können auch das Contact-Tracing sicherstellen – auf Wunsch anonymisiert.»

Nolte hat erwartet, dass der Kanton Luzern das Bordellverbot auf nächsten Montag aufhebt. «In den meisten anderen Kantonen ist die Sexarbeit erlaubt – und trotzdem sind die Fallzahlen in den letzten Wochen mit der Schliessung der Läden und Beizen gesunken. Das zeigt für mich, dass unsere Branche kein Treiber der Pandemie ist.»

Maske, Kondom und Handschuhe

Im Sexgewerbe gilt zudem schweizweit ein Schutzkonzept. Sex ist nur mit Maske, Kondom und Handschuhen erlaubt. Küssen ist verboten. Der Service darf zudem nur fünfzehn Minuten dauern – und Lüften ist danach Pflicht. In anderen Kantonen wurden damit gute Erfahrungen gemacht. «Es funktioniert sehr gut», sagte beispielsweise Lelia Hunziker, Geschäftsführerin der Zürcher Fachstelle Frauenhandel und Migration kürzlich in der «Aargauer Zeitung». Die Frauen würden arbeiten und dabei gesund bleiben wollen.

 «Wir können auch das Contact-Tracing sicherstellen – auf Wunsch anonymisiert», ergänzt Nolte. «Es gibt die Möglichkeit, zusätzlich keine Kunden über 60 Jahre zu bedienen und die Öffnungszeiten einzuschränken. Wir haben alles versucht, doch der Kanton bietet nicht Hand für eine Lösung. Das ist sehr frustrierend.»

Der Regierungsrat kündigt in einer Medienmitteilung an, die kantonalen Massnahmen auf den 22. März 2021 hin erneut zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

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